Efavirenz

Bessere Compliance – besserer Therapieerfolg


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Susanne Heinzl, Stuttgart

Je besser die Compliance der Patienten mit HIV-Infektion ist, umso erfolgreicher ist die Behandlung. Eine mindestens 95%ige Compliance ist für eine optimale Suppression der Viren erforderlich. Einfache Therapieregime begünstigen eine gute Compliance der Patienten. Efavirenz (Sustiva®) steht seit Mitte November 2002 als 600-mg-Tablette zur Verfügung, die einmal täglich einzunehmen ist.

Patienten mit HIV-Infektion müssen ihre Medikation zu mindestens 95 % regelmäßig und vollständig einnehmen, um eine optimale Wirkung zu erreichen. Nehmen sie die Arzneimittel seltener oder nehmen sie nicht alle Medikamente, steigt das Risiko, dass die Viren nicht komplett supprimiert werden, dass sich Resistenzen entwickeln und dass die Therapie versagt. Die Therapieschemata für HIV-Patienten sind nach wie vor relativ kompliziert. Ein gewisses Problem der Therapietreue ist, dass die Medikation bei Patienten nach Therapieversagen in der Regel noch komplizierter wird. Bis zu über 20 Tabletten müssen dann über den Tag verteilt genommen werden. Wie in anderen Indikationsgebieten auch, ist für HIV-Patienten in verschiedenen Studien eindeutig nachgewiesen, dass die Compliance mit der Abnahme der Zahl der einzunehmenden Tabletten und mit einer geringeren Einnahmehäufigkeit zunimmt. Derzeit ist das Ziel in der Therapie, einfache Therapieregime mit möglichst einmal täglicher Gabe und geringer Tablettenzahl zu entwickeln, da immer mehr Therapeutika zu Verfügung stehen, die einmal täglich genommen werden können. Unter den Nucleosidanaloga sind dies beispielsweise Didanosin (Videx®), Lamivudin (Epivir®) sowie Tenofovir (Viread®). Von den nicht-nucleosidischen Reverse-Transcriptase-Hemmern kann Efavirenz (Sustiva®) einmal täglich eingenommen werden. Efavirenz steht seit kurzem als 600-mg-Tablette zur Verfügung, bisher war es als 200-mg-Kapsel verfügbar, von der drei Stück einmal täglich eingenommen werden müssen. Die 600-mg-Tablette kann mit oder ohne Nahrung genommen werden. Zwischen der 600-mg-Tablette und der 200-mg-Kapsel besteht Bioäquivalenz.

In einer noch andauernden kontrollierten, randomisierten, prospektiven, offenen klinischen Studie werden folgende Therapieregime verglichen:

  • Einmal täglich Didanosin plus Lamivudin plus Efavirenz
  • Zweimal täglich Zidovudin plus Lamivudin plus Efavirenz (geringe Tablettenzahl)
  • Zweimal täglich Zidovudin plus Lamivudin plus Nelfinavir (hohe Tablettenzahl)

Primärer Endpunkt der Studie ist die Zahl der Patienten, die zum Auswertungszeitpunkt weiterhin auf aktiver Therapie sind, sowie die Zahl der Patienten mit ausreichender Senkung der Viruskonzentration (≤ 50 Kopien/ml). Sekundäre Endpunkte sind das immunologische Ansprechen und die Verträglichkeit. In jede Gruppe wurden 34 Patienten im Durchschnittsalter von knapp 40 Jahren aufgenommen. Die CD4-Zellzahl lag bei etwa 180 Zellen/µl.

Nach 12 Monaten Therapie hatten in der Gruppe mit hoher Tablettenzahl und zweimal täglicher Gabe signifikant mehr Patienten die Therapie abgebrochen als in den beiden anderen Gruppen. Entsprechend waren auch die Therapieergebnisse in dieser Gruppe signifikant schlechter. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine Efavirenz-basierte Therapie zu einem besseren Therapieerfolg führt als eine Nelfinavir-basierte Behandlung. Die Wirksamkeit der einmal täglichen Gabe war vergleichbar gut wie die der zweimal täglichen Gabe. Eine Behandlung mit niedriger Tablettenzahl fördert eine gute Compliance und damit auch ein besseres Therapieergebnis.

Ein direkter Vergleich der Nebenwirkungen bei Einnahme von einmal 600 mg Efavirenz und dreimal 200 mg Efavirenz zeigte keinen Unterschied in der Häufigkeit der verschiedenen Nebenwirkungen. Häufigste Nebenwirkungen von Efavirenz waren ZNS-Störungen und Hautausschläge, die bei etwa 50 % der Patienten, die 600 mg einmal täglich einnahmen, auftraten.

Spezifische ZNS-Symptome sind Benommenheit, Schlaflosigkeit, schwere Träume, Somnolenz, Euphorie und gestörte Konzentration. Die Symptome waren bei etwa 30 % der Patienten leicht, bei 17 % mäßig schwer und bei 2 % schwer ausgeprägt. Bei etwa 2 % der Patienten führten sie zum Abbruch der Therapie. Im Mittel dauerte es einen Tag, bis die Symptome nach Einnahme der Medikation auftraten. Mit zunehmender Therapiedauer wurden sie seltener.

Die ZNS-Nebenwirkungen sind in der Regel behandelbar, teilweise sogar durch geeignete Information und Applikationsmaßnahmen vermeidbar. Die Therapie mit Efavirenz sollte deshalb möglichst an einem Wochenende beginnen. Auf Alkohol ist bei Therapiebeginn zu verzichten. Bei Schwindel oder Benommenheit sollten Tätigkeiten wie Autofahren vermieden werden. Bei Schlaflosigkeit oder bei schweren Träumen sollte der Patient möglichst wenig Kaffee trinken und Entspannungstechniken einsetzen. Gegebenenfalls kann er ein leichtes Beruhigungsmittel einnehmen. Treten Benommenheit oder Konzentrationsstörungen auf, sollte die Tablette unmittelbar vor dem Zubettgehen genommen werden. Bei Depressionen und Angstzuständen sind entsprechende Entspannungstechniken und Stressreduzierung sinnvoll. In Einzelfällen kann der Einsatz von Antidepressiva erwogen werden.

Quellen

Prof. Dr. Graeme Moyle, London, Dr. Franco Maggiolo, Bergamo,. Dr. Alain Lafeuillade, Frankreich, Satellitensymposium „Engaging the future through power with simplicity“, veranstaltet von Bristol-Myers Squibb, im Rahmen des 6th International Congress on Drug Therapy in HIV Infection, Glasgow, 16. November 2002.

Maggiolo F, Arici, C, Gregis GP, Quinzan GP, et al. A controlled, randomised, prospective study on an once-a-day therapy for HIV infection. 42. ICAAC, San Diego, 27. bis 30. September 2002.

Arzneimitteltherapie 2003; 21(02)