HIV-Infektion

Dosisoptimierung mit Indinavir


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Susanne Heinzl, Stuttgart

Bei HIV-infizierten Patienten, die mit dem Protease-Hemmer Indinavir (Crixivan®) behandelt werden, kann eine Dosisoptimierung Nebenwirkungen verringern und hierdurch eine langfristig erfolgreiche Therapie ermöglichen. Mit therapeutischem Drug-Monitoring kann in entsprechenden Fällen eine Unterdosierung verhindert werden.

Bei HIV-Patienten kann die Infektion durch die Kombination von Zidovudin (Retrovir®), Lamivudin (Epivir®) und Indinavir (Crixivan®) über fünf Jahre gut kontrolliert werden, wie in verschiedenen Studien gezeigt werden konnte (Protokoll 035, 039, 060). Daten der HIVNAT-, der DIRECT- und der BEST-Studie zeigen, dass Indinavir/Ritonavir 800/100 mg zweimal täglich gegeben bei der Mehrzahl der Patienten zu guten Therapieergebnissen führten. Allerdings war in 6 bis 9 % der Fälle ein Therapieabbruch wegen Nephrolithiasis erforderlich, insgesamt klagten 15 bis 30 % der Patienten über diese Nebenwirkung. Die Nephrotoxizität von Indinavir tritt vorwiegend bei hohen Plasma-Spitzenspiegeln auf, wodurch es zu hohen Indinavir-Konzentrationen im Urin mit Ausfällung von Indinavir in die Nierentubuli kommt. Wichtig für den Therapieerfolg ist jedoch, dass die Fläche unter der Serumkonzentrations-Zeit-Kurve (AUC) und die Talkonzentration Mindestwerte erreichen. Als Talkonzentration sollte mindestens ein Wert von 10 mg/l vorliegen. Der Plasma-Spitzenspiegel ist weniger bedeutsam für die Wirkung, er spielt in erster Linie eine Rolle für die Auslösung von Nebenwirkungen. Eine Dosisoptimierung im Sinne einer Verminderung von Nebenwirkungen ist daher möglich, indem die Dosis von Indinavir so angepasst wird, dass zu hohe Plasma-Spitzen vermieden werden und gleichzeitig noch eine ausreichende AUC und eine ausreichende Talkonzentration erzielt werden.

Deshalb wurde in einer offenen, randomisierten Studie im Überkreuz-Design der Einfluss von Nahrung auf die kinetischen Parameter von Indinavir/Ritonavir 800/100 mg zweimal täglich unter Steady-State-Bedingungen untersucht. Neun HIV-Infizierte erhielten randomisiert Indinavir/Ritonavir mit einem standardisierten Frühstück am ersten Tag und ohne Nahrung am zweiten Tag oder umgekehrt. Wenn sie die Protease-Hemmer ohne Nahrung einnahmen, war die maximale Plasmakonzentration von Indinavir 24 % höher als bei Einnahme mit Nahrung, die AUC und die Talspiegelwerte waren jedoch nicht signifikant unterschiedlich. Die kinetischen Parameter von Ritonavir wurden durch die Nahrung nicht verändert. Durch Einnahme von Indinavir/Ritonavir mit Nahrung können also Plasma-Spitzenspiegel von Indinavir vermieden und damit das Risiko für eine Nephrolithiasis und für andere Nebenwirkungen verringert werden.

Bei 16 gesunden Freiwilligen wurden pharmakokinetische Parameter und Verträglichkeit von reduzierten Dosierungen von Indinavir in Kombination mit niedrig dosiertem Ritonavir untersucht. Indinavir wurde in Dosierungen von 600 und 400 mg jeweils in Kombination mit 100 mg Ritonavir eingesetzt. Alle 16 Probanden berichteten über leichte bis mäßig schwere Nebenwirkungen, die in der 600-mg-Gruppe häufiger waren. Meist handelte es sich um gastrointestinale Störungen, trockene Haut oder trockene Lippen sowie Missempfindungen. In der 600-mg-Gruppe brach ein Proband die Prüfung wegen Flankenschmerzen ab. Die Talspiegel lagen in der 600-mg-Gruppe im Mittel bei 0,49 mg/l, in der 400-mg-Gruppe bei 0,19 mg/l, die maximalen Plasmakonzentrationen bei 6,03 bzw. 3,84 mg/l und die AUC-Werte bei 30,15 bzw. 16,18 mg x h/l. Drei Probanden der 400-mg-Gruppe hatten Talspiegel unter 0,10 mg/l. Dies bedeutet, dass bei Dosisoptimierungsstrategien in entsprechenden Fällen ein therapeutisches Drug-Monitoring angezeigt ist, um eine Unterdosierung des Protease-Hemmers zu vermeiden.

In der MIDAS (Maintenance of indinavir by dose adjustment study) wird derzeit untersucht, wie sich verschiedene Dosierungen von Indinavir in Kombination mit Ritonavir auf die Talspiegel auswirken und welche Nebenwirkungen hierbei auftreten. Mindestens 150 Patienten werden in die Studie aufgenommen, erste Daten werden für das dritte Quartal 2003 erwartet.

Quellen

Prof. Dr. Jürgen Rockstroh, Satellitensymposium „Managing for success, now and in the future“, veranstaltet von MSD im Rahmen des 6th International Congress on Drug Therapy in HIV Infection, Glasgow, 17. November 2002.

Wasmuth JC, la Porte CJL, Schneider K, Voigt E, et al. Combination of reduced dose indinavir and ritonavir in healthy volunteers. 6th International Congress on Drug Therapy in HIV Infection, Glasgow, 17. bis 21. November 2002.

Arzneimitteltherapie 2003; 21(02)