Dr. Susanne Heinzl, Stuttgart
Für die Betablocker Bisoprolol (z. B. Concor®), Carvedilol (Dilatrend®, Querto®) und Metoprolol (z. B. Lopresor®, Prelis®) wurde in großen Studien überzeugend nachgewiesen, dass sie bei Patienten mit Herzinsuffizienz Symptome und Prognose verbessern, wobei die Substanzen unabhängig vom Stadium der Herzinsuffizienz wirken, in dem sich der Patient befindet. Vermutlich steht die Hemmung der neurohormonalen Aktivierung im Vordergrund des Wirkungsmechanismus.
Betablocker haben mittlerweile auch Eingang in die deutschen Leitlinien zur Therapie der chronischen Herzinsuffizienz gefunden. Sie sind neben ACE-Hemmern die einzige Substanzgruppe, bei der alle therapeutischen Ziele in randomisierten, kontrollierten klinischen Studien sehr gut belegt sind. Dennoch werden Betablocker in der Praxis noch sehr zurückhaltend eingesetzt, was vermutlich unter anderem an vermeintlichen Nebenwirkungen und Kontraindikationen liegt.
Betablocker haben zwar potentiell ungünstige Stoffwechselwirkungen, dennoch konnte in den großen Studien zur Wirkung bei Herzinsuffizienz die Reduktion der Sterblichkeit auch bei Diabetikern überzeugend nachgewiesen werden.
Betablocker werden beispielsweise, im Gegensatz zur vielfach herrschenden Meinung, auch von alten Patienten gut vertragen. Wichtig ist, dass die Behandlung niedrig dosiert begonnen wird und die Dosis nur langsam gesteigert wird. Bei alten Patienten ist Voraussetzung für eine Therapie, dass eine regelmäßige Tabletteneinnahme gewährleistet ist. Bei schlechter Verträglichkeit ist oft nicht der Betablocker, sondern eine zu hoch dosierte Diuretika-Therapie die Ursache, denn viele alte Menschen trinken zu wenig und erhalten zu hoch dosierte Diuretika.
Auch schwerstkranke Patienten können von einer Beta-Blockade profitieren. In den entsprechenden Studien waren allerdings nur Patienten ohne Zeichen der Überwässerung eingeschlossen. Daher müssen Patienten mit Zeichen der Flüssigkeitsretention vor Beginn einer Therapie mit Betablockern rekompensiert werden, es ist also ein normaler Zustand mit Diuretika herzustellen.
Als weitere gefürchtete Nebenwirkung gilt die Bradykardie, eventuell mit AV- oder Schenkelblock. Generell wird empfohlen, vor Beginn einer Therapie mit Betablockern zu prüfen, ob eine Indikation für einen Schrittmacher vorliegt. Es kann sinnvoll sein, die Indikation für einen Schrittmacher großzügig zu stellen, um eine Therapie mit Betablockern zu ermöglichen. Eine asymptomatische Sinusbradykardie, vor allem nachts, ist keine Kontraindikation für einen Betablocker. Patienten mit Herzinsuffizienz haben oft ein breites Frequenzspektrum mit nach wie vor tachykarden Frequenzen bei Belastung. Hier sind Betablocker sehr sinnvoll. Bei ausgeprägter Hypotonie ist ein Einschleichen mit niedriger Dosierung entscheidend. Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz profitieren hämodynamisch von der langsameren Frequenz oft so deutlich, dass durch eine Steigerung des Herz-Zeit-Volumens der Blutdruckabfall vermieden wird. In Einzelfällen muss geprüft werden, ob möglicherweise die Begleitmedikation geändert werden kann, zum Beispiel mit Absetzen von Nitraten, Dosisreduktion von Diuretika oder gegebenenfalls von ACE-Hemmern.
Patienten, die Angst vor Potenzstörungen haben, sollten bevorzugt einen kardioselektiven Betablocker erhalten.
Eine Kontraindikation für den Einsatz eines Betablockers ist das Asthma bronchiale. Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist keine Kontraindikation. Die retrospektive Analyse eines großen Infarktregisters mit über 200 000 Patienten ergab, dass auch Patienten mit COPD von Betablocker-Einnahme profitieren können. Entscheidend ist es, die Reagibilität des Bronchialsystems zu testen und vor dem Einsatz eines Betablockers die topische Therapie zu optimieren. Kardioselektive Betablocker sind hier ebenfalls bevorzugt einzusetzen.
Quelle
Prof. Dr. med. Erland Erdmann, Köln, Priv.-Doz. Dr. med. Christian A. Schneider, Köln, Prof. Dr. med. Karl J. Osterziel, Berlin, Priv.-Doz. Dr. med. Angelika Jäckle, Kiel, Pressegespräch „Durchbruch der Betablocker bei Herzinsuffizienz – Wie weit sind wir nach drei Jahren?“, Köln, 6. November 2002, veranstaltet von Merck, Darmstadt.
Arzneimitteltherapie 2003; 21(02)