Anja Gerth, Karen Nieber und Sunna Hauschildt, Leipzig
CD36 – ein Multiligand-Rezeptor
CD36 ist ein Oberflächenmolekül, welches an Zelladhäsion, Lipidtransport, Antigenpräsentation, Beseitigung von apoptotischen Zellen und an vielen anderen Prozessen beteiligt ist. CD36 spielt aufgrund dieser Eigenschaften bei vielen Krankheiten wie Atherosklerose, Diabetes mellitus, Kardiomyopathie, Fettleibigkeit, Erblindung, Sichelzellanämie und Malaria eine Rolle.
CD39 – lokale Schutzfunktion auf Langerhans-Zellen
CD39, bekannt als endotheliale Ektonucleosid-triphosphat-diphosphohydrolase (NTPDase), ist an der Regulation vaskulärer Entzündungen und Thrombosen beteiligt, indem es ATP (Adenosintriphosphat) und ADP (Adenosindiphosphat) hydrolysiert.
In Stresssituationen wie Osmolaritätsänderungen oder Stimulation mit Lipopolysaccharid (LPS) setzen Endothelzellen ATP und ADP frei. Diese extrazellulären Nucleotide aktivieren daraufhin ionotrope P2X-Rezeptoren und G-Protein-gekoppelte P2Y-Rezeptoren. Dies wiederum hat apoptotische, proinflammatorische und thrombotische Reaktionen zur Folge.
CD39 befindet sich auch auf den Langerhans-Zellen der Haut. Langerhans-Zellen von CD39-defizienten Mäusen reagieren anders als Langerhans-Zellen des Wildtyps. Bei CD39-defizienten Mäusen sind Entzündungen der Haut nach Kontakt mit hautreizenden Chemikalien stärker ausgeprägt. Dies weist auf lokale Schutzfunktionen von CD39 auf Langerhans-Zellen gegenüber den proinflammatorischen Substanzen ATP und ADP hin. Die T-Zell-vermittelte allergische Kontakthypersensitivität ist außerdem bei CD39-defizienten Mäusen stark abgeschwächt. CD39 scheint eine regulatorische Rolle bei der P2-Rezeptor-vermittelten interzellulären Kommunikation zwischen dendritischen Zellen und T-Zellen zu spielen.
CD38/NAD-Paradoxon geklärt?
Das Ektoenzym CD38 zeigt ADP-Ribosylcyclase-Aktivität und cADPR-Hydrolase-Aktivität. Es katalysiert die Umwandlung von NAD (Nicotinamid-adenindinucleotid) in cADPR (zyklische ADP-Ribose), einen second messenger, der zur Erhöhung der intrazellulären Calciumionenkonzentration führt.
Es ist schwer vorstellbar, wie CD38 als extrazelluläres Enzym die Hydrolyse von intrazellulärem NAD bewerkstelligt oder wie das aus extrazellulärem NAD entstandene cADPR in die Zelle gelangt und dort zur Freisetzung von intrazellulären Calciumionen führt. Beteiligt an einer möglichen Erklärung dieses scheinbar „topologischen Paradoxons“ ist Connexin 43, ein hexamerer Hemikanal, durch den intrazelluläres NAD in den extrazellulären Raum gelangen kann.
Der Transport von extrazellulär gebildetem cADPR in die Zellen erfolgt möglicherweise durch transmembranäres CD38 selbst oder durch eine Familie von CD38-unabhängigen Transportproteinen.
CD38 spielt eine große Rolle bei Diabetes mellitus
Bei der Regulation der Glucose-induzierten Insulin-Sekretion spielt nicht nur das extrazelluläre Calcium eine Rolle, sondern auch die durch cADPR vermittelte Calciumausschüttung aus intrazellulären Speichern. Die Bedeutung von CD38 als Regulator der Glucose-induzierten Insulin-Sekretion der β-Zellen beim nicht Insulin-abhängigen Diabetes mellitus wird diskutiert.
Crosstalk zwischen P2X7 und ART2.2 induziert Apoptose
Neben NAD dient auch ATP als Substrat und Ligand für Ektoenzyme und Rezeptoren.
Man diskutiert eine Beziehung zwischen der NAD-abhängigen Ekto-ADP-Ribosyltransferase ART2.2 und dem ATP-abhängigen Ionenkanal P2X7.
ADP-Ribosyltransferasen sind dafür bekannt, dass sie den Transfer der ADP-Ribose-Gruppe vom NAD auf spezifische Aminosäurereste ihrer Zielproteine katalysieren. Diese Zielproteine werden dadurch in ihrer Funktion modifiziert.
NAD induziert in murinen T-Zellen innerhalb von Minuten apoptotische Prozesse, welche durch die Interaktionen von ART2.2 und P2X7 ausgelöst werden. Es wird angenommen, dass die durch ART2.2 katalysierte Aktivierung des P2X7-Purinrezeptors eine Alternative zu klassischen Apoptose-auslösenden Signalwegen darstellt.
Dieser Mechanismus könnte eine große Rolle bei Entzündungsreaktionen spielen, da beim Absterben von Zellen NAD freigesetzt wird, welches wiederum auf andere Zellen wirken kann.
Quelle
Roy L. Silverstein, New York, USA, Akira Takashima, Texas, USA, Antonio de Flora, Genova, Italien, Hiroshi Okamoto, Miyagi, Japan, Michel Seman, Paris, Frankreich. Third International Workshop on Ecto-ATPases and Related Ectonucleotidases, im Rahmen des Kongresses “ATP 2002 – Metabolism of extracellular nucleotides: secretion, hydrolyses, signaling”, Woods Hole, Cape Cod, Massachusetts, USA, 15. bis 20. September 2002.
P2-Rezeptoren
P2-Rezeptoren sind Membranrezeptoren für Nucleotide wie ATP, ADP und UTP. Nucleotid-Rezeptoren werden eingeteilt in ionotrope P2X-Rezeptoren, die ligandengesteuerte Ionenkanäle darstellen, und metabotrope P2Y-Rezeptoren, die an ein regulatorisches G-Protein gekoppelt sind. In den letzten Jahren wurden sieben P2X- und zwölf P2Y-Subtypen geklont (nur sieben dieser P2Y-Rezeptoren scheinen jedoch wirklich Nucleotid-Rezeptoren zu sein). Es scheint sich hier um die größte aller Rezeptorfamilien zu handeln. Nucleotid-Rezeptoren gibt es bei allen Tierarten, bis hinunter zur Amöbe. Die verschiedenen Subtypen besitzen sehr unterschiedliche Funktionen. Sie sind beispielsweise bei der Neurotransmission, Gefäßkontraktion, Hämostase und beim Schmerzgeschehen beteiligt.
Ektonucleotidasen
Ektonucleotidasen bauen Nucleotide ab. An der Außenseite der Plasmamembran existieren sehr effiziente Ektonucleotidasen und 5‘-Nucleotidasen, was die Kurzlebigkeit von Nucleotiden im extrazellulären Raum erklärt. Extrazelluläre Nucleotide wie ATP, ADP, UTP, UDP und auch Vertreter der Diadenosinpolyphosphate können als extrazelluläre Signalstoffe fungieren. Ihre physiologischen Wirkungen werden über membranständige Rezeptoren vermittelt. Zu diesen Wirkungen gehören zum Beispiel die Kontraktion glatter Muskulatur, Vermittlung von Schmerzsignalen, Modulation der synaptischen Erregungsübertragung und die schnelle synaptische Signalübertragung im Nervensystem. Diese durch Nucleotide vermittelten Wirkungen werden durch Ektonucleotidasen beendet.
Arzneimitteltherapie 2003; 21(04)