Parkinson-Krankheit

Konzept der kontinuierlichen dopaminergen Stimulation fraglich


Bettina Polk, Stuttgart

Die Stimulation dopaminerger Neuronen führt zu langfristigen metabolischen Reaktionen, was das verbreitete Konzept, eine möglichst kontinuierliche dopaminerge Stimulation zu erreichen, etwas in Frage stellt. Dennoch haben COMT-Hemmer, die den Abbau von Levodopa hemmen und damit die Halbwertszeit verlängern, wie Entacapon, einen positiven Einfluss auf die Therapie zum Beispiel bei Patienten mit Fluktuationen – sie verkürzen die so genannten „Off-Zeiten“, in denen die Patienten motorische Schwierigkeiten haben.

Als ein wichtiges zukünftiges Konzept für die Parkinson-Therapie wird vielfach die „kontinuierliche dopaminerge Stimulation“ angesehen. Es geht davon aus, dass man mit einer kontinuierlichen anstelle einer pulsatilen Stimulation der striatalen Dopamin-Rezeptoren die Spätkomplikationen hinauszögern oder sogar vermeiden kann. Demnach wären Levodopa-Präparate oder auch Dopaminagonisten geeignet, die eine lange Halbwertszeit haben. Weitere Möglichkeit ist die zusätzliche Gabe von COMT-Hemmern zu Levodopa (Entacapon, Comtess®), die den Abbau von Levodopa durch die Catechol-O-Methyltransferase (COMT) zu inaktiven Metaboliten hemmen. Gegen das Prinzip der kontinuierlichen dopaminergen Stimulation spricht allerdings, dass dopaminerge Rezeptoren G-Protein-gekoppelte Rezeptoren sind, deren Stimulation ohnehin zu langfristigen metabolischen Reaktionen und andauernden Funktionsänderungen der Nervenzelle führt.

In einer experimentellen Studie an Affen wurde die Rate der Dyskinesien unter Levodopa (kurze Halbwertszeit), Apomorphin (kurze Halbwertszeit) und Pergolid (lange Halbwertszeit) verglichen. Bei Einsatz äquipotenter Dosierungen kam es unter Levodopa zu mehr Dyskinesien als unter den beiden Dopaminagonisten – unabhängig von deren Halbwertszeit. Dies zeigt, dass es zwischen Levodopa und Dopaminagonisten Unterschiede im Dyskinesie auslösenden Potential geben muss, die unabhängig von der Plasmahalbwertszeit sind.

Dennoch bleibt bei den meisten Parkinson-Patienten eine Levodopa-Therapie früher oder später unumgänlich. Zum Beispiel kann es unter Dopaminagonisten zu psychotischen Entgleisungen kommen, besonders bei Patienten, die außerdem an Demenz leiden. Bei Umstellung auf Levodopa bessern sich die psychiatrischen Nebenwirkungen wie Halluzinationen, Depressionen oder Angst unter Umständen sofort. Außerdem reicht im fortgeschrittenen Stadium die Wirkung der Agonisten meist nicht aus.

Bei Patienten mit Levodopa-Therapie kann die Wirkung durch Zusatz eines COMT-Hemmers optimiert werden: Bei Patienten mit Fluktuationen (Wirkungsschwankungen) kann durch Entacapon eine Verlängerung der „On-Zeiten“, also des Anteils eines Tages, an dem der Patient auf die Therapie anspricht, und eine Verkürzung der „Off-Zeiten“ erreicht werden. Außerdem kann durch COMT-Hemmer Levodopa eingespart werden.

Quelle

Prof. Dr. P. Riederer, Würzburg, Prof. Dr. M. Gerlach, Würzburg, Prof. Dr. W. Oertel, Marburg, Prof. L. Lachenmayer, Hamburg, Dr. G. Ulm, Kassel, Prof. Dr. G. Deuschl, Kiel. „Moderne L-Dopa-Therapie – optimiert durch COMT-Hemmung“, Satellitensymposium, veranstaltet von der Firma Orion Pharma im Rahmen des 3. Deutschen Parkinsonkongresses, Dresden, 7. März 2003.

Arzneimitteltherapie 2003; 21(07)