Joachim Volz, Bielefeld*
Endometriose ist definiert als das Vorhandensein von endometrialen Drüsen und Stroma außerhalb der Gebärmutterhöhle. Dieses ektope Gewebe ähnelt aber nur mehr oder weniger dem eutopen Endometrium, tritt in vielerlei Differenzierungsformen auf und folgt nur unvollständig der zyklischen Modulation durch die Sexualhormone. Symptome sind aufgrund der Hormonabhängigkeit nur in der Geschlechtsreife zu erwarten, es kann allerdings durch exogene Estrogen-Gaben eine Endometriose stimuliert und reaktiviert werden. Die Endometriose tritt häufig auf, ihr Vorkommen bei Frauen im reproduktionsfähigen Alter wird auf 5 bis 10 % geschätzt, wobei die wahre Prävalenz nicht bekannt und sicherlich kulturell unterschiedlich ist. Bei Sterilitätspatientinnen kann eine Häufigkeit von bis zu 60 % gefunden werden [16]. Je nach Lokalisation kann zwischen einer Endometriosis uteri interna und einer Endometriosis (genitalis) externa unterschieden werden. Erstere kann in der Uterusmuskulatur und im isthmischen Tubenanteil auftreten. Sie wird dann als Adenomyosis uteri beziehungsweise als Endometriosis isthmica nodosa bezeichnet. Lokalisationen an Peritoneum, Ovar, Tube, Douglas-Raum, Ligamenta sacrouterina, Blase, Portio, Vagina und Vulva zählen zur Endometriosis genitalis externa. Zur Endometriosis extragenitalis zählen Edometriome in Lunge, Extremitäten, Nabel, Bauchdecken, Dünn- und Dickdarm.
Ätiologie und Pathogenese
Auch heute noch ist die eigentliche Ursache und Entwicklung der Endometriose nicht bekannt. Wollten wir diese mysteriöse Krankheit voll verstehen, so müssten wir ähnlich wie bei den Pilzen lernen, woher die Sporen kommen, was diese veranlasst, Myzele auszubilden, zum Pilz heranzuwachsen und warum sie eventuell wieder von selbst verschwinden. Aktuell gibt es zwei gewichtige Theorien zur Entwicklung der Endometriose, wobei für beide gute klinische und theoretische Argumente gefunden werden können. Bereits 1925 erahnt und 1940 ausformuliert, beschreibt Sampson [29, 30] die Implantations- oder metastatische Theorie. Nach dieser Theorie des retrograden Refluxes gelangen Endometriumpartikel über die Tuben in die Bauchhöhle, in welcher noch vitale Zellen implantieren und zu einer Endometriose auswachsen. Allerdings ist eine retrograde Menstruation bei fast 90 % aller Frauen nachzuweisen [11], sodass andere Faktoren, wahrscheinlich Veränderungen des lokalen peritonealen Milieus, beim Anwachsen unterstützend mitwirken müssen. Für diese Theorie sprechen Absiedlungen von Endometriomen in Kaiserschnittnarben und Episiotomien, über eine lymphatische oder hämatogene Aussaat können extragenitale Absiedlungen erklärt werden. Eine moderne Variante dieser Theorie stellt der von Leyendecker et al. [17] beobachtete schnelle periovulatorische transtubare Transport von Müller-Trakt-Epithelien parallel zur schnellen Spermienaszension durch utero-tubaren Sog bei defekter ampullärer Retention dar. Eine mehr oder weniger defekte Retention zur Zyklusmitte führt auf der einen Seite zu der häufig beobachtbaren Sterilität aufgrund einer mangelnden Spermienretention, auf der anderen Seite zur Endometriose aufgrund ungenügender Retention von Müller-Trakt-Epithelien. Die – im Gegensatz zur Zeit der Menstruation – zu diesem Zeitpunkt noch vitalen Endothelzellen sollen nunmehr implantieren können.
Leider kann diese Theorie nicht erklären, warum Endometriose auch bei primär amenorrhoischen Patientinnen, bei Patientinnen ohne funktionales Endometrium (Meyer-Rokitansky-Küster-Syndrom) oder, wenn auch selten, bei Männern gefunden werden kann [19, 24].
Bereits 1919 formulierte Meyer die andere, die Metaplasie-Theorie, wonach wiederholte Irritationen des Coelomepithels eine metaplastische Veränderung der pluripotenten Coelomzellen zu endometrioidem Gewebe bewirken. Diese Irritationen könnten viele Ursachen haben. So hält Novak [23] hormonale Stimuli hierfür für mitverantwortlich. Danach könnte eine gestörte Fertilität Ursache, nicht Wirkung, einer Endometriose sein, da ein fehlerhafter Zyklus das intraperitoneale Milieu stört. Hohe Estrogen- und Progesteron-Rezeptorunterschiede zwischen Endometrium und ektopem Endometrium [4, 14], LH-Rezeptormangel und verminderter LH-Peak, Anovulation, verkürzte Follikelphase und Corpus-luteum-Insuffizienz sprechen für diese Theorie.
Es bleibt unklar, ob die Endometriose hervorgerufen wird durch eine coelomische Metaplasie, durch retrograden Reflux mit sekundärer Absiedelung oder ob der Reflux selbst als chronischer Reiz zur Metaplasie führt. Sicher ist, dass zusätzlich genetische, endokrine und immunologische Faktoren das Wachstum und die Ausbreitung der Endometriose im kleinen Becken und in benachbarten Organen ermöglichen.
Diagnose
Die Diagnose einer Endometriose ist durch Anamnese, klinische Untersuchung einschließlich Ultraschall, Pelviskopie und Histologie zu stellen. Klinische Leitsymptome sind die sekundäre Dysmenorrhö und der periodenabhängige Unterbauchschmerz, der insbesondere prämenstruell und während der Blutung auftritt. Die Schmerzintensität kann erheblich sein und eine potente symptomatische Therapie erforderlich machen. Typisch sind weiterhin Kohabitationsschmerzen und Schmerzen bei der Palpation des hinteren Scheidengewölbes. Dort tastet oder sieht man häufig knotige Veränderungen, die im Douglas-Raum, an den Ligamenta sacrouterina oder retrouterin gelegen sind. Ausprägung und Lokalisation von Endometriose-Herden korrelieren oft nicht mit der Schmerzintensität. Patientinnen mit einer geringen Endometriose können stärkste Beschwerden haben, wohingegen eine Endometriose massiver Ausprägung ein Zufallsbefund bei weitgehend beschwerdefreier Patientin sein kann.
Ein wichtiges richtungsweisendes Symptom für das Vorliegen einer Endometriose ist die Sterilität. Während eine alleinige Dysmenorrhö seltener zur invasiven Diagnostik führt, entschließt man sich in diesem Falle schneller zur diagnostischen Pelviskopie, welche die Diagnose sichern kann. Der Zusammenhang zwischen Sterilität und Endometriose ist allerdings nicht immer deutlich. Kommt es bei ausgeprägten Formen zu einer Zerstörung oder Behinderung der normalen tubo-ovariellen Einheit durch ausgedehnte Adhäsionen oder intraovarielle Zystenbildungen, so erscheint der kausale Zusammenhang gegeben. Eine Herabsetzung der Fertilität findet sich aber auch bei minimalen oder geringen Formen der Endometriose [15, 25, 28].
Außer den bisher genannten Symptomen kann ein palpatorisch oder ultrasonographisch erkennbarer Ovarialtumor hinweisend sein. Insbesondere beim Vorliegen einer Schokoladenzyste ist eine ultrasonographische Diagnosestellung möglich.
Eine sichere Diagnose liefern die Pelviskopie und die Histologie, wobei eine histologische Diagnose trotz wachsenden Kostendrucks unbedingt angestrebt werden muss. Nur sie kann zuverlässig Auskunft darüber geben,
- ob tatsächlich eine Endometriose vorliegt und
- ob es sich um aktive oder bereits in Regression befindliche Herde handelt.
Pelviskopisch wird die Diagnose einer peritonealen Endometriose häufig aufgrund der Entdeckung von schwarzen oder bläulichen Läsionen gestellt, die das Peritoneum oft narbig verziehen. Diese typischen Veränderungen sind das Ergebnis von Gewebsblutungen und retiniertem Blutpigment. Es gibt jedoch zahlreiche, teilweise sehr diskrete andere Erscheinungsformen, die man kennen muss, um sie zu erkennen: rote Läsionen, die nur einem hypervaskularisierten Areal oder petechialen Blutungen entsprechen können, aber auch flammenartige, hochrote Knoten bilden können. Wichtig sind auch weiße Läsionen, die oft nur als helle Narben imponieren oder gelb-bräunliche peritoneale Flecken oder zirkuläre Peritonealdefekte bilden [5, 13, 18, 21, 22, 27, 33] (Abb. 1 und 2). Als Faustregel kann gelten, dass farblose, rote und blau-schwarze Läsionen eher endokrin aktiv sind, braun-gelbe und weiße Implantate dagegen regressiv verändert sind und einer inaktiven Endometriose entsprechen.
Die Einteilung der Endometriose erfolgt international nach der revidierten ,,American Fertility Society Classification“ von 1985. Hierdurch wird eine Objektivierung der Befunderhebung angestrebt, um insbesondere im Rahmen von Studien Therapieerfolge zu dokumentieren. Allerdings erscheint in Zukunft eine moderne Foto-Video-Dokumentation für die Praxis geeigneter zu sein.
Therapie
Die beiden Säulen einer Behandlung der Endometriose sind die operative Pelviskopie, selten auch die Laparotomie, und die medikamentöse Behandlung. Da die Ursachen einer Endometriose bisher nicht bekannt sind, existiert bis heute auch keine kausale Therapie. Alle Behandlungsformen sind lediglich symptomatisch, indem sie versuchen, das Ausmaß der Endometriose zu verringern und die klinische Symptomatik zu mindern. Dies erklärt, dass man nach jeder bisher bekannten Form der Therapie mit hohen Rezidivraten, auch kurzfristig, rechnen muss. Die Endometriose sollte daher nur dann behandelt werden, wenn Beschwerden oder eine andere Symptomatik dazu zwingen. Die Endometriose kann zwar eine chronisch progrediente Erkrankung sein, es gibt jedoch auch über Jahre hinaus stabile Verläufe und spontane Rückbildungen ohne eine Therapie. Keine der bisher bekannten Behandlungsmethoden kann durch frühzeitige Anwendung eine Progression verhindern oder eine Heilung bewirken. Es muss daher vor jeder invasiven Diagnostik oder Therapie anhand verschiedener Kriterien entschieden werden, ob überhaupt eine Behandlung erfolgen soll. In erster Linie wird die Entscheidung von der Schmerzintensität, der Dauer der ungeklärten Sterilität (ca. 2 Jahre) und dem Ausmaß des auffälligen klinischen Befunds (z. B. druckdolente Palpation, ultrasonographisch nachgewiesene Endometriosezysten, Blutungsstörungen) abhängen.
Gegenwärtig wird im Allgemeinen die von Semm und Mettler entwickelte Dreistufen-Therapie durchgeführt: 1. Operation – 2. Hormonelle Therapie – 3. Operation.
1. Operation: Die pelviskopische Diagnosestellung mit chirurgischer Entfernung möglichst aller Herde und Verwachsungen steht am Anfang jeder Therapie. Genaue Beschreibung der Ausdehnung und histologische Sicherung der Diagnose mit Aktivitätsbestimmung der Erkrankung müssen bei diesem Ersteingriff unbedingt erfolgen. Schokoladenzysten müssen vollständig entfernt werden, bei unvollständiger Resektion sollte das verbleibende Gewebe thermisch zerstört werden. Bei einer geringen Endometriose ist bezüglich der Sterilitätsbehandlung bisher kein sicherer Nachweis erbracht worden, dass durch eine chirurgische Sanierung eine Verbesserung der Prognose eintritt. Dennoch sollte aufgrund der Tatsache, dass der primär diagnostische Eingriff durch das operative Vorgehen nur unwesentlich vergrößert wird, eine thermische Zerstörung der sichtbaren Herde erfolgen. Bei primärer Schmerzsymptomatik oder bei ovarieller Endometriose sollten sorgfältig alle Herde entfernt werden. Dies trifft auch für die leichte Endometriose zu, da das Ausmaß der Herde nicht mit der Schmerzsymptomatik korreliert und auch geringe Befunde starke Schmerzen verursachen können.
2. Hormonelle Therapie: Je nach Befund erfolgt eine 3- bis 9-monatige Hormonbehandlung im Anschluss oder im Intervall. Zur medikamentösen hormonalen Behandlung stehen Gestagene, Estrogen-Gestagen-Kombinationen, Danazol und GnRH-Analoga zur Verfügung. Ovarielle Endometriosezysten sollten ausschließlich chirurgisch behandelt werden, da sie in der Regel auf eine medikamentöse Therapie nicht in ausreichender Form reagieren. Nur wenn die Operation unvollständig durchgeführt wurde und Reste des Zystenbalgs im Ovar verbleiben, kann eine hormonelle Nachbehandlung erfolgen [7].
Auch bei Sterilitätspatientinnen gibt es kaum Indikationen für eine hormonelle Therapie. Fortgeschrittene Stadien mit ausgeprägten peritubaren Verwachsungen und Endometriosezysten müssen operiert werden. Eine Nachbehandlung nach unvollständiger Operation verbessert nicht die Schwangerschaftsrate, zumal die Schwangerschaftsraten im ersten postoperativen Jahr am höchsten liegen und eine hormonelle Nachbehandlung diese Chance durch die Nebenwirkung ,,Ovulationshemmung“ zerstört. Nach der primären Operation sollte, soweit das Operationsergebnis dies zulässt, zunächst lediglich eine Zyklusoptimierung über ein Jahr durchgeführt werden. Tritt keine Schwangerschaft ein, so kann zur Vorbereitung einer erneuten Stimulationsbehandlung und der Kontrollpelviskopie eine 4- bis 6-monatige Hormontherapie angeschlossen werden. Die Hormontherapie kann auch bei primär ungünstigem Befund direkt nach der Primäroperation als Vorbereitung für eine definitive chirurgische Sanierung oder eine In-vitro-Fertilisation durchgeführt werden. Zum Einsatz kommen hier bevorzugt Danazol und GnRH-Analoga. Bei der minimalen Endometriose oder leichten Formen der Endometriose, die meist nur das Peritoneum betreffen, verbessert eine medikamentöse Therapie nicht die Fertilität [2, 9, 26, 32, 34, 35]. Dies gilt wahrscheinlich auch für die operative Therapie, eventuell gibt es einen gewissen Nutzen beim pelviskopischen Vorgehen [6, 31].
Unumstritten ist die hormonelle Behandlung der durch die Endometriose hervorgerufenen Schmerzen. Gestagene, Danazol und GnRH-Analoga haben gleichermaßen günstige Wirkungen [8]. Nach einer durchschnittlich 6-monatigen Behandlung verschwinden die Schmerzen in einem hohen Prozentsatz. Der Effekt hält nach Abschluss der Behandlung durchschnittlich ein Jahr lang an, die Rezidive zeigen meist eine geringere Schmerzintensität. Zur langfristigen Behandlung einer Dysmenorrhö werden oft erfolgreich Estrogen-Gestagen-Kombinationen eingesetzt.
Spezielle Hormontherapie
Gestagene
Die kontinuierliche Langzeittherapie mit Gestagenen (Abb. 3, Tab. 1) ist eine bewährte und kostengünstige Behandlung des Endometrioseschmerzes ohne bestehenden Kinderwunsch. Sie wirken auf zweierlei Art und Weise, zum einen direkt antiproliferativ auf die Implantate, welche auch Gestagen-Rezeptoren tragen, zum anderen wird die Ovarfunktion unterdrückt. Zur Anwendung kommen verschiedene Progesteron-Derivate wie Medroxyprogesteronacetat (MPA) und Medrogeston 10 bis 30 mg/Tag, Dydrogesteron, Norethisteronacetat oder Lynestrenol 10 bis 20 mg/Tag. Die häufigste Nebenwirkung in den ersten Behandlungsmonaten sind Durchbruchblutungen. Diese treten seltener auf, wenn in den ersten 2 bis 3 Monaten eine höhere Dosis gewählt wird
(z. B. 30 mg/Tag MPA). Diese höhere Dosis kann dann nach 3 Monaten reduziert werden. Eine einsetzende Durchbruchblutung kann durch eine kurzfristige Dosiserhöhung um eine Tablette oder durch eine vorübergehende zusätzliche Estrogensubstitution mit 0,02 bis 0,04 mg Ethinylestradiol über 3 bis 6 Tage aufgefangen werden. Sie kann aber auch in den ersten Monaten in eine Hormonentzugsblutung durch Absetzen des Gestagens umgewandelt werden. Nach 2 bis 3 Monaten tritt dann meist spontan die gewünschte sekundäre Amenorrhö ein. Diese sollte etwa 6 Monate lang aufrechterhalten werden. Weitere häufige Nebenwirkungen sind Abnahme der Libido, Müdigkeit, Appetitzunahme, Ödeme, Übelkeit, Brustspannen und Kopfschmerzen. In Abhängigkeit von der Dosierung kommt es auch zu Veränderungen des Lipidstoffwechsels, wobei in erster Linie eine Reduzierung von HDL beschrieben wird. Inwieweit diese Veränderungen bei einer Anwendungsdauer bis zu einem Jahr und den genannten Dosierungen tatsächlich bezüglich kardiovaskulärer Erkrankungen eine Rolle spielen, ist eher unwahrscheinlich. Neuere Gestagene, zum Beispiel das 19-Nortestosteron-Derivat Dienogest, verursachen bei niedrigen, aber effektiven Dosierungen kaum noch Veränderungen des Lipidprofils. Veränderungen des Kohlenhydratstoffwechsels werden nicht gefunden.
Weiter zur Anwendung kommen, insbesondere bei älteren Frauen, auch Depot-Präparate. Das bei uns im Handel erhältliche Depo-Clinovir® mit einer Dosis von 150 mg MPA sollte über 2 Monate zunächst alle 2 bis 3 Wochen, danach zur Aufrechterhaltung der Amenorrhö einmal monatlich intramuskulär verabreicht werden. Nach Absetzen des Präparats treten ovulatorische Zyklen oft verzögert ein.
Estrogen-Gestagen-Kombinationen
Die rhythmische Behandlung mit Gestagen-betonten Estrogen-Gestagen-Kombinationen ist indiziert bei dysmenorrhoischen Beschwerden und leichteren Befunden. Geeignet sind in erster Linie orale Kontrazeptiva mit niedrigem Estrogen-Anteil (Einphasen-Präparate). Unter dieser Behandlung sind die Patientinnen oft beschwerdefrei. Mit dauerhaften Erfolgen ist allerdings nicht zu rechnen, da eine Atrophie und Fibrosierung des ektopen Endometriums fast immer ausbleibt. Aufgrund der geringen Nebenwirkungen eignen sie sich aber sehr gut für eine langfristige und kostengünstige symptomatische Behandlung. Eventuell eignet sich diese Therapie auch für Patientinnen ohne Kinderwunsch als Nachbehandlung zur Vermeidung eines Rezidivs.
Danazol
Danazol (Abb. 4) wurde bereits 1960 synthetisiert und wird seit den 70er Jahren zur Therapie der Endometriose eingesetzt [10]. Es ist ein Isoxazol-Derivat des synthetischen Steroids 17-alpha-Ethinyltestosteron. Es wird sehr gut und schnell oral resorbiert, seine Halbwertszeit beträgt 4 bis 5 Stunden. Es sollte daher mindestens 3-mal täglich in einer Dosis von 200 bis 800 mg gegeben werden. Es wird in über 60 Metaboliten abgebaut (Hauptmetabolit: 2-Hydroxymethylethisteron), die Wirkungsmechanismen von Danazol sind daher vielfältig. Danazol reagiert mit intrazellulären Steroid-Rezeptoren und besitzt eine hohe Affinität zu Testosteron-Rezeptoren. Hier wirkt es agonistisch. Es hemmt kompetitiv multiple Enzyme der Steroid-Synthese und führt dadurch zu einer Hypoestrogenämie durch Hemmung der ovariellen Estrogen-Synthese. Des Weiteren verdrängt es Testosteron von SHBG und führt durch eine zusätzliche Hemmung der SHBG-Synthese in der Leber zu einer Erhöhung des freien Testosterons. Die Gonadotropine werden nicht vermindert, lediglich deren mittzyklischer Anstieg. Als weiterer Mechanismus wird eine immunmodulatorische beziehungsweise -suppressive Wirkung von Danazol ähnlich der Wirkung von Glucocorticoiden angenommen. Es kommt zur Senkung von Autoantikörpern und der von Makrophagen abhängigen T-Zell-Proliferation.
Insgesamt erzeugt Danazol einen hypoestrogenen, hyperandrogenen Zustand, der das Wachstum von Endometriose hemmt und zu einer Atrophie der Implantate führt.
Aus dem Wirkungsmechanismus lassen sich die Nebenwirkungen ableiten, die in erster Linie mit der entstehenden Hyperandrogenämie korrelieren. Dosis-abhängig kommt es zu Gewichtszunahme, Muskelkrämpfen, Akne und Hirsutismus, seltener zur Vertiefung der Stimme. Aufgrund der Hypoestrogenämie entstehen Hitzewallungen, Libidoabnahme und Verkleinerung der Brust. Vonseiten der Lipoproteine wird ein Abfall von HDL und ein Anstieg von LDL beobachtet, der Kohlenhydratstoffwechsel reagiert mit einem Anstieg von Insulin und Glucagon.
Danazol ist das wohl potenteste Medikament gegen den Endometrioseschmerz [3]; 400 mg und in schweren Fällen bis zu 800 mg pro Tag führen fast immer zu einer Schmerzfreiheit. Dennoch treten nach Beendigung der Therapie in bis zu 50 % Rezidive auf, die meist mit einer geringeren Schmerzintensität einhergehen. Höhere Dosierungen scheinen längerfristig günstigere Ergebnisse zu ermöglichen. Eventuell kann durch eine Kombination mit GnRH-Analoga als 3-monatige Vorbehandlung eine sehr niedrige Tagesdosis von 50 mg im Anschluss daran ausreichend sein. Dadurch sollten sich Nebenwirkungen beider Therapieformen verringern lassen.
Danazol hat ebenfalls keine nachgewiesene Wirkung auf ovarielle Endometriosezysten und verbessert auch nicht die Fertilität. Eine Langzeitbehandlung soll die Rückbildung der Salpingitis isthmica nodosa begünstigen.
GnRH-Analoga
Viele Jahre lang schien die Oophorektomie die effektivste Form der Endometriosebehandlung zu sein. Diese Behandlung ist heute noch schwersten, therapierefraktären Fällen vorbehalten, bei Frauen, die keinen Kinderwunsch mehr haben und unter den Symptomen der Endometriose trotz aller zur Verfügung stehenden Mittel leiden. Eine reversible, ,,medikamentöse Oophorektomie“ sollte ähnliche Erfolge bewirken können und den betroffenen jüngeren Frauen aufgrund der Reversibilität die Fertilität erhalten. Eine solche medikamentöse, reversible Ausschaltung der Ovarfunktion wurde ermöglicht durch die wiederholte Gabe von GnRH-Analoga. Deren kontinuierliche Gabe bewirkt eine Down-Regulation des hypophysären GnRH-Rezeptors, in dessen Folge es zu einer Verminderung zirkulierender Gonadotropine und dadurch sekundär zu einer Hemmung der ovariellen Steroid-Synthese kommt. Dieser Prozess bis zur Herbeiführung eines hypogonadotropen Hypogonadismus dauert etwa 7 bis 10 Tage. Während dieses Zustands sollte es zur Rückbildung und Atrophie der Implantate kommen. Des Weiteren verfügen GnRH-Analoga über eine antiandrogene Wirkung, wodurch die mitosefördernde Wirkung von Androgenen an den auch im Endometrium nachweisbaren Androgen-Rezeptoren gehemmt werden kann. Bei der Behandlung der Endometriose kommen fast ausschließlich Depot-Präparate zur Anwendung, die einnmal monatlich parenteral appliziert werden müssen. Die Dauer der Anwendung beträgt 3 bis 6 Monate [12].
Viele Untersuchungen zeigen, dass
GnRH-Analoga sehr potent die Symptome einer Endometriose beseitigen können. Innerhalb von 4 bis 6 Wochen nach Therapiebeginn kommt es fast regelhaft zur Beschwerdefreiheit. Dies trifft nicht nur für die Zeit der Behandlung über 6 Monate zu, sondern auch für 6 bis 12 Monate danach. Implantate der Peritonealoberfläche bilden sich während der Behandlung sehr gut zurück. Ebenso wie bei den anderen medikamentösen Therapieformen kommt es allerdings zu keiner Regression von tiefen Implantaten oder Endometriosezysten. Auch bei der Erzielung einer Fertilität unterscheiden sich die verschiedenen Therapieformen nicht. Allerdings verbessern sich die Chancen einer IVF-Behandlung nach einer 4-monatigen Vorbehandlung. Die Stimulationsbehandlung sollte immer während der Down-Regulation begonnen werden, die im Idealfall über mindestens 3 Monate durchgeführt wurde.
Vergleicht man GnRH-Analoga mit Danazol, so entsprechen sich Indikationen und Erfolgsraten nahezu vollständig. Unterschiedlich ist allerdings das Spektrum der Nebenwirkungen. Die Nebenwirkungen von GnRH-Analoga entsprechen dem hypoestrogenen Zustand und sind vergleichbar mit den bekannten Menopausebeschwerden. Bedingt durch den Estrogenmangel kommt es zu Hitzewallungen, Dyspareunie, Müdigkeit, Kopfschmerzen und trockener Scheide. Sie werden im Allgemeinen jedoch gut toleriert und es kommt nur selten zu Therapieabbrüchen. Hierin unterscheidet sich diese Therapieform entscheidend von der Danazol-Therapie, bei der es signifikant häufiger zu Abbrüchen kommt [29].
Wichtigste Nebenwirkung ist der Verlust von Knochendichte, der nach einer 6-monatigen Therapie etwa 4 bis 5 % beträgt. Inwieweit dieser Knochendichteverlust, der nach 6 bis 12 Monaten nicht mehr nachweisbar ist, überhaupt von klinischer Relevanz ist oder die spätere Entwicklung einer Osteoporose fördert, ist bisher noch unklar.
Zur Verringerung der Nebenwirkungen wurden verschiedene Add-back-Therapien mit Gestagenen eingeführt. Diese verringern in erster Linie jedoch nur die Estrogen-Mangelerscheinungen, auf die Verminderung der Knochendichte haben sie nur geringen oder keinen Einfluss. Zur Anwendung kommen in erster Linie Nortestosteron-Derivate wie Norethisteronacetat, 2 bis 4 mg/Tag. Tibolon, ein synthetisches Steroid, das schwache Progesteron-, Estrogen- und Androgen-Wirkungen besitzt, zeigt in einer Dosierung von 2,5 mg/Tag gute Effekte auf Estrogen-Mangelerscheinungen und vermag eventuell einen Knochendichteverlust zu vermeiden.
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass verschiedene Substanzen in der Lage sind, über eine Suppression der Ovarfunktion das Wachstum von Endometriose zu verhindern, eine vorübergehende Atrophie zu induzieren und die Schmerzsymptomatik zu lindern. Da leider immer mit einem Rezidiv gerechnet werden muss, sollten behandelnder Arzt und Patientin versuchen, genau zu definieren, was sie mit der Behandlung erreichen wollen. Endometrioseschmerzen können auch mit Tiaprofensäure, Naproxen, Acetylsalicylsäure, Akupunktur und Homöopathie erfolgreich behandelt werden, bei nicht bestehendem Kinderwunsch genügt häufig ein Ovulationshemmer. Schwere Formen verlangen auf der anderen Seite oft die Anwendung aller zur Verfügung stehenden konservativen und chirurgischen Mittel, um destruierende Prozesse aufzuhalten und die Lebensqualität wiederherzustellen.
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*Nachdruck aus:
Friese K, Melchert F (Hrsg.). Arzneimitteltherapie in der Frauenheilkunde. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, 2003.
Prof. Dr. Joachim Volz, Städtische Kliniken, Klinikum Mitte, Teutoburger Str. 50, 33604 Bielefeld

Abb. 1. Verschiedene Erscheinungsformen der Endometriose. An der Uterushinterwand aktive hochrote und transparente Implantate, insbesondere im Bereich der linken Beckenwand blaue und schwarze Herde.

Abb. 2. Retro-ovarielle Endometriose. Flächige, blau-schwarze, erhabene Infiltrate, dazwischen bläschenartige Veränderungen; in Richtung Douglas-Raum ziehend braun-gelbe und weiße inaktive Herde.

Abb. 3. Gestagene
Tab. 1. Gestagene zur Endometriosebehandlung
Gestagen |
Handelsname® |
Dosis [mg] |
Chlormadinonacetat |
Chlormadinon 2 mg Jenapharm |
4–12 |
Dydrogesteron |
Duphaston |
10–30 |
Dienogest |
Endometrion |
2 |
Lynestrenol |
Orgametril |
10–20 |
Medroxyprogesteronacetat |
Clinofem |
10–30 |
Medrogeston |
Prothil 5 (25) |
10–30 |
Megestrolacetat |
Megestrat 40 |
40 |
Norethisteronacetat |
Norethisteron 5 mg Jenapharm |
10–20 |

Abb. 4. Danazol
Arzneimitteltherapie 2003; 21(09)