Alexandra Hennemann, Stuttgart
Zu den Standardtherapien zur Prävention von wiederholten venösen Thromboembolien gehört die Antikoagulation mit Warfarin bis zur Einstellung einer INR von 2,0 bis 3,0 über 3 bis 12 Monate. Für die Langzeit-Prävention gibt es bisher jedoch keine Therapie mit zufriedenstellendem Nutzen-Risiko-Verhältnis.
508 Patienten mit idiopathischen Thromboembolien, die vorher im Mittel über 6,5 Monate eine orale Antikoagulation erhalten hatten, wurden randomisiert auf langfristig niedrig dosiertes Warfarin (Ziel-INR 1,5–2,0) oder Plazebo eingestellt. Als idiopathisch galten Thromboembolien, die nicht innerhalb von 90 Tagen nach einer Verletzung oder Operation auftraten. Ausgeschlossen waren Patienten mit metastasierten Krebserkrankungen, größeren gastrointestinalen Blutungen oder hämorrhagischem Schlaganfall. Als Endpunkte wurden erneute venöse Thromboembolien, größere Hämorrhagien und Tod erfasst.
Die Studie wurde nach etwa 4 Jahren vorzeitig beendet. Von 253 Plazebo-Patienten hatten 37 erneut eine venöse Thromboembolie erlitten, von 255 Patienten mit Warfarin 14 (p < 0,001). Das entsprach einer relativen Risikoreduktion mit Warfarin um 64 %. Dieses Verhältnis war in allen Untergruppen gleich, auch bei Patienten mit ererbter und nicht ererbter Thrombophilie. Größere Blutungen traten in der Warfarin-Gruppe häufiger auf, der Unterschied war jedoch nicht signifikant (5 vs. 2, p = 0,25). In der Plazebo-Gruppe starben 8 Patienten, mit Warfarin 4 (p = 0,26). Der kombinierte Endpunkt insgesamt wurde mit Warfarin um fast die Hälfte (48 %) gesenkt. Bei den Patienten, die Protokoll-gerecht therapiert worden waren, betrug die Risikoreduktion etwa 80 %.
Der Kommentator im New England Journal of Medicine bemerkt dazu, dass venöse Thromboembolien als chronische und zumindest teilweise systemische Erkrankung betrachtet werden müssen. Fast ein Drittel der Betroffenen erleidet in den nächsten 8 Jahren ein erneutes thromboembolisches Ereignis. Die meisten Patienten weisen eine erbliche Hyperkoagulabilität auf, auf deren Grundlage die Thromboembolie durch ein thrombogenes Ereignis getriggert wurde. Seit den 60er Jahren werden zur akuten Therapie Heparine und zur Langzeitprophylaxe Warfarin verwendet. Der limitierende Faktor für einen langfristigen präventiven Einsatz ist das Blutungsrisiko, das vor allem von der Dosierung und Dauer der Antikoagulation und weniger von genetischen oder sonstigen Faktoren abhängt. Bisher wird bei reversiblen oder zeitlich beschränkten Risikofaktoren (z. B. nach Operation) nach einer Thrombose eine orale Therapie von mindestens 3 Monaten, nach einer ersten idiopathischen venösen Thromboembolie von mindestens 6 Monaten empfohlen. Bei erneutem idiopatischem Ereignis oder bei langfristigen Risikofaktoren wie Krebs oder Antithrombin-Mangel sollte mindestens 12 Monate therapiert werden.
Die optimale Dosierung ist bisher im Gegensatz zur Therapiedauer in kontrollierten klinischen Studien weniger untersucht worden, offenbar ist der optimale Dosisbereich zur Therapie tiefer Venenthrombosen (INR 2,0 bis 3,0) nicht notwendigerweise auch der beste für die Prävention.
Die Übernahme der in der Studie verwendeten Dosierung zur Sekundärprophylaxe venöser Thromboembolien über mehr als drei Monate kann jedoch noch nicht empfohlen werden: Es liegen vorläufige Ergebnisse einer weiteren Studie vor, in der niedrig dosiertes Warfarin (INR 1,5–1,9) weniger wirksam war als üblich dosiertes (INR 2,0–3,0). Zur Beurteilung müssten beide Dosierungen in einer dreiarmigen Studie direkt mit Plazebo verglichen werden. Bisher ist nicht bekannt, in welchem Ausmaß die Koagulation mindestens gehemmt werden muss, um antithrombotischen Schutz zu gewährleisten.
Quellen
Ridker PM, et al. Long-term, low-intensity warfarin therapy for the prevention of recurrent vernous thromboembolism? N Engl J Med 2003;348:1425-34.
Schafer AI. Warfarin for venous thromboembolism – walking the dosing tightrope [editorial]. N Engl J Med 2003;348:1478-80.
Arzneimitteltherapie 2003; 21(09)