Dr. Susanne Heinzl, Stuttgart
Nach wie vor gilt, dass bei einer intraabdominellen Infektion eine polymikrobielle Flora vorliegt. Die häufigsten Erreger sind Escherichia coli, Bacteroides fragilis, Enterokokken und Klebsiellen. Bei Patienten mit postoperativer Peritonitis dagegen werden zunehmend Enterokokken und Enterobacter, seltener jedoch E. coli beobachtet. Patienten, die sich mehrfachen Eingriffen unterziehen müssen, werden vorwiegend durch S. epidermidis, Candida und Enterokokken infiziert. Die Kenntnis des einzelnen Patienten- und Erregerprofils ist für eine optimale Antibiotika-Behandlung Voraussetzung.
Diskutiert wird in den letzten Jahren vor allem die Rolle der Enterokokken. Drei klinische Studien haben gezeigt, dass es im Therapieerfolg bei der Behandlung intraabdomineller Infektionen keinen Unterschied gibt, wenn Enterokokken im Wirkungsspektrum des eingesetzten Antibiotikums lagen oder nicht erfasst wurden. Deshalb gibt es Empfehlungen, dass Enterokokken nur dann behandelt werden müssen, wenn es sich um einen Hochrisikopatienten handelt, beispielsweise einen Patienten im fortgeschrittenen Alter, einen Patienten mit hohem APACHE-II-Score oder einem Patienten mit einer postoperativen Infektion. Enterokokken müssen dann nicht behandelt werden, wenn der Erreger nach einer ersten Operation Teil einer polymikrobiellen Flora ist.
Änderungen bei der Therapie mit Antibiotika gab es auch bei der Therapiedauer. So wurde früher empfohlen, Antibiotika mindestens 10 bis 14 Tage zu applizieren. Heute sind die Behandlungszeiten wesentlich kürzer. Teilweise reicht eine Einmalgabe aus, wie bei Kontamination der Peritonealhöhle durch eine akute Perforation, die innerhalb von zwölf Stunden operiert wird. Eine eintägige Behandlung wird dann vorgeschlagen, wenn das infizierte Organ ganz entfernt werden kann, beispielsweise bei gangränöser Appendizitis oder gangränöser Cholezystitis. Manifeste Infektionen, die von einem Organ ausgehen und das Peritoneum befallen haben, sollen für fünf bis sieben Tage orientiert an den chirurgischen Befunden und dem Ansprechen des Patienten behandelt werden.
Ertapenem bei intraabdominellen Infektionen
In einer prospektiven, randomisierten, kontrollierten und doppelblind durchgeführten Phase-III-Studie wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ertapenem mit Piperacillin/Tazobactam bei Patienten mit komplizierten intraabdominellen Infektionen verglichen. 323 Patienten erhielten Ertapenem (1 g/Tag), 310 Patienten Piperacillin/Tazaobactam (3,375 g alle 6 h). In der Ertapenem-Gruppe waren 203, in der Piperacillin/Tazobactam-Gruppe 193 Patienten mikrobiologisch auswertbar. Die beiden Patientengruppen unterschieden sich nicht in den demographischen Parametern. Bei der Mehrzahl wurden polymikrobielle Infektionen dokumentiert, Gramnegative und Anaerobier waren die häufigsten Erreger, zum Beispiel E. coli, B. fragilis und andere Bacteroides spp. Die Ansprechraten waren in beiden Gruppen vergleichbar, Ertapenem wirkte mindestens so gut wie Piperacillin/Tazobactam (Tab. 1).
Weil Ertapenem gegen Pseudomonas aeruginosa und Enterokokken in vitro keine ausreichende Wirksamkeit hat wurden die Daten der Patienten, die mit diesen Erregern infiziert waren, gesondert betrachtet. Klinisch sprachen bei Pseudomonas aeruginosa 19 von 26 Patienten (73,1 %) auf die Ertapenem-Behandlung und 23 von 26 Patienten (88,5 %) auf die Piperacillin/Tazobactam-Therapie an. Von den mit Enterokokken infizierten Patienten sprachen klinisch 50 von 65 (76,9 %) Patienten auf die Ertapenem-Therapie und 24 von 37 (64,9 %) auf die Piperacillin/Tazobactam-Therapie an.
In einer Post-hoc-Analyse dieser Studie wurde untersucht, wie das Ansprechen bei Patienten mit und ohne generalisierte Peritonitis war. Von den 623 Patienten litten 185 an einer generalisierten Peritonitis, von diesen wiederum waren 113 klinisch und mikrobiologisch auswertbar. 60 hatten Ertapenem und 53 Piperacillin/Tazobactam erhalten. In beiden Behandlungsgruppen war die Heilungsrate bei Patienten ohne generalisierte Peritonitis höher als bei Patienten mit generalisierter Peritonitis, einer besonders schweren Form der intraabdominellen Infektion. Bei den Patienten mit generalisierter Peritonitis sprachen 83 % (50/60) auf die Ertapenem-Therapie und 74 % (39/53) auf die Piperacillin/Tazobactam-Behandlung an.
Diese Daten zeigen also, dass das einmal täglich zu applizierende Carbapenem für die Behandlung von komplizierten intraabdominellen Infektionen gut geeignet ist, was durch eine einfache Handhabung (1 g einmal täglich) noch unterstützt wird.
Quellen
O. Rotstein, Symposium „Effective management of community-acquired intra-abdominal infections», veranstaltet von MSD im Rahmen des 13. Europäischen Kongresses für Klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten, Glasgow, 12. Mai 2003.
Solomkin JS, et al. Ertapenem versus piperacillin/tazobactam in the treatment of complicated intraabdominal infections. Results of a double-blind, randomized comparative phase III trial. Ann of Surg 2003;237:235–45.
Teppler H, Gesser R, Meibohm A, Woods G. Ertapenem once a day is highly effective for treatment of generalized peritonitis. Poster 788, 13. Europäischer Kongress für Klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten, Glasgow, 10. bis 13. Mai 2003.
Tab. 1. Ansprechraten bei Patienten mit komplizierten intraabdominellen Infektionen auf eine Behandlung mit Ertapenem bzw. Piperacillin/Tazobactam
Ertapenem |
Piperacillin/Tazobactam |
|
Generalisierte Peritonitis |
83 % (50/60) |
74 % (39/53) |
Abszesse |
89 % (8/9) |
50 % (2/4) |
Einzelner Abszess |
90 % (53/59) |
82 % (55/67) |
Lokalisierte Erkrankung |
87 % (65/75) |
88 % (61/69) |
Arzneimitteltherapie 2003; 21(10)