Dr. B. Ecker-Schlipf, Holzgerlingen
Bei akuten Infektionen der Atemwege werden oft Antibiotika eingesetzt, obwohl sie zum Beispiel bei Erkältung und unkomplizierter akuter Bronchitis fast immer unnötig sind. Für andere Infektionen wie Otitis media und akute Sinusitis sind Antibiotika indiziert, aber ihre Verwendung als First-Line-Therapie wird ebenfalls diskutiert. Viele Experten sind inzwischen besorgt über den zu häufigen Gebrauch vor allem an neuen Breitspektrum-Antibiotika, wie Fluorchinolonen, Amoxicillin/Clavulansäure, Cephalosporinen der Gruppe 2 und 3 sowie neueren Makroliden (z. B. Azithromycin, Clarithromycin). Dadurch entstehen hohe Kosten und das Risiko für Resistenzentwicklungen wird erhöht.
Ziel einer amerikanischen Studie war, Faktoren zu finden, welche die Verordnung eines Breitspektrum-Antibiotikums durch erstversorgende Ärzte beeinflussen. Die Daten stammten von 1 981 Erwachsenen, die wegen Erkältung und unspezifischer Infektion der oberen Atemwege (24 %), akuter Sinusitis (24 %), akuter Bronchitis (23 %), Otitis media (5 %), Pharyngitis, Laryngitis und Tracheitis (11 %) oder mehrerer Symptome (13 %) zum Arzt gingen.
63 % der Patienten mit einer akuten Atemwegsinfektion bekamen ein Antibiotikum verordnet, 46 % bei einer einfachen Erkältung oder unspezifischen Infektion der oberen Atemwege und 69 % bei einer akuten Sinusitis. Bei mehr als der Hälfte der Antibiotika-Verordnungen (54 %) wurde ein Breitspektrum-Antibiotikum eingesetzt, zum Beispiel bei 51 % der Patienten mit Erkältung und unspezifischen Infektionen der oberen Atemwege, bei 53 % mit akuter Sinusitis, 62 % mit akuter Bronchitis und 65 % mit Otitis media. Der Einfluss von verschiedenen klinischen und nicht-klinischen Faktoren auf die Wahl eines Breitspektrum-Antibiotikums wurde untersucht. Nachdem die Faktoren Diagnose und zusätzliche chronische Erkrankungen statistisch angepasst wurden, erwiesen sich die Fachrichtung des Arztes und die geographische Region, in der er praktizierte, als unabhängige Faktoren für die Verordnung eines Breitspektrum-Antibiotikums. Hohe Verschreibungsraten wurden insbesondere bei Fachärzten der inneren Medizin (Odds-Ratio 2,4 im Vergleich zu praktischen und Familienärzten) sowie im Nordosten und Süden des Landes (Odds-Ratio 2,6 bzw. 2,4 verglichen mit dem Westen) gefunden.
Schwarze Hautfarbe des Patienten, fehlende Krankenversicherung und Mitgliedschaft in einer Fitnessorganisation waren mit einer geringeren Einsatzrate von Breitspektrum-Antibiotika assoziiert. Alter und Geschlecht der Patienten sowie städtischer oder ländlicher Wohnort zeigten keinen Zusammenhang mit der Verordnungshäufigkeit.
Quelle
Steinman MA, et al. Predictors of broad-spectrum antibiotic prescribing for acute respiratory tract infections in adult primary care. JAMA 2003;289:719-25.
Arzneimitteltherapie 2003; 21(12)