Schizophrenie-Rezidivprophylaxe

Langzeittherapie mit Risperidon-Depot wird evaluiert


Dr. Heike Oberpichler-Schwenk, Stuttgart

Die Rückfallprophylaxe bei Schizophrenie-Patienten mit der Depot-Formulierung von Risperidon soll unter naturalistischen Bedingungen in einer Spiegelstudie evaluiert werden. Das Internet-basierte Register mit Daten von geplanten 3 000 Patienten soll Aufschluss über den Krankheitsverlauf unter der Depot-Behandlung und über deren pharmakoökonomischen Wert erlauben.

Außerhalb klinischer Studien erleiden 50 % der Patienten mit einer Schizophrenie im ersten Behandlungsjahr ein Rezidiv, innerhalb von fünf Jahren sind es rund 80 %. Eine bedeutende Ursache ist die mangelnde Compliance, neben anderen Faktoren wie Problemen in der Familie und am Arbeitsplatz. Stärkster Prädiktor für das Absetzen der Therapie sind extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen. Vor diesem Hintergrund sollten atypische Neuroleptika mit einer geringeren EPS-Inzidenz eine bessere Langzeit-Wirksamkeit aufweisen. Tatsächlich hat eine Metaanalyse von elf Studien ergeben, dass die Rezidivprophylaxe mit neuen (atypischen) Antipsychotika erfolgreicher ist als mit konventionellen Neuroleptika (i. d. R. Haloperidol); die gepoolte Ein-Jahres-Rückfallrate sank von 23 % auf 15 %.

Dieses Ergebnis ist aber vermutlich noch verbesserungsfähig, denn nach verschiedenen Erhebungen ist die Therapietreue der Patienten auch beim Einsatz atypischer Neuroleptika nicht zufrieden stellend und nach einem Jahr ähnlich wie mit konventionellen Neuroleptika. Der Verbesserung der Compliance dient zum einen die Psychoedukation (des Patienten und/oder seiner Angehörigen). Eine weitere Compliance-sichernde Maßnahme ist der Einsatz von Depot-Neuroleptika. Unter den atypischen Neuroleptika existiert eine Depotform bislang nur für Risperidon (Risperdal® Consta®).

Die Depot-Behandlung mit Risperidon kann den Bedarf an stationärer Behandlung senken und so trotz höherer Kosten für das Neuroleptikum insgesamt zu deutlichen Kosteneinsparungen führen. Das ergab – für schwedische Verhältnisse – die Auswertung von Behandlungsdaten in Form einer Spiegelstudie. Dabei werden für jeden Patienten angemessene Zeiträume vor und nach Beginn der zu bewertenden Intervention ausgewertet, die Patienten dienen also als ihre eigene Kontrolle.

In der schwedischen Studie wurden Daten von 92 Patienten mit Schizophrenie oder schizoaffektiver Störung ausgewertet, die durchschnittlich 43 Monate mit der Depotform von Risperidon behandelt wurden. Verglichen wurde mit dem vorangegangenen Krankheitsverlauf über einen Zeitraum, der der individuellen Depot-Behandlungsdauer entsprach. In diesem Zeitraum waren 53 % der Patienten mindestens einmal stationär behandelt worden. Nach Beginn der Depot-Behandlung wurde nur bei 36 % der Patienten eine stationäre Behandlung erforderlich, das entspricht einer relativen Risikoreduktion von 33 %. Noch deutlicher war der Rückgang beim Anteil der Patienten, die zwei- oder dreimal stationär aufgenommen werden mussten. Die durchschnittliche stationäre Verweildauer sank unter der Depot-Behandlung von 85 Tagen auf 45 Tage. Die kumulative stationäre Behandlungsdauer sank von 6 635 Tagen auf 2 404 Tage während durchschnittlich 43 Monaten; daraus errechnete sich eine Abnahme der stationären Behandlungsdauer um 21 Tage pro Patient und Jahr (bezogen auf die mindestens einmal stationär behandelten Patienten).

Das LASER-Projekt

Um die rezidivprophylaktische Wirksamkeit der Depot-Behandlung mit Risperidon und ihre Kosteneffektivität unter realitätsnahen Bedingungen zu untersuchen, wurde in Deutschland im März 2004 das LASER-Projekt (Langzeitbehandlung schizophrener Patienten zur Rezidivprophylaxe) begonnen. Es handelt sich um ein Internet-basiertes Patientenregister, in dem die Behandlungsdaten von schizophrenen Patienten retrospektiv 12 Monate vor und prospektiv 24 Monate nach Beginn einer Risperidon-Depot-Behandlung dokumentiert und ausgewertet werden sollen. Zur Teilnahme aufgefordert sind niedergelassene Ärzte und Ambulanzen. Mit einem eigenen Login und Passwort erhalten sie Zugang zu den Eingabemasken des Registers.

Voraussetzung für die Aufnahme eines Patienten in das Register ist, dass innerhalb der letzten 14 Tage eine Depot-Behandlung mit Risperidon begonnen wurde. Retrospektiv für die letzten 12 Monate werden die Medikation und die Krankenhausaufenthalte erfasst. Prospektiv werden alle drei Monate Symptomatik, Rezidivhäufigkeit, klinischer Gesamteindruck (CGI), Funktionsniveau (GAF), Compliance und Krankenhausaufenthalte dokumentiert.

Die Auswertung erfolgt anonymisiert und soll unter anderem die Frage klären, ob unter der Therapie mit dem Depot-Präparat die Rezidivraten (weiter) verringert werden und ob bestimmte Patienten besonders von dieser Therapieform profitieren. Eine pharmakoökonomische Auswertung ist ebenfalls vorgesehen. Des Weiteren haben die teilnehmenden Ärzte die Möglichkeit, ihre eigenen Behandlungsdaten im Vergleich zur Gruppe auszuwerten und so beispielsweise anhand der Rückfalldaten Informationen über die eigene Behandlungsqualität zu erhalten.

Das LASER-Projekt wird in mehreren Ländern durchgeführt. In Deutschland sollen Daten von 3 000 Patienten gewonnen werden. In Australien und Spanien hat die Patientenaufnahme ebenfalls begonnen. Geplant oder in der Pilotphase ist das Projekt in Kanada, Großbritannien, Taiwan, Hongkong, den Niederlanden und den USA.

Quellen

Dr. med. Stefan Leucht, München, Prof. Dr. med. Dieter Naber, Hamburg, Pressekonferenz „Start des LASER-Projektes in der Schizophreniebehandlung: Mit Risperdal® Consta® Rezidiven wirksam vorbeugen“, Hamburg, 5. März 2004, veranstaltet von Janssen-Cilag.

Eriksson L, et al. Risperidon in Depotform reduziert signifikant die Notwendigkeit zur stationären psychiatrischen Behandlung. 42. Jahrestagung des American College of Neuropsychopharmacology, Puerto Rico, 7. bis 11. Dezember 2003 [Poster, deutsche Übersetzung].

Arzneimitteltherapie 2004; 22(07)