Chronische Hepatitis C

Therapie auch bei normalen Leberwerten


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Bettina Polk, Stuttgart

Mit der Kombination aus pegyliertem Interferon alfa-2a plus Ribavirin werden bei Patienten mit chronischer Hepatitis-C-Infektion und Leberwerten im Normbereich vergleichbare Viruseliminationsraten wie bei Patienten mit erhöhten Transaminasen erzielt. Die Therapie kann indiziert sein, da trotz vermeintlich normaler Leberwerte eine Leberschädigung entstehen kann oder auch um ein Übertragungsrisiko zu vermeiden, so Prof. Dr. Stefan Zeuzem bei einem Workshop der Firma Hoffmann-La Roche im Februar in Frankfurt.

Weltweit rechnet man mit einer Prävalenz der chronischen Hepatitis-C-Virusinfektion von 1 bis 3 %. Dabei zeigen einige Patienten persistierend normale Transaminasen-Werte. Inzwischen weiß man, dass auch bei „normalen“ ALT(Alaninaminotransferase)-Werten eine Leberschädigung vorliegen kann. Bisher war es Standard, diese Subgruppe nicht zu therapieren, in klinischen Studien waren diese Patienten ausgeschlossen.

In einer von der Firma Roche initiierten randomisierten, Plazebo-kontrollierten Multicenterstudie wurden Patienten mit chronischer Hepatitis C (Nachweis von Anti-HCV-Antikörpern und HCV-RNS) und dauerhaft normalen ALT-Werten mit Peginterferon alfa-2a (Pegasys®) in Kombination mit Ribavirin (z. B. Copegus®) oder Plazebo behandelt:

  • 212 Patienten bekamen 180 µg Peginterferon alfa-2a einmal pro Woche plus 800 mg Ribavirin einmal täglich für 24 Wochen.
  • 210 Patienten bekamen das gleiche Therapieschema für 48 Wochen.
  • 69 Patienten bekamen Plazebo.

Alle Patienten wurden 72 Wochen beobachtet. Zielkriterien waren der Anteil der Patienten, bei denen man eine Viruseradikation erreichte, und die Verträglichkeit der Therapie.

Das Virus konnte bei 30 % der Patienten, die 24 Wochen therapiert wurden, und bei 52 % der Patienten, die 48 Wochen therapiert wurden, dauerhaft eliminiert werden. Dagegen hatte kein Patient in der Plazebo-Gruppe das Virus spontan eliminiert.

Patienten, die mit dem Genotyp 1 infiziert sind, sprechen bekanntermaßen schlechter auf eine Therapie an. In dieser Studie erreichten bei den Genotyp-1-Infizierten (n = 285) 13 % der Patienten in der 24-Wochen-Gruppe eine dauerhafte Elimination und 40 % in der 48-Wochen-Gruppe. Dass Patienten mit HCV-1-Infektion besser auf eine längere Therapie ansprechen, kennt man von Patienten mit erhöhten Leberwerten. Die Genotyp-1-Infizierten profitieren außerdem von einer höheren Ribavirin-Dosis (1000– 1 200 mg/Tag), man kennt Eliminationsraten von Patienten mit erhöhten Leberwerten von etwa 51 %.

Bei den Genotypen 2 und 3 lagen die Eliminationsraten bei 72 % für die kürzere Therapie und bei 78 % für die längere Therapie, das liegt im Bereich dessen, was man von Patienten mit erhöhten Leberwerten kennt.

Häufigste Nebenwirkungen waren Fatigue, Kopfschmerzen, Myalgien, Fieber und Schlaflosigkeit (Tab. 1). Außerdem gab es im Vorfeld die Befürchtung, dass es bei Patienten mit normalen ALT-Werten durch die Interferon-Therapie zu einem Anstieg der ALT-Werte kommt. Die Studienergebnisse konnten diese Befürchtung nicht bestätigen:

  • Bei den Respondern kam es sogar zu einem Absinken der ALT-Werte vom oberen in den „gesunden“ Normbereich.
  • Bei den Non-Respondern blieben die ALT-Werte gleich.
  • Bei den Rückfall-Patienten stiegen die ALT-Werte kurzfristig nach dem Rückfall und gingen dann auf die Ausgangswerte zurück.

Insgesamt zeigt die Studie also vergleichbare Ansprechraten auf eine Interferon-Ribavirin-Therapie bei Hepatitis-C-Patienten mit normalen und bei Patienten mit erhöhten ALT-Werten. Die Indikation zur Therapie bei der Subgruppe der Hepatitis-C-Inifizierten mit normalen ALT-Werten wird bestimmt von folgenden Faktoren:

  • Chance auf Eradikation
  • Symptomatik
  • Histologie
  • Vermutete Progressionsgeschwindigkeit
  • Übertragungsrisiko

Die Faktoren sollten individuell abgewogen werden, dabei spielt auch die aktuelle persönliche Situation des Betroffenen eine Rolle (z. B. beruflicher Stress).

In Zukunft sollten „normale“ Leberwerte auf jeden Fall kein Grund für einen Therapieausschluss sein, zumal die Definition des Normbereichs nach heutiger Kenntnis sehr großzügig ist. Pegyliertes Interferon alfa-2a ist in den USA bereits auch bei nicht erhöhten ALT-Werten zugelassen, in Europa erwartet die Firma Hoffmann-La Roche die Zulassung Ende 2004.

Quelle

Prof. Dr. med. Stefan Zeuzem, Homburg/Saar. Journalisten-Workshop „Bedeutung der Transaminasen für die Entscheidung zur Therapie“, Frankfurt, 20. Februar 2004, veranstaltet von Hoffmann-La Roche AG.

Tab. 1. Unerwünschte Wirkungen unter Peginterferon alfa-2a 180 µg/Woche und Ribavirin (800 mg/Tag) im Vergleich zu Plazebo bei Patienten mit chronischer Hepatitis C und normalen Leberwerten

Verum [%]

24 Wo. 48 Wo.

Plazebo [%]

Fatigue

51

51

17

Kopfschmerz

44

56

7

Myalgie

38

44

7

Fieber

30

43

3

Schlaflosigkeit

35

36

7

Nausea

32

40

1

Depression

26

27

6

Gereiztheit

27

26

1

Alopezie

20

28

0

Asthenien

22

23

10

Hautjucken

16

20

1

Arzneimitteltherapie 2004; 22(07)