Peter Stiefelhagen, Hachenburg
Tab. 1. Abheilungsrate von gastroduodenalen Ulzera in Abhängigkeit vom Erfolg einer H.-pylori-Eradikation
Ulcus Ulcus ventriculi duodeni |
||
Eradikation erfolgreich |
87,5 % |
94,5 % |
Eradikation erfolglos |
72,5 % p < 0,01 |
75,6 % p < 0,0001 |
Gastroduodenale Ulzera
Mit der Entdeckung von Helicobacter pylori sind die Vorstellungen zur Pathogenese verschiedener Magenerkrankungen revolutioniert worden. Angesichts der überwältigenden Datenlage ist die Rolle von Helicobacter pylori für die Pathogenese gastroduodenaler Ulzera und somit die Bedeutung der Eradikation dieses Bakteriums sowohl für die Abheilung als auch für die Rezidivprophylaxe heute unbestritten.
Bis zu 95 % aller Patienten mit einem Ulcus duodeni und bis zu 75 % aller Patienten mit einem Ulcus ventriculi sind Helicobacter-pylori-positiv. Während durch die alleinige Gabe eines säure-supprimierenden Arzneimittels eine Abheilungsrate von etwa 75 % erreicht wird, kann diese durch die Eradikation des Helicobacter pylori auf über 90 % gesteigert werden (Tab. 1).
Noch überzeugender sind die Daten für die Rezidivprophylaxe. Durch eine Eradikationsbehandlung kann das Rezidivrisiko sowohl beim Ulcus ventriculi als auch beim Ulcus duodeni von etwa 60 % auf unter 10% gesenkt werden. Bei einem Teil der Patienten, die trotz Eradikation ein Ulkus-Rezidiv entwickeln, dürften nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) eine Rolle spielen. Außerdem müssen bei Patienten mit rezidivierenden Ulzera andere Erkrankungen wie Morbus Crohn, ein Malignom oder ein Zollinger Ellison- Syndrom diskutiert werden.
Atrophische Gastritis
Die atrophische Gastritis ist eine gesicherte Indikation für die Eradikation. Bei Vorliegen einer Gastritis kommt es zu einer Schleimhautatrophie im Antrum und Korpus und somit zu einer Verminderung sowohl der Gastrin- als auch der Säuresekretion. Folge ist eine Ausbreitung der Helicobacter-pylori-Infektion nach proximal, was mit einem erhöhten Zellturnover, der Entstehung einer intestinalen Metaplasie und einer bakteriellen Besiedlung des Magens verbunden ist. Dabei entstehen vermehrt Nitrosamine und freie Radikale und auch der Vitamin-C-Gehalt des Magensafts wird vermindert. Dies sind Faktoren, die letztendlich zu einem Ulcus ventriculi oder einem Magenkarzinom führen können. Dabei korreliert das Risiko für die Entstehung eines Magenkarzinoms mit dem Grad der atrophischen Gastritis, dem Vorliegen einer Korpus-prädominanten Gastritis und dem Nachweis einer intestinalen Metaplasie. Deshalb wurde von der WHO Helicobacter pylori als Klasse-I-Karzinogen und die atrophische Gastritis als Präkanzerose bewertet. Somit gilt die atrophische Gastritis ebenso wie ein Zustand nach Mukosa-Resektion wegen eines Magen-Frühkarzinoms als unumstrittene Indikationen für eine Eradikation (Tab. 2).
Auch erstgradige Verwandte von Patienten mit Magenkarzinomen sollten aufgrund einer zwischenzeitlich bekannten genetischen Prädisposition auf Helicobacter pylori untersucht und durch eine Eradikation behandelt werden.
Ein generelles Screening der Gesamtbevölkerung unter dem Aspekt der Karzinom-Prophylaxe ist dagegen weder ökonomisch sinnvoll noch praktisch durchführbar.
MALT-Lymphome
Die monoklonale Expansion und maligne Transformation von B-Lymphozyten aus MALT-Gewebe (mucosa associated lymphoid tissue) führt zu malignen gastrointestinalen Lymphomen, die vor allem im Magen, seltener im Dünndarm oder Kolon auftreten. Die Lymphomzellen solcher niedrig malignen MALT-Lymphome sind durch Antigene des Helicobacter pylori stimulierbar. Dies ist die Rationale für die Eradikationstherapie bei solchen Tumoren. In bestimmten Situationen ist eine Behandlung durch die alleinige Eradikation von Helicobacter pylori möglich, und zwar dann, wenn es sich um ein Stadium E I handelt, also ein auf die Magenwand begrenztes Lymphom. Die Behandlung solcher MALT-Lymphome sollte jedoch nur im Rahmen von Studien erfolgen, da regelmäßige endoskopische Kontrollen bis zur Vollremission erforderlich sind. Wird eine solche Vollremission nicht erreicht, müssen andere Therapieoptionen eingesetzt werden.
Funktionelle Dyspepsie
Zum Nutzen einer Helicobacter-pylori-Eradikation bei Patienten mit einer funktionellen Dyspepsie kamen zwei publizierte Metaanalysen zu gegensätzlichen Aussagen. Einmal konnte ein signifikanter Vorteil von 9 % zu Gunsten der Eradikation dokumentiert werden. Die andere Metaanalyse zeigte allerdings keinen signifikanten Unterschied im Hinblick auf die Beschwerden, unabhängig davon ob eine Eradikation durchgeführt wurde oder nicht. Deshalb nimmt man an, dass nur eine bestimmte Subgruppe, die bisher jedoch vor der Therapie nicht identifizierbar ist, von einer Eradikation profitiert. Somit gibt es Befürworter und Kritiker einer solchen Therapie. Allerdings sollte man bedenken, dass andere Therapiestrategien mit Säuresuppression, Prokinetika oder Antidepressiva auch nicht effektiver wirken und es sich dabei meist um eine teure medikamentöse Dauertherapie handelt. Außerdem kann durch eine Eradikationsbehandlung die Entstehung einer atrophischen Gastritis und somit eines Magenkarzinoms oder eines gastroduodenalen Ulcus verhindert werden.
Refluxkrankheit
Zur Eradikation bei gastro-ösophagealer Refluxkrankheit gibt es kontroverse Meinungen. Die Helicobacter pylori Eradikation ist weder mit einer vermehrten Erstmanifestation noch mit einer erhöhten Rezidivrate der gastro-ösophagealen Refluxkrankheit verbunden. Deshalb ist bei Patienten mit Refluxkrankheit eine Eradikationsbehandlung durchaus sinnvoll, wenn eine entsprechende Indikation gegeben ist.
Helicobacter pylori und NSAR
Das Zusammenwirken von Helicobacter pylori und NSAR ist komplex und bisher nicht vollständig aufgeklärt. Es dürfte sich um zwei additive und voneinander unabhängige Risikofaktoren für die Ulkus-Entstehung oder -Blutung handeln. Nach der derzeitigen Studienlage dürfte jedoch die Eradikation vor Beginn einer NSAR-Therapie die Inzidenz neuer Ulzera reduzieren. Sie ist allerdings nicht in der Lage, die Entstehung neuer Ulzera unter einer fortlaufenden NSAR-Therapie zu verhindern. Hier ist die Gabe eines Protonenpumpenhemmers unverzichtbar. Unter einer niedrig dosierten Acetylsalicylsäure-Medikation ist die Eradikation im Hinblick auf die Verhinderung neuer Ulzera vergleichbar mit einer Protonenpumpenhemmer-Dauertherapie.
Durchführung einer Eradikationstherapie
Für die einwöchige Standard-Dreifachtherapie werden zwei verschiedene Schemata empfohlen (Tab. 2). Die Entscheidung, welches der beiden primär bevorzugt wird, sollte von folgenden Faktoren abhängig gemacht werden:
- Vortherapie
- Bekannte Antibiotika-Allergien
- Primäre Resistenzlage in der Region
Durch die genannten Dreifachtherapien können Eradikationsraten zwischen 75 und 90 % erreicht werden. Bei bekannter oder zu erwartender Clarithromycin-Resistenz sollte schon primär oder bei Therapieversagen sekundär auf eine Vierfachtherapie ausgewichen werden (Tab. 3). Bei Clarithromycin- und Metronidazol-Resistenz empfiehlt sich eine Hochdosis-Therapie mit zweimal 1 000 mg Amoxicillin in Kombination mit einem Protonenpumpenhemmer in doppelter Standarddosierung zweimal täglich.
Quelle
Dr. med. M. Schuster, Esslingen, „Nutzen der Helicobacter-Eradikation“. X. Gasteroenterologie-Seminarwoche, Titisee, 7. Februar 2004.
Dr. med. Peter Stiefelhagen, DRK-Krankenhaus Westerwald, 57627 Hachenburg, E-Mail: PDrstiefel@aol.com
Tab. 2. Zusammenhang zwischen H.-pylori-Status, gastroduodenaler Ulkuskrankheit und Entstehung eines Magenkarzinoms [nach Uemura et al.]
Endoskopiebefund |
H.-pylori- |
Patienten |
Magenkarzinom [n (%)] |
p-Wert |
Ulcus duodeni |
Positiv |
275 |
0 |
|
Unauffällig („funktionelle Dyspepsie“) |
Negativ Positiv |
280 445 |
0 21 (4,7 %) |
< 0,001 |
Ulcus ventriculi |
Positiv |
297 |
10 (3,4 %) |
0,002 |
Tab. 3. Primär- und Sekundärtherapie zur Eradikationsbehandlung von Helicobacter pylori (PPI = ProtonenpumpenInhibitor)
Dreifachtherapie über 7 Tage |
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Behandlung |
PPI-A-C – Amoxicillin 1000 mg 2x täglich – Clarithromycin 500 mg 2x täglich |
PPI-M-C – PPI 2x täglich – Clarithromycin 500 mg 2x täglich – Metronidazol 500 mg 2x täglich |
Erfolg |
90 % |
90 % (bei Metronidazol-sensiblen Stämmen) 75 % (bei Metronidazol-resistenten Stämmen) |
Vierfachtherapie über 7 Tage |
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Behandlung |
– Protonenpumpenhemmer 2x täglich – Bismutsubcitrat 120 mg 4x täglich – Metronidazol 500 mg 3x täglich – Tetracyclin 500 mg 4x täglich |
Arzneimitteltherapie 2004; 22(09)