Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg
Physiologisch werden etwa 60 bis 70 % der filtrierten Natriumionen im proximalen Tubulus, 20 bis 25 % in der Henle-Schleife, 5 bis 10 % im distalen Tubulus und etwa 3 % im Sammelrohr rückresorbiert. Ist die Homöostase gestört, ergeben sich gravierende Abweichungen. Besteht beispielsweise bei einem Patienten ein Flüssigkeitsdefizit oder ein Volumenmangel, so steigt die Natriumrückresorption im proximalen Tubulus. Dann können Schleifendiuretika nicht ihre volle Wirkung entfalten, da sie an der weiter distal gelegenen Henle-Schleife angreifen.
In solchen Situationen ist es sinnvoll, verschiedene Diuretika zu kombinieren, zum Beispiel ein Schleifendiuretikum mit einem Carboanhydrase-Hemmer, der am proximalen Tubulus angreift. Ähnliches gilt für Thiazide, die ebenfalls die Natriumreabsorption vorwiegend im distalen Tubulus hemmen. Sie haben aber auch einen proximal-tubulären Angriffspunkt, der nur in Verbindung mit Schleifendiuretika zum Tragen kommt. Auch die Kalium-sparenden Diuretika entfalten ihre Wirkung am distalen Tubulus und am Beginn des Sammelrohrs.
Dieses Prinzip der sequenziellen Nephronblockade hat sich im klinischen Alltag bewährt, die Rückresorptionsleistung in der Henle-Schleife und im distalen Tubulus ist um so höher und die diuretische Wirkung der dort angreifenden Substanzen um so ausgeprägter, je mehr Natriumionen die jeweils proximal gelegenen Segmente passieren. Durch eine lang dauernde Schleifendiuretika-Therapie kommt es auch zu einer Hypertrophie der distalen Tubusluszellen, was die diuretische Wirkung des Schleifendiuretikums massiv reduziert. In solchen Situationen kann durch die zusätzliche Gabe eines Thiazid-Diuretikums die Natriurese stark gesteigert werden.
Bei einer solchen Kombinationstherapie müssen jedoch potenzielle Nebenwirkungen berücksichtigt werden wie eine Hyponatriämie oder Hypokaliämie. Gerade Letztere ist von großer klinischer Bedeutung, da sie zu lebensbedrohlichen Arrhythmien führen kann. Dies ist auch zu berücksichtigen, wenn Diuretika als blutdrucksenkende Therapie eingesetzt werden, denn der positive Effekt der Blutdruckreduktion kann durch die Zunahme kardialer Komplikationen zunichte gemacht werden. Deshalb empfiehlt sich eine Kombinationstherapie mit einem Kalium-sparenden Diuretikum bei Patienten mit normaler Nierenfunktion insbesondere dann, wenn eine Herzinsuffizienz vorliegt. Bei zusätzlicher Gabe eines ACE-Hemmers kann jedoch vor allem bei gleichzeitiger Nierenfunktionsstörung eine Hyperkaliämie auftreten.
Quelle
Mayer G. Rationelle Diuretika-Kombinationen. 110. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, Wiesbaden, 21. April 2004.
Arzneimitteltherapie 2004; 22(09)