Koronarstents

Keine Folsäure-Therapie nach Stentimplantation


Susanne Wasielewski, Münster

Die Gabe von Folsäure, Vitamin B6 und B12 nach Implantation eines Koronarstents senkte zwar den Homocystein-Plasmaspiegel, aber nicht das Restenose-Risiko. Der minimale Lumendurchmesser war nach 6 Monaten geringer und die Restenose- und Revaskularisationsrate höher als mit Plazebo.

Im Tierversuch fördert ein hoher Homocystein-Spiegel den Restenose-Prozess nach Koronarangioplastie. Ein hoher Homocystein-Plasmaspiegel wird als Risikofaktor für die koronare Herzkrankheit angesehen. Er kann durch Folsäure-Supplementierung behandelt werden.

In der Swiss Heart Study wurde die Restenose-Rate bei Patienten, die sich einer Koronarangioplastie unterzogen hatten, durch Behandlung mit Folsäure, Vitamin B6 und B12 (zusammen als Folsäure-Therapie bezeichnet) signifikant reduziert. In der Schweizer Studie hatte allerdings nur rund die Hälfte der Patienten einen Koronarstent erhalten, der heute als Standardtherapie gilt. In einer deutsch-niederländischen Studie wurde daraufhin die Wirksamkeit der Folsäure-Therapie als Schutz vor Restenosen nach erfolgreicher Stentimplantation untersucht.

An der randomisierten Doppelblindstudie an zwei Zentren in Bremen und Zwolle nahmen 636 Patienten nach erfolgreicher Koronarstent-Implantation teil. Erfolgreich bedeutete, dass die Rest-Stenose unter 20 % lag und innerhalb von 48 Stunden nach dem Eingriff kein Verschluss auftrat. Die Patienten bekamen nach der Stentimplantation entweder eine Folsäure-Therapie oder Plazebo. Die Folsäure-Therapie bestand aus einer intravenösen Bolusinjektion von 1 mg Folsäure, 5 mg Vitamin B6 und 1 mg Vitamin B12, gefolgt von einer 6-monatigen täglichen oralen Einnahme von 1,2 mg Folsäure, 48 mg Vitamin B6 und 60 µg Vitamin B12.

Zu Beginn, direkt nach Stentimplantation und 6 Monate später wurden quantitative Koronarangiographien durchgeführt. Primärer angiographischer Endpunkt war der minimale Lumendurchmesser der Zielläsion nach 6 Monaten. Sekundäre Endpunkte waren der späte Lumenverlust (Differenz aus den minimalen Lumendurchmessern direkt nach und 6 Monate nach Stentimplantation) und die Restenose (Stenose von über 50 % des Lumendurchmessers). Primäre klinische Endpunkte waren Ereignisse im Zusammenhang mit Restenosen: Herztod, Herzinfarkt im Zielgefäß und Revaskularisation im Zielgefäß.

636 Patienten nahmen teil, 316 bekamen die Folsäure-Therapie, 320 Plazebo. Die Patienten waren im Durchschnitt 61 Jahre alt. Knapp ein Viertel waren Frauen. Die Analyse klinischer Endpunkte erfasste alle Patienten, die Analyse angiographischer Endpunkte diejenigen mit angiographischer Schlussuntersuchung (483 Patienten). 91 Patienten (14 %) hatten die Therapie vorzeitig abgebrochen (42 Folsäure, 49 Plazebo), 60 hatten die Schluss-Angiographie verweigert und 2 waren verstorben.

Der Homocystein-Plasmaspiegel sank in der Folsäure-Gruppe signifikant von 12,2 µmol/l auf 9,0 µmol/l nach 6 Monaten, während er in der Plazebo-Gruppe konstant blieb.

Nach 6-monatiger Folsäure-Therapie war der minimale Lumendurchmesser im Durchschnitt signifikant kleiner als nach Plazebo-Therapie (Tab. 1). Gleichzeitig war der späte Lumenverlust mit Folsäure signifikant größer als mit Plazebo. Die Restenoserate lag mit 34,5 % signifikant höher als in der Plazebo-Gruppe mit 26,5 %. Allerdings stieg die Restenoserate nicht in allen Untergruppen. In einzelnen Untergruppen – bei Frauen, Diabetikern und Patienten mit einem Homocystein-Ausgangswert ≥ 15 µmol/l – sank das Restenoserisiko unter Folsäure-Therapie nicht signifikant.

In beiden Gruppen starb jeweils ein Patient. Drei Patienten der Folsäure-Gruppe und zwei der Plazebo-Gruppe erlitten einen Herzinfarkt im Zielgefäß. Erneute Revaskularisationsmaßnahmen waren bei 50 mit Folsäure Behandelten (15,8 %) und 34 mit Plazebo Behandelten (10,6 %) erforderlich. Der Unterschied war signifikant (p = 0,05).

Dieser Studie zufolge senkt eine Folsäure-Therapie nach Implantation eines Koronarstents zwar einen erhöhten Homocystein-Plsamaspiegel, steigert aber gleichzeitig das Restenoserisiko. Unterschiede zur Swiss Heart Study waren:

  • Höhere Dosen, insbesondere von Vitamin B6
  • Stentimplantation bei allen Patienten
  • Höhere Homocystein-Spiegel
  • Unterschiede bei den Grunderkrankungen und Begleitmedikationen

Eine Folsäure-Gabe nach Stentimplantation kann demnach nicht generell empfohlen werden.

Quellen

Lange H, et al. Folate therapy and in-stent restenosis after coronary stenting. N Engl J Med 2004;350:2673-81.

Herrmann HC. Prevention of cardiovascular events after percutaneous coronary intervention. N Engl J Med 2004;350:2708-10.

Tab. 1. Angiographische Ergebnisse nach Stentimplantation für 521 Läsionen bei 483 Patienten

Folsäure-Gruppe

Plazebo-Gruppe

Minimaler Lumendurchmesser [mm]:

– Vor Stentimplantation

0,94

0,98

– Nach Stentimplantation

2,50

2,50

– Bei der Schlussuntersu-
chung

1,59

1,74

Später Lumenverlust
[mm]

0,90

0,76

Zahl der Läsionen mit Restenose

91 (34,5 %)

68 (26,5 %)

Arzneimitteltherapie 2004; 22(11)