Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg
Von einer spontanen bakteriellen Peritonitis spricht man, wenn eine Verletzung der Integrität oder eine direkte Infektion eines intraabdominellen Organs als Ursache einer Peritonitis ausgeschlossen ist. Eine solche primäre Peritonitis entwickelt sich meist auf dem Boden einer portalen Hypertension bei Patienten mit Leberzirrhose und Aszites.
Die Pathogenese ist multifaktoriell, wobei die Invasion von Darmerregern bei bakterieller Fehlbesiedlung des Darms und gestörten Abwehrmechanismen eine wichtige Rolle spielt. Aber auch eine unkontrollierte Bakteriämie als Folge einer herabgesetzten Clearance von Bakterien bei Patienten mit Leberzirrhose kann zu einer Infektion des Aszites auf hämatogenem Wege führen. Dazu kommt, dass portosystemische Shunts Blut aus dem Darm an der Leber als natürlichem Filter vorbeileiten, so dass Erreger aus dem Respirations- oder Urogenitaltrakt direkt auf dem Blutweg den Aszites besiedeln können.
Die klinischen Symptome sind oft blande, da die Entzündungsreaktion
bei Patienten mit Leberzirrhose durch vielerlei Mediatoren supprimiert wird. Typische Symptome, die auf eine spontane bakterielle Peritonitis hinweisen können, sind subfebrile Temperaturen, eine geringe Erhöhung der Entzündungsparameter, eine Verschlechterung einer bestehenden hepatischen Enzephalopathie, ein Abfall der Thrombozyten und eine Verschlechterung der Leber- und Nierenfunktion.
Gesichert wird die Diagnose durch eine Aszitespunktion. Granulozyten > 250/µl im Aszites weisen auf eine spontane bakterielle Peritonitis hin. Die Glucose-Konzentration im Aszites ist vermindert, der Lactatgehalt und der LDH-Spiegel sind erhöht. Es sollte immer eine mikrobiologische Diagnostik veranlasst werden. Die häufigsten Erreger sind Escherichia coli, gefolgt von Streptokokken, Pneumokokken und Klebsiellen. Seltener sind Enterokokken und Anaerobier.
Therapeutisch sind Cephalosporine der Gruppe 3a Mittel der ersten Wahl (1 x 2 g Ceftriaxon i. v./Tag, 3 x 2 g Cefotaxim i. v./Tag). Als Alternative können Ampicillin-Betalactamase-HemmerKombinationen (3 x 2,2 g Amoxicillin/Clavulansäure i. v. Tag oder 3 x 3 g Ampicillin/Sulbactam i. v./Tag) oder Fluorchinolone der Gruppe 2/3 (2 x 400 mg Ciprofloxacin i. v./Tag, 2 x 500 mg Levofloxacin i. v./Tag) gegeben werden. Bei gutem Ansprechen kann die Therapie bereits nach 5 Tagen abgesetzt werden. Aminoglykoside sollten wegen des Risikos einer Verschlechterung der Nierenfunktion und der Entstehung eines hepatorenalen Syndroms nicht eingesetzt werden.
Die Prognose der spontanen bakteriellen Peritonitis ist mit einer Krankenhausletalität von 20 % ungünstig. Die häufigsten Komplikationen sind das hepatorenale Syndrom und die Ösophagusvarizenblutung. Durch die Substitution von Albumin (1–1,5 g/kg Körpergewicht) kann das Risiko eines hepatorenalen Syndroms vermindert und die Prognose verbessert werden. Wegen des hohen Rezidivrisikos (ca. 70 %/Jahr) sollte bei Patienten, die eine spontane bakterielle Peritonitis überlebt haben, immer eine Lebertransplantation erwogen werden. Eine langfristige Antibiotika-Prophylaxe wird nur bei häufigen Rezidiven und bei Patienten vor einer geplanten Lebertransplantation empfohlen. Bei Endoskopien oder Blutungen sollte jedoch eine kurzfristige Antibiotika-Prophylaxe mit Ceftriaxon oder Amoxicillin/Betalactamase-Inhibitor durchgeführt werden.
Quelle
Glück T. Spontane bakterielle Peritonitis. 1. Potsdamer Gasteroenterologisches Seminar, Potsdam, 10. September 2004.
Arzneimitteltherapie 2005; 23(02)