Mikroalbuminurie

Irbesartan reduziert Eiweißausscheidung im Urin


Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Der Nachweis einer Mikroalbuminurie ist ein wichtiger Indikator für eine beginnende Nephropathie bei Hypertonikern und Diabetikern und ein Indikator für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko. Für den Angiotensin-Rezeptorantagonisten Irbesartan (Aprovel®, Karvea®) ist belegt, dass er eine von der Blutdrucksenkung unabhängige nephroprotektive Wirkung hat, wie auf einer von den Firmen Bristol-Myers Squibb und Sanofi-Synthelabo veranstalteten Pressekonferenz berichtet wurde.

Bei Menschen mit intakter Nierenfunktion erscheinen keine Proteine im Urin. Bei einer hypertensiven oder diabetischen Nephropathie kommt es zu einer nachweisbaren Albumin-Ausscheidung. Werden mehr als 20 mg/l Albumin ausgeschieden, so spricht man von einer Mikroalbuminurie. Eine solche ist Ausdruck einer beginnenden hypertensiven oder diabetischen Nierenschädigung und ein zuverlässiger Indikator dafür, dass auch in anderen Organsystemen eine endotheliale Schädigung eingetreten ist und somit ein deutlich erhöhtes kardiovaskuläres Risiko vorliegt.

Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Verdopplung der Albumin-Ausscheidung im Urin das kardiovaskuläre Risiko verdoppelt. Dabei erwies sich die Mikroalbuminurie als ein eigenständiger Risikofaktor mit einem sehr hohen Vorhersagewert. Vom Zeitpunkt der Manifestation einer Mikroalbuminurie bis zur terminalen Niereninsuffizienz vergehen im Durchschnitt etwa 7 Jahre. Deshalb empfiehlt es sich, bei allen Hypertonikern und Diabetikern in jährlichen Abständen auf eine Mikroalbuminurie hin zu testen. Der Nachweis einer Mikroalbuminurie sollte immer ein Anlass sein, nach einer bereits vorliegenden koronaren Herzkrankheit zu fahnden und die Stoffwechsel- und Hochdruckbehandlung zu optimieren.

Bei Patienten mit einer Mikroalbuminurie sind Angiotensin-Rezeptorantagonisten Medikamente der Wahl. Vorrangiges Ziel der Behandlung ist es, die Entstehung oder die Progression der Nephropathie aufzuhalten. Dazu bedarf es Antihypertensiva, die nicht nur den Blutdruck senken, sondern darüber hinaus auch nephroprotektive Wirkungen entfalten. Mit dem PRIME-Programm (Program for irbesartan morbidity and mortality evaluations) konnte gezeigt werden, dass der Angiotensin-Rezeptorantagonist Irbesartan (Aprovel®, Karvea®) zur Prävention oder zur Verzögerung der Progression der diabetischen Nephropathie beitragen kann.

Zum PRIME-Programm gehören die IRMA-II-Studie (Study of the effects of irbesartan on microalbuminuria in hypertensive patients with Type-II-Diabetes) und die IBNT-Studie (The irbessartan diabetic nephropathy trial). In der IRMA-II-Studie wurden 590 hypertone Diabetiker mit nachgewiesener Mikroalbuminurie randomisiert und doppelblind zusätzlich zur antihypertensiven Standardtherapie entweder mit 150 oder 300 mg Irbesartan oder der Standardtherapie behandelt. In allen Studien wurde der gleiche Zielblutdruck (< 135/85 mm Hg) angestrebt. Endpunkt der Studie war die Zeit, in der sich eine Progression zur diabetischen Nephropathie zeigte, das heißt das Auftreten einer Albuminurie (> 200 mg/l) mit einem Anstieg von mindestens 30 % gegenüber dem Ausgangswert. Während in der Kontrollgruppe 30 Patienten (14,9 %) diesen Endpunkt erreichten, waren es in der Behandlungsgruppe mit 150 mg Irbesartan nur 19 Patienten (9,7 %) und in der Patienten-Gruppe mit 300 mg Irbesartan sogar nur 10 Patienten (5,2 %). Somit konnte das relative Risiko für den Endpunkt durch 300 mg Irbesartan um 70 % reduziert werden (p < 0,001). Dieser Effekt wurde unabhängig von der Blutdrucksenkung erreicht. Während die Albumin-Ausscheidung in der Gruppe mit 150 mg Irbesartan relativ um 24 % und in der Gruppe mit 300 mg Irbesartan um relativ 38 % abnahm, fand sich in der Kontrollgruppe nur ein Abfall von 2 %.

In der IDNT-Studie wurde Irbesartan mit einem Calciumantagonisten und einer Kontrollgruppe randomisiert verglichen, und zwar bei 1 715 Patienten mit einem Typ-2-Diabetes, arterieller Hypertonie, ausgeprägter Proteinurie (> 900 mg/Tag) und normalen bis erhöhten Creatinin-Werten. In der Kontrollgruppe konnten alle Antihypertensiva außer ACE-Hemmern, Angiotensin-Rezeptorantagonisten und Calciumantagonisten eingesetzt werden. Als kombinierter primärer Endpunkt der Studie wurde die Verdopplung des Serum-Creatinin-Werts, das Auftreten einer terminalen Niereninsuffizienz und die Gesamtmortalität festgelegt. Als sekundäre Endpunkte galten tödliche oder nicht tödliche kardiovaskuläre Zwischenfälle.

Im Vergleich zum Calciumantagonisten konnte durch Irbesartan die Häufigkeit des primären Endpunkts um relativ 23 % (p = 0,006) und im Vergleich zur Kontrollgruppe um relativ 20 % (p = 0,02) reduziert werden. Bei der Verdopplung des Serum-Creatinin-Werts fand sich eine relativ 33 %ige Risikoreduktion gegenüber der Kontrollgruppe (p = 0,003) und eine relativ 37 %ige Risikoreduktion gegenüber der Calciumantagonisten-Gruppe (p < 0,001). Unter Irbesartan wurden außerdem eine signifikante Abnahme der Proteinurie und ein Trend zu einer Abnahme der kardiovaskulären Ereignisrate im Vergleich zum Calciumantagonisten dokumentiert.

Quellen

Weber M. Evolving treatment strategies for cardiovascular protection: Beyond the current therapy, Pressegespräch veranstaltet von den Firmen Bristol-Myers Squibb und Sanofi-Synthelabo im Rahmen des Europäischen Kardiologen-Kongresses, München, 31. August 2004.

Parving HH, Lehnert H, Brochner-Mortensen J, et al. The effect of irbesartan on the development of diabetic nephropathy in patients with type 2 diabetes. N Engl J Med 2001;345:870–8.

Lewis EJ, Hunsicker LG, Clarke WR, et al. Renoprotective effect of the angiotensin-receptor antagonist irbesartan in patients with nephropathy due to type 2 diabetes. N Engl J Med 2001;345:851–60.

Arzneimitteltherapie 2005; 23(05)