Hormonrefraktäres Prostatakarzinom

Optimierung der Therapie mit Docetaxel?


Dr. Annemarie Musch, Stuttgart

Verschiedene Veränderungen der Therapie von Patienten mit hormonrefraktärem metastasiertem Prostatakarzinom mit Docetaxel (Taxotere®) könnten diese Therapie verträglicher und wirksamer machen. Gute Ergebnisse und Trends zeichnen sich so beispielsweise bei einer intermittierenden Gabe des Wirkstoffs oder einer Kombination mit Vitamin D3 ab. Aktuelle Daten von der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO 2005) präsentierte die Firma sanofi aventis bei einem Pressegespräch.

Das Prostatakarzinom ist der häufigste maligne Tumor bei Männern in Deutschland. Zur medikamentösen Therapie stehen die Hormonbehandlung (Androgendepletion) und vor allem bei Nichtansprechen auf eine Hormonbehandlung die Chemotherapie zur Verfügung. Seit Oktober 2004 ist Docetaxel (Taxotere®) zur Behandlung des androgenunabhängigen/hormonrefraktären metastasierten Prostatakarzinoms in Kombination mit Prednison zugelassen.

In einer randomisierten Phase-III-Studie (TAX 327) mit 1 006 Patienten mit hormonrefraktärem metastasiertem Prostatakarzinom konnte beispielsweise gezeigt werden, dass die Kombinationstherapie mit Docetaxel (75 mg/m2 Körperoberfläche jede dritte Woche, zehn Zyklen) und Prednison (z. B. Decortin®, 5 mg oral täglich) der Therapie mit Mitoxantron (z. B. Novantron®, 12 mg/m2 KO jede dritte Woche, zehn Zyklen), ebenfalls plus Prednison, deutlich überlegen ist. Die Gesamtüberlebenszeit der Patienten – primärer Studienendpunkt – war bei der Therapie mit Docetaxel gegenüber der Therapie mit Mitoxantron signifikant verlängert (18,9 versus 16,5 Monate, p = 0,0094, mediane Nachbeobachtungszeit von 20,8 und 20,7 Monaten). Nebenwirkungen traten allerdings häufiger mit Docetaxel auf. Die wöchentliche Applikation von Docetaxel (30 mg/m2 KO in den ersten fünf Wochen, eine Woche Pause, fünf Zyklen) zeigte keine signifikante Verbesserung der Gesamtüberlebenszeit der Patienten.

In einer Metaanalyse wurden nun drei Phase-III-Studien ausgewertet, um den Effekt der Kombinationstherapie mit Docetaxel plus Prednison im Vergleich zu einer Kombination von Mitoxantron und Prednison auf das Gesamtüberleben von Patienten mit hormonrefraktärem metastasiertem Prostatakarzinom zu verschiedenen Zeitpunkten (zwischen ein und drei Jahren) zu ermitteln. Auch in dieser Analyse wurde ein signifikanter Unterschied zwischen der Behandlung mit Docetaxel und Mitoxantron im Gesamtüberleben der Patienten festgestellt: die Kombinationstherapie mit Docetaxel jede dritte Woche ist der Kombinationstherapie mit Mitoxantron deutlich überlegen.

In neuen Studien zur Therapie mit Docetaxel wird derzeit untersucht, ob Nebenwirkungen dieser Therapie durch veränderte Applikationsschemata reduziert werden können. Es wird eine geringere Toxizität von Docetaxel bei wöchentlicher Applikation vermutet. In einer Phase-II-Studie erhielten 75 Patienten mit hormonrefraktärem metastasiertem Prostatakarzinom drei Zyklen bestehend aus der wöchentlichen Infusion von Docetaxel in einer Dosierung von 30 mg/m2 KO (drei Wochen, eine Woche Pause) und Estramustin (z. B. Estracyt®, dreimal täglich 140 mg an den Tagen 1–3, 8–10, 15–17, eine Woche Pause). Es folgte eine Therapiepause, in der die Patienten monatlich kontrolliert wurden: Bei einer Verdopplung des PSA-Werts oder anderen Hinweisen auf eine Progression der Erkrankung wurde die Therapie wiederholt. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 9,1 Monate. Diese intermittierende Therapie mit Docetaxel scheint bei guter Wirksamkeit vergleichsweise gut verträglich zu sein. Die bislang ermittelte Gesamtüberlebenszeit der Patienten liegt bei 18,5 Monaten. Zu den häufigsten Nebenwirkungen (Grad 3/4) zählten Leukozytopenie (6,7 %) und Nagelveränderungen (5,3 %). In einer Phase-III-Studie soll dieser Therapieansatz jetzt aufgenommen werden, allerdings ohne Estramustin, da kein zusätzlicher Nutzen zu erwarten ist.

Ein weiterer Ansatz zu einer Verbesserung der Therapieergebnisse und Verträglichkeit bei einer Therapie mit Docetaxel ist die Kombination des Taxans mit Vitamin D3. In diesem Zusammenhang gewünschte Wirkungen von Vitamin D3 sind – unabhängig von der Bedeutung für den Calcium-Stoffwechsel – eine antiproliferative und eine proapoptotische Wirkung sowie eine sensitivierende Wirkung für die Therapie mit Zytostatika. In einer Phase-III-Studie erhielten 250 Patienten mit hormonrefraktärem metastasiertem Prostatakarzinom zusätzlich zu Docetaxel (wöchentlich 36 mg/m2 KO, drei Wochen plus eine Woche Pause) und Dexamethason (z. B. Fortecortin®) randomisiert entweder ein synthetisches Vitamin-D3-Analogon (45 µg) oder Plazebo. Primärer Studienendpunkt war das Ansprechen der Patienten auf die Therapie, gemessen an der Reduktion des PSA-Werts um mehr als 50 %. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 8 Monaten zeichneten sich bislang verschiedene Trends zu Gunsten der Kombination mit Vitamin D3 ab: Ansprechraten scheinen bei gleichzeitig besserer Verträglichkeit unter der Kombinationstherapie höher zu liegen und eine Verlängerung des Gesamtüberlebens der Patienten ist denkbar. Auch diese Ergebnisse müssen nun in Studien mit einer größeren Anzahl Patienten überprüft werden.

Quelle

Prof. Dr. med. Peter Albers (Kassel). Presse-Roundtable „Hormonrefraktäres Prostatakarzinom“ mit Daten vom Annual Meeting der American Society of Clinical Oncology 2005, 24. Mai 2005, veranstaltet von sanofi aventis, Frankfurt/M.

Arzneimitteltherapie 2005; 23(09)