Dr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen
Sowohl bei diabetischen als auch nicht-diabetischen chronischen Nierenerkrankungen zählt Bluthochdruck zu den größten Risikofaktoren für das Fortschreiten der Erkrankung. Wird der Blutdruck mit Substanzen gesenkt, die das Renin-Angiotensin-System hemmen, wird zusätzlich die glomeruläre Hypertonie vermindert, was sich wiederum positiv auf die glomeruläre Filtration auswirkt. Im Tierversuch und beim Menschen zeigten Angiotensin-Konversionsenzym(ACE-)Hemmer bei vergleichbaren blutdrucksenkenden Eigenschaften eine stärkere renoprotektive Wirkung als konventionelle Antihypertensiva. In der Ramipril Efficacy In Nephropathy(REIN)-Studie wurde belegt, dass der ACE-Hemmer Ramipril (z. B. Delix®) bei Patienten mit nicht-diabetischer Nierenerkrankung gegenüber herkömmlichen Arzneistoffen die Abnahme der glomerulären Filtrationsrate verlangsamte und das Fortschreiten zum Endstadium der Nierenerkrankung um 50 % reduzierte.
In einer aktuellen Studie wurde untersucht, ob eine Blutdrucksenkung unter die Werte der REIN-Studie (diastolisch < 90 mm Hg) dazu beitragen kann, die Dialyse hinauszuzögern oder zu verhindern. Dafür wurden die Wirkungen einer intensivierten Blutdruckkontrolle auf das Fortschreiten der Nierenerkrankung zum Endstadium mit einer konventionellen Methode verglichen.
In die randomisierte, kontrollierte Multicenterstudie wurden 338 Männer und Frauen im Alter von 18 bis 70 Jahren aufgenommen, die an einer nicht-diabetischen Nephropathie und anhaltender Proteinurie erkrankt waren.
Nach einer 6-wöchigen Auswaschphase von ACE-Hemmern und nach 24-stündigem Absetzen anderer diuretischer Therapeutika und einer Ausgangsuntersuchung wurde die 6-wöchige Eingangsphase mit täglich 2,5 mg Ramipril begonnen. Um den diastolischen Blutdruck unter 90 mm Hg zu halten, waren neben dem ACE-Hemmer auch andere Antihypertonika, wie Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten erlaubt. Nach einer Woche wurde die Ramipril-Dosis auf 5 mg pro Tag (maximal tolerierte Dosis) erhöht, die begleitende antihypertensive Therapie auf ein Minimum heruntergesetzt. Nach 6 Wochen wurden die Ausgangsuntersuchungen wiederholt und die glomeruläre Filtrationsrate gemessen. Anschließend wurden die Studienteilnehmer randomisiert in zwei Gruppen aufgeteilt:
- Konventionelle Blutdruckkontrolle (diastolischer Blutdruck < 90 mm Hg, unabhängig vom systolischen Blutdruck)
- Intensivierte Blutdruckkontrolle (systolischer Blutdruck < 130 mm Hg, diastolischer Blutdruck < 80 mm Hg) durch zusätzliche Gabe des lang wirkenden Dihydropyridin-Calciumkanalblockers Felodipin (z. B. Munobal®): zu Beginn 5 mg/Tag, bei Bedarf nach einer Woche Dosis auf 10 mg/Tag erhöht
Ausgangsparameter und eingesetzte Ramipril-Dosis waren in den beiden Gruppen ausbalanciert. Von 338 randomisierten Probanden konnten 335 über durchschnittlich 19 Monate nachbeobachtet werden. In diesem Zeitraum fiel der Blutdruck in der Gruppe mit der intensiveren Blutdruckkontrolle von 137/84 mm Hg vor der Randomisierung auf 130/80 mm Hg und im konventionellen Kontrollarm von 136/84 auf 134/82 mm Hg. Der mittlere systolische Blutdruck in der Nachbeobachtungsphase lag unter Felodipin bei 129,6 mm Hg, bei konventionell behandelten Probanden bei 133,7 mm Hg. Die entsprechenden diastolischen Blutdruckwerte betrugen 79,5 und 82,3 mm Hg. Somit wurde während der Studie ein Blutdruckunterschied von etwa 4,1 bzw. 2,8 mm Hg zwischen den beiden Gruppen aufrechterhalten. In der Nachbeobachtungsphase entwickelten 38 von 167 Patienten (23 %) mit intensiver Blutdruckkontrolle und 34 von 168 Patienten (20 %) in der konventionellen Kontrollgruppe eine Nierenerkrankung im Endstadium (Risikoverhältnis: 1,00). Die Häufigkeit unerwünschter Ereignisse war in beiden Gruppen vergleichbar. Insgesamt wurde die Studienmedikation gut vertragen, eine schwere Hyperkaliämie wurde nicht beobachtet.
Diese Ergebnisse belegen, dass bei Patienten mit einer nicht-diabetischen chronischen Nephropathie eine Kombination aus Ramipril und Felodipin den Blutdruck wirksamer senkt als eine konventionelle Therapie mit dem ACE-Hemmer allein. Allerdings hatte die intensivere Behandlungsmethode für das Fortschreiten der Nierenerkrankung und die Entwicklung des Endstadiums keinen zusätzlichen Nutzen.
Quelle
Ruggenenti P, et al. Blood-pressure control for renoprotection in patients with non-diabetic chronic renal disease (REIN-2): multicentre, randomised controlled trial. Lancet 2005;365:939–46.
Arzneimitteltherapie 2005; 23(10)