sh
Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 leiden unter einem absoluten oder relativen Insulin-Mangel. Dennoch wird bisher die Insulin-Therapie im Allgemeinen erst im fortgeschrittenen Krankheitszustand eingesetzt. Exogen zugeführtes Insulin ist jedoch ein sicheres Arzneimittel, es besitzt keine Kontraindikationen und kann mit praktisch allen anderen Substanzen kombiniert werden. Zudem wird vermutet, dass durch eine frühe Insulin-Gabe die Beta-Zellfunktion erhalten werden kann.
Da in verschiedenen Studien gezeigt werden konnte, dass neuere, lang wirkende Insulin-Analoga wie Insulin glargin Blut-Glucosespiegel sicher, langanhaltend und vorhersehbar senken, wurde in der INSIGHT-Studie (Implementing new strategies with insulin glargine for hyperglycemia therapy) untersucht, welchen Nutzen eine frühe Gabe von Insulin glargin (Lantus®) im Vergleich zu oralen Antidiabetika bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 hat. Die in Kanada durchgeführte, offene, randomisierte Parallelgruppen-Studie mit zwei Armen erfasste 405 Patienten im Alter zwischen 18 und 80 Jahren mit Typ-2-Diabetes, der seit mindestens sechs Monaten bestand. Sie wurden entweder mit der bisherigen Therapie plus Insulin glargin behandelt oder erhielten ein bis drei orale Antidiabetika.
Primärer Endpunkt der Studie war die Zeit bis zum Erreichen eines HbA1c-Werts ≤ 6,5 % bei zwei aufeinander folgenden Messungen. Sekundäre Endpunkte umfassten:
- Zeit bis zum Erreichen von zwei nacheinander gemessenen HbA1c-Werten ≤ 7 %
- Anteil der Patienten, die diesen Zielwert erreichten
- Lipidparameter
- Hypoglykämien
- Zufriedenheit mit der Behandlung
Die Patienten spritzten Insulin glargin einmal täglich vor dem Zubettgehen beginnend mit einer Dosis von 10 I. E. pro Tag. Die Patienten mussten die Dosis um 1 E./Tag erhöhen, bis eine Glucose-Konzentration ≤ 100 mg/dl erreicht wurde. In der Kontrollgruppe wurde die Dosis der oralen Antidiabetika so angepasst, dass ebenfalls eine Blut-Glucosekonzentration ≤ 100 mg/dl erzielt wurde. In der Insulin-Gruppe konnten 206 Patienten, in der Gruppe mit den oralen Antidiabetika 199 Patienten ausgewertet werden. Sie waren in den demographischen Parametern vergleichbar. Das Durchschnittsalter lag bei 56,5 Jahren.
In der Insulin-glargin-Gruppe erreichten mehr Patienten (17,5 %) den HbA1c-Zielwert ≤ 6,5 %, und zwar auch noch rascher als in der Kontrollgruppe (10,6 %, p = 0,032). Bei den sekundären Endpunkten fiel der HbA1c-Wert bei den Insulin-behandelten Patienten um 1,55 Prozentpunkte, in der Kontrollgruppe um 1,25 Prozentpunkte. Die Blut-Glucosekonzentration sank signifikant stärker in der Insulin-Gruppe. Triglycerid-Spiegel sanken etwas stärker in der Insulin-Gruppe als in der Kontrollgruppe. In der Insulin-Gruppe kam es jedoch erwartet zu einer signifikanten Zunahme des Körpergewichts um 1,89 kg. Eine Hypoglykämie wurde nicht signifikant häufiger beobachtet.
Die INSIGHT-Studie zeigte also, dass die frühe Gabe von Insulin glargin bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 rascher und häufiger zur Stoffwechselkontrolle führt als eine Standardtherapie mit oralen Antidiabetika. Das Risiko für eine Hypoglykämie wurde dadurch nicht erhöht. Mit dieser durch den Patienten kontrollierten Therapie kann bei 20 % der Behandelten ein HbA1c-Wert ≤ 6,5 % und bei 50 % ≤ 7 % erzielt werden.
Quelle
Gerstein HC, Yale JF, Harris SB, et al. Randomized trial of early glargine use to achieve optimal HbA1C levels in insulin naive people with type 2 diabetes. 65. Annual Scientific Session der American Diabetes Association, San Diego, 10. bis 14. Juni 2005.
Arzneimitteltherapie 2005; 23(10)