CIBIS-III-Studie

Betablocker vor ACE-Hemmer bei Herzinsuffizienz


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Susanne Heinzl, Stuttgart

Die Initialtherapie mit dem Betablocker Bisoprolol (Concor®) anstelle des ACE-Hemmers Enalapril wirkte bei Patienten mit Herzinsuffizienz auf den primären Endpunkt Gesamtsterblichkeit und Klinikaufenthalt ähnlich gut, wie die Initialtherapie mit dem ACE-Hemmer. Dies ergab die CIBIS-III-Studie (Cardiac insufficiency Bisoprolol study III), in die 1 010 Patienten mit leichter bis mäßig schwerer Herzinsuffizienz aufgenommen wurden.

Betablocker haben sich in der Therapie der Herzinsuffizienz etabliert. In den bisher durchgeführten Studien wurden sie jedoch stets als Zusatztherapie zu einer Behandlung mit ACE-Hemmern eingesetzt. Dieses Vorgehen war historisch begründet, weil für ACE-Hemmer schon längere Zeit eine günstige Wirkung bei Patienten mit Herzinsuffizienz nachgewiesen war als für Betablocker. Die herausragende Rolle des sympathischen Nervensystems in der Pathogenese und Progression der Herzinsuffizienz unterstützte die These, dass ein Betablocker als Initialtherapie mindestens gleich gut, möglicherweise besser wirkt, als ein ACE-Hemmer. In der CIBIS-III-Studie sollte daher gezeigt werden, dass eine Therapie bei Patienten mit Herzinsuffizienz auch mit einem Betablocker begonnen werden kann.

Die CIBIS-III-Studie ist eine Untersucher-initiierte, multizentrische, prospektive, randomisierte, offene Studie mit verblindeter Endpunktauswertung, die zwischen Oktober 2002 und Mai 2005 in 128 Zentren in 18 europäischen Ländern, in Australien und Tunesien durchgeführt wurde. Abbildung 1 zeigt das Design. Einschlusskriterien waren:

  • Alter ≥ 65 Jahre
  • Leichte bis mäßig schwere Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse II bis III)
  • Linksventrikuläre Auswurffraktion ≤ 35 %
  • Stabile Herzinsuffizienz seit 7 Tagen

Primärer Endpunkt war die Kombination aus Gesamtsterblichkeit und Hospitalisierungen bei Studienende. Hier sollte die Nicht-Unterlegenheit von Bisoprolol in erster Linie in der nach Protokoll behandelten Patientenpopulation, aber auch in der Intention-to-treat-Population nachgewiesen werden.

Sekundäre Endpunkte waren:

  • Einzelkomponenten des primären Endpunkts am Studienende und am Ende der Monotherapie
  • Kombination aus Gesamtsterblichkeit und Hospitalisierungen am Ende der Monotherapie

In die Studie wurden 1 010 Patienten aufgenommen, die im Mittel über 1,22 Jahre beobachtet wurden. Die demographischen Parameter der beiden Gruppen waren gut vergleichbar. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 72 Jahren, es handelte sich also um eine relativ alte Patientengruppe. Über 65 % waren Männer. Die linksventrikuläre Auswurffraktion lag bei 28,8 %. Etwa 20 % der Patienten litten an einem Diabetes mellitus.

Die wichtigsten Ergebnisse sind in Tabelle 1 zusammengefasst: Die Nicht-Unterlegenheit von Bisoprolol war in der Per-Protokoll-Analyse nach der Definition in der vorgesehenen statistischen Analyse nicht signifikant, in der Intention-to-treat-Gruppe war sie signifikant. Die Initialtherapie mit dem Betablocker erhöhte zwar die Überlebenswahrscheinlichkeit, allerdings stand dem eine erhöhte Hospitialisierungsrate gegenüber, die vermutlich auf die initiale Verschlechterung der Herzinsuffizienz bei Betablocker-Behandlung zurück zu führen ist. Die Verträglichkeit der beiden Therapieregime war insgesamt ähnlich.

Die von der Firma Merck KGaA, Darmstadt, finanziell unterstützte CIBIS-III-Studie zeigte also, das im Prinzip Patienten mit leichter bis mäßig schwerer Herzinsuffizienz auch zuerst mit einem Betablocker wie Bisoprolol und anschließend mit einem ACE-Hemmer wie Enalapril behandelt werden kann. Getrübt wird der an sich positive Eindruck durch die aufwendigen statistischen Erläuterungen, mit denen bei der Präsentation im Rahmen des Europäischen Kardiologen-Kongresses Anfang September 2005 in Stockholm und in der Publikation in Circulation versucht wird, die fehlende Signifikanz bei der Per-Protokoll-Analyse zu erklären. Der klinische Eindruck scheint klar eine Nicht-Unterlegenheit zu zeigen, aber die statistischen Berechnungen ergaben keine Signifikanz. Dies wird unter anderem mit der zu geringen Zahl der Patienten in der Per-Protokoll-Analyse erklärt, andererseits müsste ja bei der Studienplanung klar gewesen sein, dass mit einem gewissen Ausfall zu rechnen ist. Der Kliniker kann sich vermutlich mit den Ergebnissen „arrangieren“, der „Theoretiker“ dürfte sich eventuell schwerer damit tun.

Quellen

Willenheimer R, van Veldhuisen DJ, Silke B, Erdmann E, et al. Effect on survival and hospitalization of initiating treatment for chronic heart failure with bisoprolol followed by enalapril, as compared with the opposite sequence. Results of the randomized cardiac insufficiency bisoprolol study (CIBIS) III. Circulation 2005;112:2426-35.

Willenheimer R. CIBIS III: Cardiac insufficiency Bisoprolol study III. ESC 2005, Stockholm, 4. September 2005.

P. Lechat, Satelliten-Symposium „CIBIS III: is time to challenge current treatment recommendations for chronic heart failure“, veranstaltet von Merck KGaA im Rahmen des ESC 2005, Stockholm, 5. September 2005.

P. Lechat, H. Krum, R. Willenheimer, Pressekonferenz „New Insights into the management of chronic heart failure today: lessons from CIBIS III“, veranstaltet von Merck KGaA im Rahmen des ESC 2005, Stockholm, 5. September 2005.

www.cibis3.info

Abb. 1. Design der CIBIS-III-Studie

Tab. 1. Ergebnisse der CIBIS-III-Studie

Bisoprolol
(n = 505)

Enalapril
(n = 505)

Hazard-Ratio

p-Wert
(Nicht-Unterlegenheit)

Primärer Endpunkt

(Per-Protokoll-Analyse)

163 (32,4 %)

165 (33,1 %)

0,97 (0,78–1,21)

0,046

Primärer Endpunkt

(Intention-to-treat-Analyse)

178 (35,2 %)

186 (36,8 %)

0,94 (0,77–1,16)

0,019

Todesfälle

65

73

0,88 (0,63–1,22)

0,44

Hospitalisierung

151

157

0,95 (0,76–1,19)

0,66

Verschlechterung der Herzinsuffizienz mit Hospitalisierung oder im Krankenhaus

63

51

1,25 (0,87–1,81)

0,23

Primärer Endpunkt am Ende der Monotherapie

109 (22 %)

108 (21 %)

1,02 (0,78–1,81)

0,90

Todesfälle am Ende der
Monotherapie

23 (5 %)

32 (6 %)

0,72 (0,42–1,24)

0,24

Hospitalisierung am Ende der Monotherapie

99 (20 %)

92 (18 %)

1,08 (0,81–1,43)

0,59

Todesfälle nach 1 Jahr [n]

42

60

0,69 (0,46–1,02)

0,06

CIBIS-III-Studie

+ Erster direkter Vergleich zweier bei Herzinsuffizienz bedeutsamer Therapieregime
+ Bisoprolol ist als Initialtherapie
Enalapril nicht unterlegen
+ Im Trend geringere Sterblichkeit in der Bisoprolol-Gruppe in der ersten Phase
Keine Signifikanz im primären Endpunkt in der nach Design wichtigeren Per-Protokoll-Analyse
Im Trend mehr Hospitalisierung und Verschlechterung der Herzinsuffizienz mit dem Betablocker

Arzneimitteltherapie 2005; 23(11)