Bettina Polk, Stuttgart
Omalizumab (Xolair®) ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der freies Immunglobulin E (IgE) bindet. IgE kann dann nicht mehr an Mastzellen „andocken“ und diese aktivieren. Damit wird die Freisetzung von Mediatoren verhindert, die eine wichtige Rolle bei der allergischen Sofort- und Spätreaktion spielen, wie zum Beispiel Histamin, Leukotriene oder Interleukine. Im Gegensatz zu einer Desensibilisierung ist eine Anti-IgE-Therapie allergenunspezifisch und somit auch bei Allergikern, die auf viele verschiedene Allergene reagieren, Erfolg versprechend.
Omalizumab ist ein Protein und wird abhängig vom IgE-Spiegel und vom Körpergewicht alle 2 oder alle 4 Wochen subkutan injiziert.
In einer doppelblinden, randomisierten, Plazebo-kontrollierten Studie wurden 419 Patienten mit schwerem persistierenden allergischen Asthma bronchiale behandelt. Die Patienten waren 12 bis 75 Jahre alt und ihr FEV1 (forciertes expiratorisches Volumen in 1 Sekunde) betrug weniger als 80 %. Die Symptome konnten nicht durch hochdosierte inhalierbare Glucocorticoide und Beta2-Sympathomimetika zufriedenstellend behandelt werden.
Nach einer 4-wöchigen Run-in-Phase, in der die Therapie optimiert wurde, bekamen die Patienten 28 Wochen lang entweder Omalizumab oder Plazebo. Primärer Endpunkt war die Häufigkeit klinisch relevanter und schwerer Exazerbationen (Verschlechterung der Symptomatik, so dass die Gabe systemischer Glucocorticoide notwendig war). Daneben wurde erfasst, wie oft eine Notfallbehandlung nötig war.
Während der Behandlungsphase reduzierte Omalizumab die Exazerbationsrate signifikant: In der Plazebo-Gruppe betrug die Zahl der Exazerbationen pro Patient 0,91 im Vergleich zu 0,68 in der Omalizumab-Gruppe (p = 0,042). Die Zahl schwerer Exazerbationen mit einem FEV1 oder PEF (Peak expiratory flow) von weniger als 60 % der persönlichen Bestleistung betrug während der 28 Wochen in der Plazebo-Gruppe 0,48 pro Patient und in der Verum-Gruppe 0,24 Pro Patient (p = 0,002). Auch Notfallbehandlungen waren mit der Anti-IgE-Therapie signifikant seltener (0,24 vs. 0,43, p = 0,038).
Die Rate unerwünschter Wirkungen unterschied sich nicht signifikant zwischen den Behandlungsgruppen.
In einer Metaanalyse (n = 2 511) wurde nach Wirkungsunterschieden in verschiedenen Untergruppen gesucht. Demnach scheinen die Patienten mit der schwersten Symptomatik (FEV1 < 60 %) den größten Nutzen von der Antikörpertherapie zu haben (Abb. 1).
Der Einsatz von Omalizumab bei Kindern oder anderen allergischen Erkrankungen ist grundsätzlich denkbar, aber noch nicht untersucht.
Quellen
Prof. Dr. med. Ulrich Wahn, Berlin, Prof. Dr. med. Michael Pfeifer, Regensburg, Dr. med. Johannes Schulze, Frankfurt. Einführungspressekonferenz „Neue Hoffnung bei schwerem allergischem Asthma: Anti-IgE-Behandlung mit Omalizumab“, Köln, 11. Oktober 2005, veranstaltet von der Firma Novartis.
Humbert M, et al. Benefits of omalizumab as add-on therapy in patients with severe persistent asthma who are inadequately controlled despite best available therapy (GINA 2002 step 4 treatment): INNOVATE. Allergy 2005;60:309–16.
Bousquet J, Cabrera P, Berkman N, et al. The effect of treatment with omalizumab, an anti-IgE antibody, on asthma exacerbations and emergency medical visits in patients with severe persistent asthma. Allergy 2005;60:302–8.

Abb. 1. Reduktion der Exazerbationsrate in verschiedenen Subgruppen bei schwerem allergischem Asthma bronchiale mit Omalizumab (Xolair®) im Vergleich zu Plazebo.
Omalizumab – eine Innovation?
+ Neues Therapieprinzip mit nachvollziehbarem Wirkungsmechanismus
+ Signifikante Reduktion von Exazerbationen bei Patienten mit schwerem Asthma bronchiale im Vergleich zu Plazebo (primärer Studienendpunkt erreicht!)
+ Die Wirkung bedeutet für die betroffenen Patienten einen Erhöhung der Lebensqualität
+ Kombination mit Glucocorticoiden und Beta2-Sympathomimetika (Einsparung der Glucocorticoid-Dosis)
+ Wirkung ist Allergen-unspezifisch
+ Allergische Sofort- und Spätreaktion werden geminder
– Eine Antikörpertherapie ist teuer
– Bislang ist der Einsatz auf wenige Patienten beschränkt
– Langzeitwirkungen sind noch nicht bekannt. Zum Beispiel ist die physiologische Bedeutung von IgE bis heute nicht vollständig geklärt, vermutet wird eine Funktion bei der Abwehr parasitärer Erkrankungen (z. B. Wurmerkrankungen).
Arzneimitteltherapie 2006; 24(02)