Dr. Susanne Heinzl, Stuttgart
In der IMAGINE-Studie wurde untersucht, ob eine frühe Gabe eines ACE-Hemmers innerhalb von sieben Tagen nach einer Bypass-Operation ischämische klinische Ereignisse verringern kann. Zwischen November 1999 und September 2004 wurden 2 553 Patienten in die Studie aufgenommen, die randomisiert entweder mit dem ACE-Hemmer Quinapril (n = 1 280) in einer Dosierung bis zu 40 mg/Tag oder mit Plazebo (n = 1 273) behandelt wurden. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 2,95 Jahre. Die Patienten mussten älter als 18 Jahre sein und lagen noch im Krankenhaus. Der primäre Endpunkt war komplex aus sieben vaskulären Ereignissen zusammengesetzt, und zwar
- Kardiovaskulärer Tod oder Wiederbelebung nach Herzstillstand
- Nicht-tödlicher Herzinfarkt
- Koronare Revaskularisation
- Hospitalisierung wegen instabiler Angina pectoris
- Dokumentierte Angina pectoris ohne Hospitalisierung
- Schlaganfall
- Herzinsuffizienz mit Hospitalisierung
Die Studie wurde so lange durchgeführt, bis 325 Patienten mit einem primären Endpunkt beobachtet worden waren. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 61 Jahren, 13 % waren Frauen. Etwa die Hälfte litt an einem Bluthochdruck, knapp 40 % hatten einen dokumentierten Herzinfarkt erlitten. Bis zur Randomisierung dauerte es nach der Operation im Mittel vier Tage, durchschnittlich wurden drei Gefäße ersetzt. Die meisten Patienten wurden gleichzeitig mit Betablockern, Lipidsenkern und Thrombozytenfunktionshemmern behandelt.
Der primäre Endpunkt war in der Quinapril-Gruppe tendenziell schlechter als in der Plazebo-Gruppe mit einer Hazard-Ratio von 1,15 (p = 0,21). Auch alle Einzelkomponenten des primären Endpunkts außer nicht-tödlichem Herzinfarkt waren in der Quinapril-Gruppe schlechter (Abb. 1).
Die Verschlechterung wurde verstärkt in den ersten drei Monaten der Therapie beobachtet, während die Unterschiede im weiteren Verlauf der Studie wieder verschwanden.
Es handelte sich um eine multizentrische, blind durchgeführte randomisierte Studie mit einer repräsentativen Patientengruppe, in der auch ausreichend viele Patienten aufgenommen worden waren, nur wenige verloren gingen und die gleichzeitig mit einer modernen Therapie behandelt wurden. Ein Nachteil der IMAGINE-Studie könnte sein, dass es sich um eine Patientengruppe mit relativ niedrigem Risiko handelte, nur 39 % der Patienten hatten einen Herzinfarkt durchgemacht, etwa 10 % waren Diabetiker. Auch der aus sieben Komponenten zusammengesetzte komplexe primäre Endpunkt mag beim Ergebnis eine Rolle gespielt haben. Zudem wurde der ACE-Hemmer in hoher Dosis appliziert, dies führte bei 12 % der Patienten zu Hypotonie und bei 21 % zu Husten. Über die Gründe dieses unerwarteten Ergebnisses kann nur spekuliert werden. Eine der Spekulationen geht in Richtung Bradykinin, das durch hohe Dosen eines ACE-Hemmers möglicherweise vermehrt freigesetzt wird und als Mediator der Entzündung in der perioperativen Phase besonders stark wirkt. Eine weitere Überlegung geht dahin, dass es sich um einen Molekül-spezifischen Effekt von Quinapril handeln könnte. Hierfür gibt es allerdings kaum Daten.
Nun muss geklärt werden, welches der optimale Zeitpunkt für den Beginn einer ACE-Hemmer-Behandlung nach einer Bypass-Operation sein könnte.
Quelle
Van Gilst WH, IMAGINE: Ischemia management with accupril post bypass graft via inhibition of angiotensin converting enzyme. ESC 2005, Stockholm, 5. September 2005.
Bertrand ME. Diskussion. ESC 2005, Stockholm, 5. September 2005.

Abb. 1. Ergebnisse der IMAGINE-Studie
Arzneimitteltherapie 2006; 24(02)