Neurokinin-Rezeptorantagonist

Aprepitant auch bei moderat emetogener Chemotherapie empfohlen


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Susanne Heinzl, Stuttgart

Der Neurokinin-Rezeptorantagonist Aprepitant wird in den neuen Behandlungsempfehlungen der Multinational Association for Supportive Care in Cancer (MASCC) nun auch bei moderat emetogener Chemotherapie zusätzlich zu Serotonin-Antagonisten und Glucocorticoden empfohlen. In einer prospektiven randomisierten doppelblind durchgeführten Studie konnte die Wirksamkeit bei dieser Indikation sowohl beim akuten als auch beim verzögerten Erbechen gezeigt werden, wie bei einem von MSD Sharp & Dohme unterstützten Satellitensymposium im Rahmen der 13. European Cancer Conference (ECCO) Anfang November 2005 in Paris berichtet wurde.

Die Wirksamkeit des Neurokinin-Rezeptorantagonisten Aprepitant bei hochemetogener Chemotherapie, zusätzlich zu Serotonin-Antagonisten und Dexamethason gegeben, war in drei Phase-III-Studien gezeigt worden. Nun liegen Daten zur Wirkung bei moderat emetogener Chemotherapie in publizierter Form vor.

In einer prospektiven randomisierten doppelblind durchgeführten multizentrischen internationalen Studie wurden Frauen mit Mammakarzinom eingeschlossen, die mit einer mäßig emetogenen Chemotherapie (z. B. Cyclophosphamid, Doxorubicin, Epirubicin) behandelt wurden. Das Dosierungsschema ist in Tabelle 1 aufgeführt. In einem Tagebuch notierten die Patientinnen Daten zu Übelkeit und Erbrechen und eventuell erforderlicher zusätzlicher antiemetischer Medikation.

Primärer Endpunkt war vollständiges Ansprechen definiert als kein Erbrechen und keine Begleitmedikation in den ersten 120 Stunden nach Beginn der Chemotherapie in Zyklus 1. Sekundärer Endpunkt war ein durchschnittlicher Score von mehr als 6 von 7 Punkten im Functional Living Index Emesis Fragebogen.

Von den zwischen Oktober 2002 und Dezember 2003 in die Studie aufgenommenen 866 Patientinnen konnten 857 ausgewertet werden.

Nach der modifizierten Intention-to-treat-Analyse sprachen signifikant mehr Frauen in der Aprepitant-Gruppe als in der Kontroll-Gruppe vollständig an. Aprepitant war sowohl in den ersten 24 Stunden als auch in den nächsten 5 Tagen überlegen (Tab. 2). Im Fragebogen gaben signifikant mehr Patientinnen in der Aprepitant-Gruppe an, dass ihr tägliches Leben nicht oder minimal beinflusst wurde. Besser beurteilt wurde die Aprepitant-Wirkung auf das Erbrechen, während sich in der Wirkung auf die Übelkeit kein Unterschied zur Kontroll-Gruppe ergab.

Bei Patientinnen, die im ersten Zyklus auf die Behandlung angesprochen hatten, wurde die Studie über die folgenden Zyklen weitergeführt (n = 744, 85,9 %). 650 Frauen beendeten alle vier Zyklen.

In der Aprepitant-Gruppe sprachen über die vier Zyklen signifikant mehr Patientinnen auf die Behandlung an als in der Vergleichs-Gruppe (Tab. 3). Auch hier unterschied sich die Häufigkeit der Übelkeit in den beiden Gruppen nicht.

Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen ähnlich häufig. In der Kontroll-Gruppe wurde häufiger Obstipation beobachtet, in der Aprepitant-Gruppe kam es im ersten Zyklus vermehrt zu Dyspepsien.

Aprepitant war bei Patienten mit hoch-emetogener Therapie im Juni 2004 von der Multinational Association for Supportive Care in Cancer (MASCC) als Erstlinienbehandlung in Kombination mit konventioneller Therapie für Patienten mit hoch emetogener Chemotherapie in die Empfehlungen zur Prophylaye von akuter und verzögerter Übelkeit und Erbrechen aufgenommen wurden. Seit September 2005 wird Aprepitant nun auch zur Prophylaxe bei Patienten empfohlen, die mit einer moderat emetogenen Chemotherapie behandelt werden.

Quellen

Mario Di Palma, Satelittensymposium „Advances in Cancer Care: Novel Therapeutic Options“, veranstaltet von MSD Sharp & Dohme im Rahmen der ECCO 13, Paris, 1. November 2005.

Warr DG, et al. Efficacy and tolerability of aprepitant for the prevention of chemotherapy-induced nausea and vomiting in patients with breast cancer after moderately emetogenic chemotherapy. J Clin Oncol 2005;23:2822–30.

Herrstedt J, et al. Efficacy and tolerability of aprepitant for the prevention of chemotherapy-induced nausea and vomiting over multiple cycles of moderately emetogenic chemotherapy. Cancer 2005;104:1548–55.

Kris MG, et al. Consensus proposals for the prevention of acute and delayed vomiting and nausea following high-emetic-risk chemotherapy. Support Care Cancer 2005;13:85–96.

www.mascc.org

Tab. 1. Behandlungsregime mit und ohne Aprepitant (Emend®) bei Patientinnen unter mäßig emetogener Chemotherapie

Tag 1

Tag 2 und 3

Aprepitant-Gruppe
(n = 438)

Aprepitant 125 mg p. o.

Ondansetron 16 mg p. o.
Dexamethason 12 mg p. o.

Aprepitant 80 mg p. o.

Plazebo

Kontroll-Gruppe

(n = 428)

Plazebo

Ondansetron 16 mg p. o.
Dexamethason 20 mg p. o.

Plazebo

Ondansetron 16 mg p. o.

Tab. 2. Ansprechen auf Aprepitant bei Frauen mit mäßig emetogener Chemotherapie nach dem ersten Zyklus

Aprepitant

Kontroll-
Gruppe

p-Wert

Nach 120 h

Vollständiges Ansprechen

51 %

42 %

0,015

Kein Erbrechen

76 %

59 %

< 0,001

Keine Bedarfsmedikation

59 %

56 %

Nicht signifikant

0 bis 24 h

Vollständiges Ansprechen

76 %

69 %

0,034

Kein Erbrechen

88 %

77 %

< 0,001

Keine Bedarfsmedikation

83 %

80 %

Nicht signifikant

24 bis 120 h

Vollständiges Ansprechen

55 %

49 %

0,064

Kein Erbrechen

81 %

69 %

< 0,001

Keine Bedarfsmedikation

63 %

60 %

Nicht signifikant

Tab. 3. Ansprechen auf Aprepitant bei Frauen mit mäßig emetogener Chemotherapie in Zyklus 2 bis 4

Aprepitant

Kontroll-
Gruppe

Zyklus 2

53,8 %

39,4 %

Zyklus 3

54,1 %

39,3 %

Zyklus 4

55,0 %

38,4 %

Keine Bedarfsmedikation

59,0 %

56,0 %

Arzneimitteltherapie 2006; 24(03)