Chlamydia pneumoniae

Arteriosklerose – eine entzündliche Erkrankung


Dr. med. Anneke Vonend,Bochum

Entzündungsreaktionen spielen eine Schlüsselrolle beim Fortschreiten einer Arteriosklerose. Ob eine Infektion mit Chlamydia pneumoniae hierbei von Bedeutung ist, wurde in zwei großen klinischen Studien überprüft.Es zeigte sich, dass eine langfristige Gabe von Chlamydien-wirksamen Antibiotika das Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung nicht verhindern kann. Möglicherweise spielt Chlamydia pneumoniae eine Rolle bei der Initiierung einer Arteriosklerose, hat aber keinen Einfluss auf die Progression.

Vor einem Jahrzehnt glaubte man, dass die koronare Herzerkrankung durch eine konsequente Behandlung von Hypercholesterolämie und Hyperlipidämie bald der Vergangenheit angehört. Leider ist das nicht der Fall. Kardiovaskuläre Erkrankungen sind weiterhin die häufigste Todesursache europäischer Männer unter 65 Jahren. Es bedarf daher neuer Erklärungsmuster und Behandlungsstrategien.

Studien der letzten Jahre zeigen, dass Entzündungsreaktionen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung der koronaren Herzerkrankung spielen. Patienten mit instabiler Angina pectoris haben oftmals erhöhte Werte für C-reaktives Protein (CRP) oder Interleukin-6 (IL-6) im Serum.

Das Gleichgewicht zwischen pro- und antientzündlichen Prozessen kontrolliert das Fortschreiten der Arteriosklerose.

Metabolische Faktoren beeinflussen dieses Gleichgewicht – so werden bei Hyperlipidämie vermehrt Lipide in der Intima abgelagert und Fettzellen schütten „Adipokine“ – inflammatorische Zytokine – aus. Durch die Entzündungsreaktion wird die atherosklerotische Plaque instabil – es kommt zur Ruptur und zur Bildung eines Thrombus an der Plaqueoberfläche, der zum Verschluss des Koronargefäßes führen kann.

Immer wieder werden auch Infektionen mit der Entstehung der Arteriosklerose in Verbindung gebracht. So wurden bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung erhöhte Antikörpertiter gegen das Bakterium Chlamydia pneumoniae gefunden und es wurden Chlamydia-pneumoniae-Bestandteile in atherosklerotischen Plaques nachgewiesen. Handelt es sich bei der koronaren Herzerkrankung also eventuell um eine Infektion, die mit Antibiotika behandelbar ist?

In zwei großen Plazebo-kontrollierten, doppelblinden Studien wurde diese Hypothese überprüft.

4 162 Patienten mit akutem Koronar-Syndrom wurden über zwei Jahre mit dem Fluorchinolon Gatifloxacin (400 mg/d über 14 Tage, dann jeden Monat für 10 aufeinander folgende Tage) oder Plazebo behandelt.

Als primärer Endpunkt der Studie wurde das Eintreten eines der folgenden Ereignisse gewertet: Tod, Myokardinfarkt, instabile Angina pectoris mit Hospitalisierung, Durchführung eines revaskularisierenden Eingriffs oder Schlaganfall.

Die langfristige Einnahme von Gatifloxacin vermochte die Rate kardiovaskulärer Ereignisse nicht zu verringern (23,7 % vs. 25,1 % in der Plazebo-Gruppe, p = 0,41). Auch die Auswertung der Untergruppen – Patienten mit erhöhten Antikörpertitern gegen Chlamydia pneumoniae oder Patienten mit erhöhtem CRP-Wert – brachte kein anderes Ergebnis.

Interessanterweise ließ sich durch die Gabe von Gatifloxacin auch keine signifikante Senkung des Antikörper-Titers gegen C. pneumoniae erzielen.

In einer anderen Studie wurden 4 012 Patienten mit stabiler koronarer Herzerkrankung mit 600 mg Azithromycin pro Woche oder Plazebo über die Dauer von einem Jahr behandelt. Hierbei zeigte sich ebenfalls kein signifikanter Unterschied in der Rate der kardiovaskulären Ereignisse.

Eine Erklärung für die fehlende Wirksamkeit der antibiotischen Therapien wäre, dass die Infektion mit Chlamydia pneumoniae schon zu lange zurücklag und die Bakterien somit nicht mehr aktiv waren. Möglicherweise spielt die Infektion mit Chlamydien eine Rolle bei der Initiierung einer Arteriosklerose, nicht jedoch bei der Progression der Erkrankung. Diese These wird durch Beobachtungen am Tiermodell gestützt, bei denen Antibiotika eine Arteriosklerose nur verhindern konnten, wenn sie direkt nach der Infektion mit Chlamydia pneumoniae gegeben wurden.

Dennoch eröffnet das Wissen, dass es sich bei der koronaren Herzerkrankung um eine entzündliche Erkrankung handelt, neue Behandlungsmöglichkeiten:

  • Bereits heute werden mit dem Immunsuppressivum Sirolimus beschichtete Stents zur Prophylaxe einer Restenose nach Angioplastie eingesetzt.
  • Die vielfach verwendeten CSE-Hemmer haben neben Lipid-senkenden auch antiinflammatorische Eigenschaften.
  • Im Tiermodell konnte durch spezifische Vakzine beispielsweise gegen oxidiertes LDL, Phospholipide oder Hitzeschockprotein 60 die Ausbildung einer Arteriosklerose gebremst werden.

Quellen

Hansson GK, et al. Inflammation, atherosclerosis, and coronary artery disease. N Eng J Med 2005;352:1685–95.

Cannon CP, et al. Antibiotic treatment of chlamydia pneumoniae after acute coronary syndrome. N Eng J Med 2005;352:1646–54.

Grayston JT, et al. Azithromycin for the secondary prevention of coronary events. N Eng J Med 2005;352:1637–45.

Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegt Arzneimitteltherapie express der Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft mbH bei. Wir bitten um Beachtung.

Arzneimitteltherapie 2006; 24(03)