Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Therapieansprechen abhängig von Pathogenese?


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Annemarie Musch, Stuttgart

Auch wenn es verschiedene neue Erkenntnisse zur Pathogenese chronisch entzündlicher Darmerkrankungen gibt, ist eine Vorhersage des Therapieansprechens bislang nicht möglich. Aktuelle Daten wurden im Rahmen der 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten auf einem von der Firma UCB veranstalteten Satelliten-Symposium im September 2005 vorgestellt.

Chronisch entzündlichen Darmerkrankungen liegt ein komplexes Zusammenspiel genetischer Prädisposition, immunologischer Dysregulation und verschiedener Umweltfaktoren zugrunde.

Für den Morbus Crohn (MC) konnte insbesondere ein Polymorphismus des NOD2/CARD15-Gens, das für das zytosolische Protein NOD2 kodiert, als Risikofaktor identifiziert werden. NOD2 gehört zur Familie der NBS-LRR-Proteine (Nucleotide-binding site and leucine-rich repeat), die intrazellulär der Erkennung von Mikroorganismen und/oder ihrer Bestandteile dienen. NOD2 erkennt unter anderem einen Bestandteil der Zellwand grampositiver Bakterien – Muramyl-Dipeptid; diese Stimulation kann eine Aktivierung des proinflammatorischen Transkriptionsfaktors NFκB auslösen.

Bei etwa 20 bis 30 % der MC-Patienten tritt der Polymorphismus des NOD2/CARD15-Gens auf. Insbesondere drei Varianten des Gens führen bei den Trägern zu einem gegenüber der Normalbevölkerung 30- bis 100fach erhöhten Risiko, an MC zu erkranken. Der Beitrag dieses Polymorphismus zur Pathogenese von MC ist bislang nicht eindeutig verstanden. Ebenfalls nicht abschließend geklärt ist, ob die Mutationen eher zu einem Funktionsverlust oder zu einer gesteigerten Funktion des Proteins führen. Eine Beeinflussung des intestinalen Immunsystems, insbesondere des angeborenen Immunsystems, das einer komplexen Regulation unterliegt, ist denkbar.

Ein Zusammenhang der NOD2/CARD15-Varianten mit einem Ansprechen auf die Therapie mit TNF-α-Antagonisten wurde bislang nicht bestätigt.

Bei Colitis ulcerosa (CU) könnte die reduzierte Expression des MDR1-Genprodukts P-Glykoprotein (MDR, multi drug resistance) zu einem erhöhten Erkrankungs-Risiko beitragen. Dieses Protein scheint neben der Elimination von Xenobiotika aus intestinalen Epithelzellen auch an der Bakterien-Abwehr beteiligt zu sein.

Weitere Polymorphismen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen werden untersucht. Auch Veränderungen

  • der Zell-Zell-Interaktion,
  • der intestinalen Barrierefunktion,
  • bakterieller Antigene sowie
  • der Zytokin-Freisetzung

sind von Bedeutung.

Vorhersagen des Therapieansprechens sind derzeit noch nicht möglich.

Quelle

Prof. Dr. med. Ulrich R. Fölsch, Kiel, Prof. Dr. med. Gerhard Rogler, Regensburg, Prof. Dr. med. Herbert Lochs, Berlin, Prof. Dr. med. Stefan Schreiber, Kiel. Satelliten-Symposium „Neue Erkenntnisse bei CED und ihre Auswirkung auf die Therapie“, veranstaltet von der UCB GmbH im Rahmen der 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in Köln, 16. September 2005.

Arzneimitteltherapie 2006; 24(03)