Protonenpumpenhemmer per PEG-Sonde?


Gerd Luippold, Tübingen

Eine 72-jährige Patientin mit erosiver Gastritis soll mit einem Protonenpumpeninhibitor behandelt werden. Auf Grund von Schluckstörungen wurde die Patientin mit einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG)-Sonde versorgt.
Welche Protonenpumpeninhibitoren eignen sich für die Gabe per Sonde?
Was ist zu beachten?
Welche Regeln sollten bei der Sondenapplikation von Arzneimitteln befolgt werden?
Arzneimitteltherapie 2006;24:135–6.

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Abb. 1. Perkutane Sonden [Foto: Fresenius Kabi]

Die Protonenpumpeninhibitoren (PPI) sind Mittel der ersten Wahl zur Therapie säurebedingter Erkrankungen (z. B. Refluxkrankheit) und Helicobacter-pylori-induzierter Infektionen (z. B. Ulcus duodeni). Zur Zeit sind fünf verschiedene, weitgehend wirkungsgleiche und austauschbare Arzneistoffe im Handel verfügbar [1]:

  • Omeprazol und Esomeprazol
  • Lansoprazol
  • Pantoprazol
  • Rabeprazol

Die Wirkstoffe stellen Prodrugs dar und werden erst nach Aufnahme in die Parietalzellen der Magenschleimhaut und Anreicherung im sauren Milieu der Canaliculi der Parietalzellen nichtenzymatisch in die aktive Wirkform, die sogenannten Sulfenamide, überführt. Diese Wirkform der Protonenpumpenhemmer bindet an die H+/K+-ATPase der Parietalzellen, die als Protonenpumpe wirkt und die Salzsäure-Sekretion katalysiert: Die H+/K+-ATPase wird irreversibel gehemmt und die basale und stimulierte Magensäure-Sekretion damit sehr wirksam über 36 bis 72 Stunden unterbunden [2]. Die intragastrale Säure-Sekretion nimmt wieder zu, sobald H+/K+-ATPase-Moleküle nachsynthetisiert oder aus ihrer inaktiven in die aktive Form umgewandelt werden [2].

Da Protonenpumpenhemmer säurelabil sind und eine vorzeitige Umwandlung in die aktive Wirkform bereits im Magenlumen verhindert werden soll, werden sie als magensaftresistente Zubereitungen angeboten. Meist enthalten die Kapseln magensaftresistent überzogene Pellets (z. B. Omep®) oder Mikrotabletten (z. B. Omeprazol-ratiopharm® NT).

Bei oraler Einnahme gelangen die Pellets unverändert über den Magen in das alkalische Dünndarmmilieu. Dort wird der Wirkstoff freigesetzt und nach Resorption im Blut transportiert.

Da die meisten Pellets oder Mikrotabletten zu groß und damit nicht sondengängig sind, müssen sie für eine Sondenapplikation zerkleinert werden. Bei gastraler Sondenlage (Abb. 1) verbietet sich dieses Vorgehen, da die fehlende Säurestabilität nach Zerstörung der galenischen Zubereitung zu einer Inaktivierung der Wirkstoffe führt. Nur bei duodenaler oder jejunaler Sondenlage ist eine Zerkleinerung möglich, da hier die Säurelabilität der Protonenpumpenhemmer keine Rolle spielt. Üblicherweise werden die Pellets im Mörser zerkleinert, eventuell vorhandene Umhüllungsreste entfernt und der Wirkstoff in Wasser aufgenommen. Alternativ können die Pellets in 10 ml 8,4%iger Natriumhydrogencarbonat-Lösung aufgelöst werden.

Bei gastraler Sondenlage wird die Verwendung von Nexium® mups oder Antra® MUPS empfohlen [3]. Bei der MUPS-Technologie besteht die Tablette aus sehr kleinen säurefesten Mikropellets. Diese werden unzermörsert in Wasser oder Apfelsaft suspendiert und über eine PEG-Sonde mit Mindestdurchmesser von 1,6 mm verabreicht. Praktischerweise wird die MUPS-Zubereitung direkt in einer Spritze in 20 bis 25 ml Apfelsaft aufgenommen. Der schwach saure pH-Wert des Apfelsafts verhindert ein frühzeitiges Auflösen des Eudragit-Überzugs der Pellets. Innerhalb weniger Minuten zerfällt die Tablette. Die entstehende milchige Suspension wird mehrfach geschüttelt und kann über die Sonde appliziert werden. Um eine quantitative Wirkstoffzufuhr zu gewährleisten, wird die Spritze mit 20 ml Wasser nachgespült. Milch oder kohlensäurehaltiges Wasser eignet sich auf Grund der basischen Eigenschaften nicht als Suspensionsmedium.

Die enterale Sondenernährung mit gleichzeitiger Arzneimittelapplikation birgt die Möglichkeit von Interaktionen. Um die Gefahr von Wechselwirkungen zu minimieren, sollten Medikamente wegen möglicher Inkompatibilitäten nicht mit der Sondenkost gemischt werden. Müssen Arzneimittel über eine Sonde verabreicht werden, sollten möglichst industriell hergestellte flüssige oder verdünnte, visköse Medikamente oder Suspensionen verwendet werden. Es ist sicherzustellen, dass der Arzneistoff gut resorbiert und bei gastraler Sondenlage im sauren Milieu des Magens nicht zerstört wird. Das Arzneimittel darf nicht zu stark sauer oder alkalisch reagieren, die Osmolalität muss tolerierbar sein und die Schleimhäute des Magen-Darm-Trakts dürfen nicht zu stark irritiert werden. Jedes Arzneimittel sollte separat appliziert und die Sonde vor und nach der Applikation mit Wasser gespült werden. Die Auswahl eines für die Sondenapplikation geeigneten Präparats ist immer unter Berücksichtigung der Arzneiform und der Kinetik des Arzneistoffs zu treffen.

Literatur

1. Robinson M. Clinical pharmacology of proton pump inhibitors. What the practising physician needs to know. Drugs 2003;63:2739–54.

2. Klotz U. Protonenpumpeninhibitoren im klinisch-pharmakologischen Vergleich. Verdauungskrankheiten 2004;22:112–20.

3. Protonenpumpenhemmer per Sonde? arznei-telegramm 2003;34:86.

Priv.-Doz. Dr. med. Gerd Luippold, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Wilhelmstraße 56, 72074 Tübingen
E-Mail: gerd.luippold@uni-tuebingen.de

Tipps zur weiteren Recherche
… im Internet
+ www.ukt.pharmatrix.info/sonde/index.html
+ www.hexal.de (Fachkreis Apotheker, Wirkstoffe, Information zur Sondengängig-
keit)
… in Zeitschriften und Broschüren
+ Probst W. Arzneimittel und Ernährungssonde. Medizinische Monatsschrift für
Pharmazeuten 2005;28:376–88.
+ Petri H. Arzneimittelapplikation über Ernährungssonden.Krankenhauspharmazie
2001;22:445–55.
+ Wagner R. Medikamente über Sonde. Broschüre Fa. Fresenius Kabi Bad Hom-
burg 2005.
+ Warlich R, Dörje F, Brüngel M. Medikamentenapplikation bei Sondenernährung.
Blaue Reihe. Erlangen: Pfrimmer Nutricia GmbH, 2003

Arzneimitteltherapie 2006; 24(04)