Susanne Heinzl, Stuttgart
Histondesacetylasehemmer können den programmierten Zelltod – die Apoptose – aktivieren und so möglicherweise das Tumorwachstum stoppen. Verschiedene Substanzen befinden sich in klinischer Entwicklung. Mit am weitesten entwickelt ist Vorinostat (Abb. 1), das bei hämatologischen und soliden Tumoren untersucht wird.
Aurorakinasen gehören zur Familie der Serin-/Threoninkinasen, die bei der zellulären Mitose eine Rolle spielen. Aurorakinasen phosphorylieren verschiedene Proteine, die an der Regulation des Zellzyklus beteiligt sind. Aurora A beispielsweise spielt eine wichtige Rolle bei der Spindelbildung und Zentrosomenreifung. Die Aurorakinasen wurden 1997 entdeckt und schon bald wurde klar, dass es zur Tumorentstehung Verbindungen gibt. Viele Tumoren überexprimieren Aurorakinasen. Eine verstärkte Bildung von Aurora A, das als Onkogen gilt, wurde in mehr als 50 % von Kolorektal-, Eierstock- und Magentumoren nachgewiesen, und bei 94 % der invasiven Adenokarzinome der Brust. VX-680 (Abb. 2) ist ein Aurorakinasehemmer, der die Mitose unterbricht und Apoptose induziert. In vitro und in vivo zeigte die Substanz eine Wirkung gegen Leukämie, Lymphome und verschiedene Zelllinien von soliden Tumoren. VX-680 befindet sich derzeit in Phase I der klinischen Prüfung.
Ein sehr weit im Organismus verbreiteter Signalweg von Zelle zu Zelle ist der so genannte Notch-Signalweg. Er spielt bei vielen Erkrankungen eine wichtige Rolle. Die Notch-Eiweißfamilie ist ein zentraler Regulator in der Zelldifferenzierung, sie ist also dann von Bedeutung, wenn Stammzellen beginnen, speziellere Funktionen zu übernehmen. Bislang sind vier Notch-Gene identifiziert, Notch 1, Notch 2, Notch 3 und Notch 4. Mutationen der Gene sind mit der Bildung maligner Zellen vergesellschaftet. Die meisten mutierten Formen von Notch 1 benötigen die Aktivität einer Gamma-Sekretase, die wiederum durch Gamma-Sekretasehemmer beeinflusst werden kann. Gamma-Sekretasehemmer könnten also eine Möglichkeit sein, um die Krebsformen zu therapieren, die durch den Notch-Signalweg stimuliert werden. Mit MK 0752 befindet sich ein oraler Notch-Hemmer in Phase I der klinischen Prüfung.
Ein weiterer Angriffspunkt ist der Insulin-like-Growth-Factor-Rezeptor Typ 1 (IGF-1R), von dem vielfältige Funktionen bekannt sind, beispielweise:
- Mitogene Wirkung in vielen Zellen
- Fördert Größenwachstum der Zelle
- Spielt eine wichtige Rolle bei der Zelltransformation
- Schützt Zellen vor Apoptose
- Fördert Differenzierung der Zelle
- Reguliert Zelladhäsion und Beweglichkeit
- Begünstigt das Zellüberleben
IGF-1R ist eine Rezeptortyrosinkinase. Prospektive epidemiologische Studien haben gezeigt, dass zwischen IGF-1R-Ligandenspiegeln und erhöhtem Risiko für Brustkrebs-, Prostata- und Kolonkarzinom ein Zusammenhang besteht. IGF-1R wird von den meisten menschlichen Zellen exprimiert. Er weist 70 % Homologie zum Insulin-Rezeptor auf. Mit humanisierten monoklonalen Antikörpern wird versucht, diesen Rezeptor zu hemmen.
Das Prostatastammzellantigen ist ein Oberflächenglykoprotein mit 123 Aminosäuren. Es wird von Prostatakarzinomen, Blasen- und Pankreaskarzinomen stark exprimiert. Die Überexpression korreliert mit einem hohen Risiko für einen Rückfall nach einer primären Therapie des Prostatakrebs. Auch hier werden humanisierte monoklonale Antikörper geprüft.
Quelle
Stanley Frankel, Satellitensymposium „Advances in cancer care: novel therapeutics options“, veranstaltet von MSD Sharp & Dohme im Rahmen des ECCO 13, Paris, 1. November 2005.

Abb. 1. Histondesacetylasehemmer Vorinostat (Suberoylanilid-Hydroxamsäure, SAHA)

Abb. 2. Aurorakinasehemmer VX-680
Arzneimitteltherapie 2006; 24(07)