Relativ und absolut


Susanne Heinzl, Stuttgart

Die Wiedergabe von Studienergebnissen in Form absoluter oder vor allem relativer Risikoreduktionen ist weit verbreitet.

Die relative Risikoreduktion gibt die relative Senkung des Risikos für ein bestimmtes Ereignis in verschiedenen Gruppen an. Sie errechnet sich aus der Risikodifferenz zwischen Verum- und Vergleichsgruppe, die dann ins Verhältnis zum Risiko bei Gabe des Vergleichs gesetzt wird. Die Angabe erfolgt in der Regel in Prozent.

Ein Prozent ist der hunderste Teil eines Ganzen, also 1 % = 0,01. Prozentangaben erfüllen eine ähnliche Funktion wie die Formulierungen „ein Drittel“ oder „ein Viertel“, man kann damit aber sehr viel differenziertere Mengenverhältnisse ausdrücken, z. B. 44,5 von 100 = 44,5 %.

Prozentangaben müssen sich aber immer auf eine Bezugsgröße beziehen. Es muss also angegeben sein, was 100 % sind.

Die Wirkung einer Behandlung kann durch die Angabe der relativen Risikoreduktion zwar quantifiziert werden, der Wert ist jedoch häufig irreführend, da er nichts über das Ausgangsrisiko in der Vergleichsgruppe aussagt (siehe Tabelle).

Deshalb wird heute verstärkt auf die Angabe der absoluten Risikoreduktion geachtet. Allerdings wird diese fast immer ebenfalls in Prozent angegeben.

Bei genauer Betrachtung handelt es sich jedoch um Prozentpunkte, also die Differenz der beiden Prozentzahlen der Verum- und der Vergleichsgruppe.

Beispiel 1: Der Mehrwertsteuersatz wird nicht um 3 % steigen, sondern um 3 Prozentpunkte. Tatsächlich wird der Mehrwertsteuersatz, bezogen auf den bisherigen Satz von 16 %, um 18,75 % auf den neuen Satz von 19 % erhöht.

Beispiel 2: Eine Partei, die bei der Wahl 2001 10 % und im Jahr 2005 20 % der Stimmen erhalten hat, konnte ihren Stimmenanteil um 100 % steigern, also glatt verdoppeln.

Bei der relativen und der absoluten Risikoreduktion resultiert die „relative“ Verwirrung des Lesers daher aus der ungenauen Verwendung des Begriffs Prozent im Zusammenhang mit der absoluten Risikoreduktion – denn unbewusst erwartet man eine Bezugsgröße, die es aber in diesem Fall nicht gibt.

Eindeutiger ist dann wieder die NNT, die Number needed to treat, der reziproke Wert der absoluten Risikoreduktion. Sie gibt den spezifischen Effekt einer Behandlung wieder. Hier sind aber auf jeden Fall die Dauer der Behandlung und der Wirksamkeitsparameter, auf den sich die NNT bezieht, bei der Beurteilung zu berücksichtigen.

Was möglicherweise zunächst relativ einfach aussieht, wird bei genauer Betrachtung rasch komplizierter. Dennoch gilt für die Beurteilung klinischer Studien ein einfacher Grundsatz: Eine vom Design her schlecht angelegte klinische Studie kann auch durch allerlei „Rechenkunststücke“ kaum verbessert werden, während ein Studie mit klar strukturiertem und gutem Design meist keiner „Rechenkunststücke“ bedarf.

Wie ist Ihre Meinung hierzu? Schreiben Sie uns: amt@wissenschaftliche-verlagsgesellschaft.de

Verum

Vergleich

RRR

ARR

NNT

Ereignis 1

20 %

40 %

50 %

20 %

5

Ereignis 2

1 %

2 %

50 %

1 %

100

RRR = relative Risikoreduktion; ARR = absolute Risikoreduktion, NNT = Number needed to treat

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