Dr. Barbara Kreutzkamp, München
Hintergrund
Die adjuvante Therapie des Mammakarzinoms hat die Überlebensraten der Patientinnen deutlich erhöht. Bei den 15 bis 25 % der Patientinnen mit einer Überamplifikation des HER2/neu-Gens und damit verbundener Überproduktion des HER2-Proteins liegt die Rückfallrate trotz der konventionellen Chemotherapie über der von Frauen mit HER2-negativem Tumor. Dies hat sich mit der Einführung des humanisierten monoklonalen HER2-Antikörpers Trastuzumab (Herceptin®) geändert: In Kombination mit einer Chemotherapie wird bei HER2/neu-positiven Patientinnen das Rückfallrisiko relativ um etwa 50 %, das Todesrisiko um etwa 30 % reduziert. Eine typische Nebenwirkung ist die Entwicklung einer Herzinsuffizienz, die bei etwa 1,7 bis 4,1 % der Patientinnen auftritt; bei 10 % sinkt die linksventrikuläre Auswurffraktion deutlich. Die Kardiotoxizität wird durch den Einsatz von Anthracyclinen verstärkt. Die Nebenwirkungen verschwinden meist nach Beendigung der Therapie, Informationen über Langzeitwirkungen liegen nicht vor.
In der FinHer-Studie (Finland Herceptin-Study) wurde unter anderem versucht, durch Gabe von Trastuzumab vor anderen kardiotoxischen Substanzen und eine relativ kurze Behandlungszeit die Kardiotoxizität von Trastuzumab zu reduzieren.
Studiendesign
In der offenen Studie erhielten 1 010 Frauen mit frühem invasivem Brustkrebs und mindestens einem positiven axillären Lymphknoten oder einem Lymphknoten-negativen Hochrisiko-Tumor (Tumormasse ≥ 20 mm Durchmesser) innerhalb von 12 Wochen nach der Operation zunächst randomisiert 3 Zyklen mit Docetaxel oder Vinorelbin und anschließend in beiden Gruppen 3 Zyklen Fluorouracil, Epirubicin und Cyclophosphamid (FEC). Die 232 Frauen mit HER2/neu-überamplifizierenden Tumoren erhielten zusätzlich randomisiert eine 9-wöchige Behandlung mit Trastuzumab oder keine zusätzliche Antikörpertherapie. Die Trastuzumab-Infusionen wurden in wöchentlichen Intervallen ab Tag 1 des Docetaxel- oder Vinorelbin-Zyklus, jeweils vor Applikation der Chemotherapeutika gegeben. Während der FEC-Gabe unterblieb die Trastuzumab-Gabe.
Ergebnisse
Beim primären Studienziel Rückfall-freies Überleben nach 3 Jahren schnitten die Patientinnen unter Docetaxel besser ab als unter Vinorelbin (91 vs. 86 %, p = 0,005), beim Gesamtüberleben ergab sich keine Differenz (p = 0,15). Bei der Subgruppe mit HER2/neu-positivem Tumor war das Rückfall-freie Überleben unter Trastuzumab besser als ohne Trastuzumab (89 vs. 78 %, p = 0,01).
Unter Docetaxel traten mehr Nebenwirkungen auf als unter Vinorelbin (vor allem neutropenisches Fieber, Stomatitis, Alopezie, toxische Effekte auf die Haut, Nagelprobleme, allergische Reaktionen). Nach Docetaxel-Dosisreduktion von 100 mg/m2 auf 80 mg/m2 fiel die Nebenwirkungsrate jedoch signifikant. Die Trastuzumab-Gabe war nicht mit einer verminderten linksventrikulären Auswurffraktion oder Herzinsuffizienz assoziiert, vielmehr hatten die Trastuzumab-behandelten Frauen eine etwas bessere Auswurffraktion, berechnet 12 und 36 Monate nach Therapieende.
Fazit und Diskussion
Bei Frauen mit operiertem Mammakarzinom führt die adjuvante Gabe von Docetaxel im Vergleich zu Vinorelbin zu verlängertem Rückfall-freiem Überleben. Bei Frauen mit HER2/neu-überamplifizierendem Tumor verbessert die zusätzliche Trastuzumab-Gabe das Behandlungsergebnis gegenüber nicht Antikörper-behandelten Frauen. Kardiale Nebenwirkungen unter Trastuzumab wurden nicht gesehen. Möglicherweise hat die Trastuzumab-Applikation vor Gabe des FEC-Schemas und Radiotherapie sowie die geringe kumulative Epirubicin-Dosis hierzu beigetragen. Weiter unklar ist, über welchen Zeitraum Trastuzumab gegeben werden sollte, um ein optimales Ergebnis zu vertretbaren Kosten zu erzielen. Auch sollte nun untersucht werden, ob Trastuzumab auch von Frauen mit vorgeschädigtem Herzen bei Einhaltung von Vorsichtsmaßnahmen wie der Gabe vor anderen kardiotoxischen Substanzen vertragen wird.
Quellen
Joensuu H, et al. Adjuvant docetaxel or vinorelbine with or without trastuzumab for breast cancer. N Engl J Med 2006;354:809–20.
Chien KR. Herceptin and the heart – a molecular modifier of cardiac failure. N Engl J Med 2006;354:789–90.
Arzneimitteltherapie 2006; 24(10)