Glioblastoma multiforme

Zielgerichtete Therapie mit Imatinib?


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Annemarie Musch, Stuttgart

Patienten mit Glioblastoma multiforme profitieren von der Therapie mit Imatinib und Hydroxycarbamid. Neue Daten wurden auf einem Post-ASCO-Pressegespräch der Novartis Pharma GmbH Ende Juni 2006 in Frankfurt präsentiert.

Die Therapie der Wahl beim Glioblastoma multiforme ist eine Operation, gefolgt von Bestrahlung und Chemotherapie mit Temozolomid. Eine Heilung ist bislang nicht möglich, die Patienten erleiden immer ein Rezidiv. Die mediane Überlebenszeit liegt bei etwa 15 Monaten.

Bei diesen Tumoren wurde eine Überexpression von PDGF-R (Plättchen-Wachstumsfaktor-Rezeptor) nachgewiesen, so dass der zielgerichtete Einsatz von Imatinib (Glivec®) möglich scheint, welches die Tyrosinkinase des Rezeptors hemmt.

Eine Monotherapie war unwirksam. Primär mit dem Ziel, die möglicherweise für den Behandlungseffekt limitierende Imatinib-Konzentration im Gehirn zu erhöhen, wurden in einer Studie 30 Patienten, die nicht operiert werden konnten und bereits vortherapiert waren, täglich mit Imatinib (400 mg) und Hydroxycarbamid (2 x 500 mg) behandelt. Hydroxycarbamid passiert die Blut-Hirn-Schranke gut und scheint modifizierend auf sie zu wirken. Zusätzlich erhielten die Patienten Glucocorticoide und Antiepileptika. Primärer Endpunkt war ein progressionsfreies Überleben nach 6 Monaten.

10 Patienten (33 %) erreichten den primären Endpunkt. Nach 24 Monaten lebten noch 5 Patienten (16%), nach 36 Monaten 2 (7 %). Das Gesamtüberleben nach 6 Monaten betrug 43 %. 17 Patienten sprachen auf die Therapie an: 1 Patient zeigte eine komplette Remission über den Zeitraum von etwa 1 Jahr, 5 Patienten eine partielle Remission über im Median 3 Monate und 11 Patienten erreichten eine Stabilisierung der Erkrankung für im Median 6 Monate (bei einigen dauert dies noch an). Bei den übrigen Patienten schritt die Erkrankung fort. Die Therapie führte zu keiner deutlichen Reduktion des Tumorvolumens, allerdings wurde eine deutliche Reduktion der Stoffwechselaktivität und der ödemauslösenden Potenz festgestellt. Grad-3- und -4-Toxizitäten wurden nicht beobachtet.

Die Patienten profitierten von der Therapie, hervorzuheben ist die Stabilisierung der Erkrankung als ein wichtiges, teilweise lang anhaltendes Therapieergebnis. Offen bleiben Fragen nach der optimalen Dosierung und der Rolle von Hydroxycarbamid, da gezeigt werden konnte, dass Imatinib in ausreichender Konzentration im Gehirn anflutet.

In einer Phase-II-Studie mit 30 Patienten wurde Imatinib in einer Dosierung von 600 mg/d mit Hydroxycarbamid kombiniert. 57 % der Behandelten überlebten nach 6 Monaten progressionsfrei, nach 12 Monaten waren es 40 %. Die Gesamtsterblichkeit lag nach 6 Monaten bei 87 %, nach 12 Monaten bei 64 %. Es wurden Grad-2- und -3-Toxizitäten beobachtet (z. B. Anämie, Thrombopenie). Die höhere Imatinib-Dosierung scheint dementsprechend wirksamer zu sein.

In einer Phase-III-Studie soll nun der Effekt von Hydroxycarbamid allein (1 500 mg täglich) gegenüber der Kombination von Imatinib mit Hydroxycarbamid (600 mg + 1 000 mg täglich) untersucht werden. Weiterhin wird der Einfluss enzyminduzierender Antiepileptika in Studien untersucht.

Quelle

Priv.-Doz- Dr. Peter Reichardt, Berlin, Prof. Dr. Thomas Fischer, Mainz, Dr. Gregor Dresemann, Dülmen. Post-ASCO-Pressegespräch „5 Jahre Imatinib – Eine Substanz, viele Optionen“, Frankfurt/Main, 27. Juni 2006, veranstaltet von der Novartis Pharma GmbH.

Arzneimitteltherapie 2006; 24(11)