Rationaler Einsatz oraler Antibiotika bei Erwachsenen und Schulkindern (Lebensalter ab 6 Jahre)


Empfehlungen einer Expertenkommission der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V.

Hartmut Lode, Ralf Stahlmann, Berlin, und Heino Skopnik, Worms*

Orale Antibiotika werden vorwiegend in der ambulanten Medizin eingesetzt, finden aber bei leichten bis mittelschweren Infektionskrankheiten auch in der Klinik zunehmend Anwendung. Die Auswahl erfolgt primär nach medizinischen und sekundär nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, da die klinische Effektivität das entscheidende Auswahlkriterium ist. Die verschiedenen Antibiotika-Gruppen (Penicilline, Cephalosporine, Makrolide, Ketolide, Fluorchinolone, Tetracycline, Trimethoprim mit oder ohne Sulfonamid, Fosfomycin, Nitrofurantoin, Oxazolidinone, Nitroimidazole) werden nach ihrem antibakteriellen Spektrum und ihrer Pharmakokinetik charakterisiert. Aufgrund der häufigsten Erreger und der Ergebnisse von Therapiestudien werden daraus Empfehlungen abgeleitet, welche Antibiotika bei den unterschiedlichen Infektionen als Mittel der Wahl und als Alternativen in Frage kommen. Die tabellarischen Zusammenfassungen der Therapieempfehlungen und der Dosierungen bei Erwachsenen und Schulkindern sollen den rationalen Einsatz oraler Antibiotika erleichtern. Die Empfehlungen gelten vorwiegend für die initiale Therapie vor oder ohne Erregerkenntnis (kalkulierte Therapie, Tab. 1). Wo immer möglich, liegen den Empfehlungen Evidenz-basierte Daten zugrunde, die angelehnt an das Leitlinien-Manual der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und der Ärztlichen Zentralstelle für Qualitätssicherung „äzq“ bewertet werden. Nach den Kriterien der AWMF können die Empfehlungen als Leitlinie S2 eingestuft werden. Die Empfehlungsgrade werden im Einzelnen in den Tabellen angegeben (Tab. 2).
Seit 1984 (zuletzt 2002) erscheinen Empfehlungen einer Expertenkommission der Paul-Ehrlich-Gesellschaft (PEG) zum rationalen Einsatz oraler Antibiotika in der Praxis. Die Verfügbarkeit neuer Substanzen einerseits und die Veränderungen der Resistenzsituation in Mitteleuropa andererseits geben Anlass zu einer Aktualisierung dieser Empfehlungen. Hinzu kommt, dass ökonomische und leistungsrechtliche Aspekte der Pharmakotherapie einen immer höheren Stellenwert haben und einige relevante Neuregelungen in der Praxis gelten.Arzneimitteltherapie 2007;25:16–29.

Empfehlungen zum rationalen Einsatz oraler Antibiotika bei Erwachsenen und Schulkindern

Antibiotika gehörten im Jahr 2005 zu den verordnungsstärksten Indikationsgruppen zu Lasten der GKV. Nach der Gliederung der Roten Liste nehmen Antibiotika/Antiinfektiva im Jahr 2004 bei den Verordnungen den dritten Rang ein nach den Analgetika/Antirheumatika und der Gruppe der Betablocker, Calciumkanalblocker und Angiotensin-Hemmstoffe. Die Kosten der Antibiotika zu Lasten der GKV beliefen sich 2005 auf annähernd 1 Mrd. Euro, mit einem Plus von 10,75 % gegenüber 2004. Bei dieser ökonomischen Betrachtung muss allerdings beachtet werden, dass die Antibiotika-Therapie eine Sonderstellung einnimmt, da es sich um eine kurative Therapie handelt. Bei der Wahl des Antibiotikums ist die therapeutische Effektivität – gerade auch unter Kostengesichtspunkten – das entscheidende Kriterium. Die Folgekosten einer ineffizienten Antibiotika-Therapie, wie zum Beispiel zusätzliche diagnostische und therapeutische Maßnahmen sowie Krankenhausaufenthalte, können die Behandlung wesentlich verteuern.

In den vorliegenden Empfehlungen werden zunächst die Eigenschaften der verfügbaren Antibiotika beschrieben und anschließend unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit und des vermuteten Erregerspektrums für die wichtigsten Indikationen Antibiotika empfohlen, die aufgrund ihrer antimikrobiellen und klinischen Wirksamkeit sowohl bei ambulanten als auch bei stationären Patienten eingesetzt werden können. In tabellarischer Form werden Infektionen der Atemwege, des Kopf-Hals-Bereichs, des Magen-Darm-Trakts, der Gallenwege und Harnwege sowie Haut- und Weichgewebsinfektionen aufgeführt. Die zur Therapie geeigneten Antibiotika und die entsprechenden Dosierungen für Erwachsene und Kinder ab sechs Jahren werden ebenfalls in den Tabellen angegeben (Tab. 3–17).

Bei der Behandlung von Schulkindern im ambulanten Bereich sind Infektionen die weitaus am häufigsten diagnostizierten Krankheiten. Demzufolge spielt die Anwendung von Antibiotika in dieser Altersgruppe eine ganz besondere Rolle. Hierbei muss beachtet werden, dass insbesondere bei neuen Antibiotika wegen fehlender Studien auch viele Jahre nach der Einführung diese für Kinder nicht oder nur für Kinder ab einem bestimmten Alter zugelassen sind.

Zahlreiche Verordnungen von Antibiotika sind in Deutschland „off Label“ (außerhalb der in der Zulassung festgelegten Bedingungen) oder „unlicensed“ (nicht zugelassen). Dieser Missstand führt dazu, dass

  • Kinder nicht in dem Maße am medizinischen Fortschritt teilhaben können wie Erwachsene,
  • Kinder bei Anwendung nicht zugelassener Antibiotika einem deutlich höheren Nebenwirkungsrisiko ausgesetzt werden als bei Verordnungen, die der Zulassung entsprechen,
  • der Arzt bei Anwendung von nicht zugelassenen Antibiotika mit einem deutlich höheren Zeitaufwand belastet wird, weil der Einsatz von nicht zugelassenen Antibiotika eine Aufklärung wie unter Studienbedingungen und aufwendige Dokumentation erfordert und der Arzt sich einer Regressgefahr aussetzt.

Demzufolge ist die Anwendung derartiger Antibiotika in der Pädiatrie für das Kind und den Arzt mit einem erhöhten Risiko verbunden. Es sind daher Maßnahmen erforderlich, die die forschende Industrie dazu motivieren, das Kind als vollwertigen Patienten zu akzeptieren.

Besonderheiten der Antibiotika-Therapie in der ambulanten Medizin

Die antibakterielle Therapie in der ambulanten Medizin unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von den Gegebenheiten in der Klinik: Bei den meisten bakteriellen Infektionserkrankungen in der ambulanten Medizin sind die Erreger gegenüber den meisten Antibiotika noch empfindlich. Hohe Resistenzraten, wie sie im Krankenhaus auftreten können, spielen in der ambulanten Medizin eine geringere Rolle. Wegen der zunehmenden Tendenz, auch schwerere Infektionserkrankungen ambulant zu behandeln, muss jedoch auf mehrfach resistente Erreger hingewiesen werden, wie sie bei urologischen und bei komplizierten Atemwegsinfektionen auftreten oder in anderen Ländern (auf Reisen) akquiriert werden können.

Bei einer akuten behandlungsbedürftigen Infektion liegt ein Erregernachweis in der Regel nicht vor, die Behandlung wird daher kalkuliert eingeleitet. Zur „kalkulierten“ Therapie gehört, dass bei der Auswahl der Antibiotika die jeweilige Lokalisation der Infektion, das vermutete Erregerspektrum, die lokale Resistenzsituation der Erreger, die antibakterielle Aktivität, die Pharmakokinetik und die unerwünschten Wirkungen des Antibiotikums berücksichtigt werden. Liegt ein klinischer Hinweis für eine bakterielle Infektion vor, sollte die Behandlung in den meisten Fällen unverzüglich mit der geeigneten Applikationsform so lange wie nötig, so kurz wie möglich sowie in ausreichender Dosierung erfolgen.

Bei der optimalen Dosierung von Antibiotika müssen neben den mikrobiologischen, pharmakokinetischen und toxikologischen Daten auch die pharmakodynamischen Parameter jeder einzelnen Substanz berücksichtigt werden. Antibiotika wirken auf spezifische Strukturen in den Bakterien, an denen sie in Wechselwirkung mit den Mikroorganismen treten. Aus der Vielfalt ihrer Wirkungen betreffen die wichtigsten antibiotischen Effekte die Zellwandsynthese (Beta-Lactam-Antibiotika, Glykopeptid-Antibiotika), die ribosomale Proteinsynthese (Tetracycline, Makrolide, Oxazolidinone, Lincomycine, Aminoglykoside), die Folsäuresynthese (Sulfonamide, Trimethoprim), die RNS-Synthese (Rifampicin) sowie die DNS-Replikation (Fluorchinolone).

Wesentliche Unterschiede in der Pharmakodynamik der wichtigsten antibakteriellen Wirkstoffgruppen sind einerseits die zeitabhängige Bakterizidie der Beta-Lactam-Antibiotika und andererseits die konzentrationsabhängige Bakterizidie der Aminoglykoside (nur zur parenteralen oder inhalativen Therapie) und der Fluorchinolone. Experimentelle Untersuchungen haben klar ergeben, dass Beta-Lactam-Antibiotika eine zeitabhängige Abtötung der Bakterien aufweisen. Damit erlaubt der Parameter „Zeit oberhalb der MHK“ die beste Voraussage für eine Wirksamkeit der Beta-Lactam-Antibiotika. Für die klinische Anwendung der Penicilline beispielsweise bedeutet dies, dass die freie Serumkonzentration des Antibiotikums zumindest für 40 bis 50 % des Applikationsintervalls oberhalb des MHK-Werts des jeweiligen Erregers liegen sollte. Im Gegensatz zu den Beta-Lactam-Antibiotika verursachen die Aminoglykoside und Fluorchinolone eine konzentrationsabhängige Bakterizidie. Weiterhin verfügen diese beiden Substanzgruppen über einen postantibiotischen Effekt. Aus diesen Gründen sollte die Applikation von Aminoglykosiden nur einmal täglich erfolgen; bei den Fluorchinolonen sollte das Verhältnis von Spitzenkonzentration zur MHK des Erregers idealerweise > 10 betragen. Hiermit sind nicht nur günstige Therapieergebnisse, sondern auch eine verminderte Resistenzentwicklung zu erreichen.

Der Arzt in der ambulanten Medizin muss meist rasch entscheiden und erwartet bei der Verordnung der Antibiotika seiner Wahl eine hohe Akzeptanz durch den Patienten, das heißt eine gute Compliance, und eine hohe Therapiesicherheit. Dabei müssen wirtschaftliche und gesetzliche Vorgaben berücksichtigt werden (V. Sozialgesetzbuch und Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses).

In der ambulanten Medizin werden fast ausschließlich oral anwendbare Antibiotika eingesetzt; eine parenterale Gabe ist nur bei sehr wenigen Infektionskrankheiten erforderlich, gewinnt aber zunehmend an Bedeutung, da heute häufiger schwere Infektionen auch ambulant behandelt werden und einmal täglich zu applizierende Antibiotika zur Verfügung stehen. Aber auch in der Klinik kommt oral anwendbaren Antibiotika eine wachsende Bedeutung zu, tragen sie doch wesentlich zur Einsparung von Behandlungs- und Personalkosten sowie zur Müllvermeidung bei.

Effiziente oral anwendbare Antibiotika bieten verstärkt die Möglichkeit einer parenteral-oralen Folgebehandlung (Sequenztherapie) und erlauben, die in der Klinik parenteral begonnene Therapie ambulant oral fortzusetzen. Dabei können auch Substanzen unterschiedlicher Stoffklassen verwendet werden, wenn zum Beispiel der mikrobiologische Befund eine Sensibilität für beide Antibiotika nachweist.

Die parenteral-orale Folgetherapie hat auch in der prä- und poststationären Versorgung zu Einsparungen bei Kosten und im Personalaufwand geführt. Falls klinisch möglich, wird aus Kostengründen die orale Therapie oder eine Sequenztherapie gegenüber einer rein parenteralen Therapie bevorzugt. Eine Indikation zur parenteralen Gabe des Antibiotikums besteht zum Beispiel bei lebensbedrohlichen Erkrankungen, reduzierter Immunabwehr, Schluckstörungen, Erbrechen, Diarrhö, Koma, Kurzdarmsyndrom oder wenn das Antibiotikum in einer Formulierung zur oralen Gabe nicht verfügbar ist. Da die Übergänge fließend sind, sollte bei einigen Krankheitsbildern die Wahl für eine orale oder parenterale Applikationsart individuell erfolgen.

Charakterisierung der Antibiotika-Gruppen

Penicilline und Beta-Lactamase-Inhibitoren

Penicilline mit schmalem Spektrum: Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V) gilt bei Monoinfektion durch Streptokokken und Penicillin-sensible Pneumokokken wegen seiner hohen Aktivität immer noch als Mittel der Wahl. In Deutschland beträgt der Anteil von Pneumokokken mit verminderter Penicillin-Empfindlichkeit bis zu 10 %, 1 bis 2 % sind hochgradig resistent. Es gibt keine Penicillin-resistenten beta-hämolysierenden Streptokokken. Grundsätzlich sind regionale Besonderheiten zu beachten. Staphylokokken werden kaum erfasst, da die Mehrzahl der Stämme (etwa 80 %) Penicillinasen bilden, die Penicillin inaktivieren.

Die Oralpenicilline (Phenoxymethylpenicillin [Penicillin V], Azidocillin, Propicillin) sind trotz ihrer unterschiedlichen Pharmakokinetik gleichwertig. Um eine gute Resorption zu erzielen, sollte Phenoxymethylpenicillin etwa eine Stunde vor der Mahlzeit eingenommen werden. Ausreichend hohe Plasmaspiegel sind unabhängig von der Mahlzeit mit Azidocillin und Propicillin zu erreichen. Saftzubereitungen schmecken oft bitter.

Aminopenicilline: Ein breiteres Spektrum als Penicillin haben die Aminopenicilline Ampicillin und Amoxicillin. Neben der Aktivität gegen Streptokokken, einschließlich Pneumokokken, besitzen sie eine Wirkung gegen Enterococcus faecalis, Haemophilus influenzae und parainfluenzae, Listerien, Escherichia coli, Proteus mirabilis, Salmonellen und Shigellen; Resistenz kann in unterschiedlicher Häufigkeit vorkommen. Wegen der Empfindlichkeit der Aminopenicilline gegenüber Beta-Lactamasen sind sie zum Beispiel gegen Staphylokokken, Moraxella catarrhalis, Bacteroides fragilis und viele Enterobacteriaceae nicht wirksam. Bis zu 80 % der Stämme sind resistent. Darüber hinaus muss bedacht werden, dass Aminopenicilline nicht gegen Mykoplasmen, Chlamydien und Legionellen wirksam sind.

Wegen der besseren Resorption sollte oral nur Amoxicillin eingesetzt werden, dessen Bioverfügbarkeit wird durch die Nahrungsaufnahme nicht wesentlich beeinträchtigt. Während einer Behandlungsdauer von etwa sieben Tagen muss bei allen Aminopenicillinen relativ häufig (5 bis 10 %), besonders in Verbindung mit Virusinfektionen (z. B. EBV-Infektion), mit Exanthemen gerechnet werden, die auch noch mit zeitlicher Verzögerung auftreten können.

Beta-Lactamase-Inhibitoren: Clavulansäure und Sulbactam erweitern in Kombination mit Aminopenicillinen deren Wirkungsspektrum auch auf zahlreiche Beta-Lactamase-produzierende Erreger. Beim oralen Einsatz dieser Kombinationen kann es zu gastrointestinalen Nebenwirkungen kommen.

Fixe Kombinationen sind Amoxicillin plus Clavulansäure und Sultamicillin, eine Esterverbindung aus Ampicillin und Sulbactam. Die Bioverfügbarkeit von Ampicillin wird bei Verabreichung als Ester erhöht.

Isoxazolylpenicilline: Isoxazolylpenicilline besitzen ein schmales Wirkungsspektrum. Ihr Einsatzgebiet beschränkt sich auf vermutete oder nachgewiesene Infektionen durch Staphylococcus aureus (Methicillin-empfindlich). Aus dieser Gruppe sind für eine orale Therapie Dicloxacillin und Flucloxacillin verfügbar.

Ein relevanter Einfluss auf die enterale Resorption bei der Einnahme zu den Mahlzeiten ist nur bei Flucloxacillin beschrieben, das daher eine Stunde vor oder zwei Stunden nach dem Essen eingenommen werden sollte. Isoxazolylpenicilline werden vor allem bei leichten Haut- oder Wundinfektionen eingesetzt sowie bei anderen Infektionen, die häufig durch Staphylokokken verursacht werden.

Cephalosporine

Cephalosporine zeichnen sich im Allgemeinen durch eine sehr gute Verträglichkeit aus. Allergische Reaktionen kommen seltener vor als bei den Penicillinen. Eine Kreuzallergie mit Penicillinen ist selten, außer bei einer Penicillinallergie vom Soforttyp. Gastrointestinale Nebenwirkungen sind bei den älteren oralen Cephalosporinen selten, bei den neueren je nach Substanz und in Abhängigkeit von der Dosierung häufiger.

Bei den Cephalosporinen gibt es zahlreiche Untersuchungen zur Sequenztherapie, die in dieser Indikation ihre Wirksamkeit belegen, auch wenn zum Teil bei den oralen Vertretern in ihren üblichen Dosierungen im Vergleich zur intravenösen Therapie niedrigere Wirkspiegel resultieren.

Eine Einteilung der oralen Cephalosporine in drei Gruppen wurde im Jahr 1999 von der PEG vorgenommen. Zwischen den verschiedenen Oralcephalosporinen bestehen zum Teil erhebliche Unterschiede auch innerhalb der einzelnen Gruppen im antibakteriellen und pharmakokinetischen Verhalten.

Die Oralcephalosporine der Gruppe 1 (Cefalexin, Cefadroxil, Cefaclor) sind aktiv gegen grampositive Erreger, wie Streptokokken und S. aureus, haben aber nur eine mäßige Wirkung gegen Enterobacteriaceae und eine unzureichende Aktivität gegen H. influenzae. Hauptindikationsgebiete sind Haut- und Weichgewebsinfektionen. Die gleichzeitige Nahrungsaufnahme hat keinen signifikanten Einfluss auf die Pharmakokinetik. Selten kann bei Cefaclor ein Serumkrankheits-ähnliches Syndrom auftreten.

Die Oralcephalosporine der Gruppe 2 (wie z. B. Cefuroximaxetil) zeigen eine bessere Aktivität gegenüber gramnegativen Erregern als Cephalosporine der Gruppe 1 bei guter Aktivität gegenüber grampositiven Erregern. Dieses erweiterte Wirkungsspektrum wird durch eine erhöhte Beta-Lactamase-Stabilität erreicht. Es umfasst Streptokokken einschließlich Pneumokokken, Staphylococcus aureus, Haemophilus influenzae und Moraxella catarrhalis sowie Klebsiellen, Proteus mirabilis und Escherichia coli (Resistenzentwicklung beachten).

Durch die Bildung eines Esters konnte Cefuroxim in ein säurestabiles Prodrug, das Cefuroximaxetil, überführt werden, das nach der oralen Einnahme rasch zur Muttersubstanz hydrolysiert wird. Durch Einnahme zu den Mahlzeiten kann die Resorption erhöht werden.

Indikationen sind Infektionen des oberen und unteren Respirationstrakts, akute Otitis media, akute Sinusitis, Harnwegsinfektionen, Haut- und Weichgewebsinfektionen sowie beim Stadium 1 (Erythema migrans) der Lyme-Borreliose (Cefuroximaxetil).

Betrachtet man die In-vitro-Aktivität, die Pharmakokinetik und das Verhältnis von Serum- oder Gewebekonzentrationen zu den minimalen Hemmkonzentrationen (MHK), dann haben die Cephalosporine der Gruppe 2 gegenüber den älteren bei niedrigerer Dosierung, längerem Dosierungsintervall und damit geringerer Substanzbelastung eine vergleichbare oder bessere Wirksamkeit.

Loracarbef hat als Carbacephem-Analogon des Cefaclors eine Sonderstellung. Es verfügt im Vergleich zum Cefaclor über eine verbesserte Pharmakokinetik und ein Wirkungsspektrum, das dem der Cephalosporine der Gruppe 2 annähernd entspricht. Die Aktivität gegenüber Staphylokokken ist schwächer als bei Cefaclor. Die Substanz wird zu annähernd 90 % resorbiert, ein zeitlicher Abstand zu den Mahlzeiten muss nicht berücksichtigt werden.

Die Oralcephalosporine der Gruppe 3 haben eine verbesserte Aktivität im gramnegativen Bereich. Die Aktivität gegen einige grampositive Bakterien (Staphylokokken und Streptokokken) ist jedoch unterschiedlich. Für die Behandlung von Infektionen, bei denen Staphylokokken vermutet oder nachgewiesen werden, sind diese Cephalosporine daher nicht geeignet. Die Aktivität von Cefpodoxim gegen Streptokokken einschließlich Pneumokokken ist gut, gegen Staphylokokken entspricht sie der der Gruppe 2, so dass dieses orale Cephalosporin im Übergangsbereich der Gruppe 2 zu Gruppe 3 liegt. Die Aktivität von Cefixim und Ceftibuten gegen Staphylokokken ist unzureichend. Zu beachten ist die Pneumokokkenschwäche bei Ceftibuten.

Indikationen von Cefpodoximproxetil und Cefixim sind Infektionen der Atemwege und des HNO-Bereichs sowie Harnwegsinfektionen und Haut- und Weichgewebsinfektionen. Ceftibuten kann wegen seiner guten Wirksamkeit im gramnegativen Bereich bevorzugt bei Harnwegsinfektionen eingesetzt werden.

Während die Resorption bei Ceftibuten und Cefixim durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme nicht beeinflusst wird, kann bei dem Ester Cefpodoximproxetil durch die Einnahme zu den Mahlzeiten die Bioverfügbarkeit verbessert werden.

Fluorchinolone

Die Einteilung der Fluorchinolone erfolgt nach Gruppen auf der Grundlage des Wirkungsspektrums, der Pharmakokinetik und der Indikationen.

Fluorchinolone der Gruppe 1 (Norfloxacin): Das Wirkungsspektrum von Norfloxacin umfasst im Wesentlichen die Enterobacteriaceae. Gegen grampositive und „atypische“ Erreger ist dieses Fluorchinolon unwirksam. Norfloxacin ist in Deutschland nur zur Behandlung von Harnwegsinfektionen, Enteritis und chronischer Prostatitis zugelassen.

Fluorchinolone der Gruppe 2 (Ciprofloxacin, Ofloxacin, Enoxacin): Ciprofloxacin und Ofloxacin stehen zur oralen und parenteralen Gabe zur Verfügung. Diese Fluorchinolone haben eine gute Aktivität gegen Enterobacteriaceae und Haemophilus influenzae, eine schwächere Wirkung gegen Staphylokokken, Streptokokken einschließlich Pneumokokken und Enterokokken sowie gegen Chlamydien, Legionellen und Mykoplasmen. Die Aktivität gegen Pseudomonas aeruginosa ist unterschiedlich, wobei Ciprofloxacin in vitro am aktivsten ist. Ofloxacin ist ein Razemat, von dem nur das linksdrehende Enantiomer und damit nur 50 % der Substanz antibakteriell aktiv ist. Enoxacin besitzt im Vergleich zu Ciprofloxacin eine schwächere antibakterielle Aktivität bei deutlich stärkerem Interaktionspotenzial. Fluorchinolone der Gruppe 2 besitzen ein breites Indikationsgebiet. Wegen ihrer schwächeren Aktivität gegenüber Pneumokokken sind sie jedoch nicht indiziert bei ambulant erworbenen Atemwegsinfektionen. Ausgenommen sind Krankheitsbilder, bei denen Pseudomonas aeruginosa der häufigste Erreger ist. Bei diesen ist Ciprofloxacin zu bevorzugen. Typische Indikationen sind Harnwegs- und Gallenwegsinfektionen sowie gynäkologische und abdominale Infektionen.

Fluorchinolone der Gruppe 3 (Levofloxacin): Levofloxacin steht zur oralen und parenteralen Gabe zur Verfügung. Es ist das linksdrehende Enantiomer des Razemats Ofloxacin und besitzt eine doppelt so hohe antibakterielle Aktivität wie Ofloxacin. Das Wirkungsspektrum von Levofloxacin unterscheidet sich von den Chinolonen der Gruppe 2 unter therapeutischen Gesichtspunkten vor allem dadurch, dass die Aktivität gegen grampositive Erreger wie Staphylokokken, Streptokokken einschließlich Pneumokokken höher ist. Hinzu kommt die verbesserte Aktivität gegen Chlamydien, Mykoplasmen und Legionellen. Aufgrund einer relativ langen Halbwertszeit ist eine einmal tägliche Gabe möglich. Indikationen sind Infektionen der unteren Atemwege, HNO-, Haut- und Weichgewebs- sowie Harnwegsinfektionen.

Fluorchinolone der Gruppe 4 (Moxifloxacin): Moxifloxacin steht zur oralen und parenteralen Gabe zur Verfügung. Es besitzt ein ähnliches Wirkungsspektrum wie Levofloxacin, jedoch mit besserer Aktivität gegen grampositive Erreger wie Staphylokokken und Streptokokken, einschließlich Pneumokokken, und zusätzlich eine verbesserte Aktivität gegen Anaerobier. Die Aktivität gegen gramnegative Erreger ist geringer als die von Ciprofloxacin und Levofloxacin.

Für alle Fluorchinolone gilt, dass die Resistenz, besonders bei E. coli, angestiegen ist.

Während der Behandlung mit Fluorchinolonen treten unerwünschte Wirkungen bei etwa 4 bis 10 % der Patienten auf. Am häufigsten manifestieren sich unerwünschte Wirkungen am Magen-Darm-Trakt, als ZNS- oder als Hautreaktionen. Entzündungen oder Rupturen von Sehnen wurden beschrieben. Bei Patienten mit Elektrolytstörungen oder gleichzeitiger Einnahme von Antiarrhythmika besteht ein erhöhtes Risiko für Torsades de Pointes.

Chinolone bilden mit mehrwertigen Kationen Chelatkomplexe. Milch oder Milchprodukte, Eisenpräparate sowie Arzneimittel mit Calcium-, Magnesium- oder Aluminiumsalzen und Colestyramin sollten in einem ausreichenden zeitlichen Abstand eingenommen werden, da bei gleichzeitiger Einnahme die Resorption der Chinolone beeinträchtigt werden kann. Bei gleichzeitiger Gabe von Ciprofloxacin und Theophyllin wird der Metabolismus von Theophyllin inhibiert. Bei Enoxacin ist diese Interaktion noch ausgeprägter (Tab. 3).

Anwendung bei Kindern und Jugendlichen: Bei juvenilen Hunden und mehreren anderen Tierarten verursachen Chinolone irreversible Schäden des Gelenkknorpels. Diese Effekte treten zum Teil bereits bei einer Exposition auf, die der Exposition des Menschen bei therapeutischer Dosierung entspricht, sie begründen die eingeschränkte Zulassung im Kindesalter. Eine Schädigung des Gelenkknorpels durch Chinolone ist bei Kindern und Jugendlichen bislang jedoch nicht beschrieben worden, obwohl Ciprofloxacin in einer durchschnittlichen Dosierung von 30 bis 40 mg/kg Körpergewicht pro Tag per os und einer durchschnittlichen Therapiedauer von 20 bis 25 Tagen mittlerweile seit Jahrzehnten angewandt wird. Arthralgien sind zwar als unerwünschte Wirkungen beobachtet worden, traten aber nicht häufiger auf als bei Behandlung mit anderen Antibiotika. Chinolone können für Kinder begründet verordnet werden, wenn es für die indizierte Therapie keine überzeugende Alternative gibt und wenn die Aufklärung wie unter den Bedingungen der klinischen Prüfung geschieht, das heißt, es muss eine schriftliche Einverständniserklärung der Eltern und in der Regel ab dem 14. Lebensjahr auch des Patienten eingeholt werden. Ciprofloxacin sollte bevorzugt werden, da es am besten dokumentiert ist und eine Saftzubereitung zur Verfügung steht.

Zu den derzeitigen Indikationen für die Anwendung von Chinolonen zählen Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa oder multiresistente gramnegative Bakterien, komplizierte Harnwegsinfektionen, Osteomyelitis, chronische Otitis media, Shuntinfektionen, Shigellose, Salmonellose, Typhus, Milzbrand und Prophylaxe systemischer Meningokokken-Infektionen. Bislang ist nur Ciprofloxacin für Kinder ab fünf Jahren mit einer Pseudomonas-Infektion bei zystischer Fibrose und für alle Kinder zur Soforttherapie des Milzbrands mit systemischer Beteiligung und bei Inhalation von B. anthracis zugelassen.

Makrolide/Azalide

Das Wirkungsspektrum der Makrolide umfasst, neben den so genannten atypischen Erregern, Streptokokken einschließlich Pneumokokken, Bordetella pertussis und Moraxella catarrhalis. Von Bedeutung ist die auch in Deutschland zunehmende Resistenz der Pneumokokken und A-Streptokokken, die für Pneumokokken bereits 10 bis 15 % und regional sogar schon bis 20 % beträgt (bei Kindern bis zu 30 %); für A-Streptokokken 5 bis 10 %. Die In-vitro-Aktivität gegen Haemophilus influenzae ist bei den Makroliden nicht ausreichend. Makrolide reichern sich intrazellulär an, weshalb sie sich insbesondere zur Behandlung von Infektionen durch Mykoplasmen, Chlamydien und Legionellen eignen.

Erythromycin ist das älteste Makrolid-Antibiotikum, es ist zur oralen und parenteralen Anwendung verfügbar. Pharmakokinetische Parameter der oralen Erythromycin-Ester können sehr stark schwanken und sind abhängig von der Dosis und dem Derivat. Die relative Bioverfügbarkeit des freien Erythromycins ist nach Gabe von Erythromycinestolat und Erythromycinstinoprat höher als nach Verabreichung von Erythromycinethylsuccinat. Im Allgemeinen sollten Stearate nüchtern eingenommen werden. Bei der freien Base, dem Ethylsuccinat, dem Stinoprat und dem Propionat scheinen Mahlzeiten keinen relevanten Einfluss auf die Resorption zu besitzen.

Die Verträglichkeit ist individuell unterschiedlich. Bei höherer Dosierung und längerer Einnahmedauer muss bei Erwachsenen mit einer Zunahme der gastrointestinalen und hepatischen Nebenwirkungen gerechnet werden.

Weitere Makrolide sind Roxithromycin, Clarithromycin sowie Azithromycin, ein Azalid, das mit den Makroliden strukturverwandt ist. Roxithromycin ist ausschließlich in oraler Form im Handel, Clarithromycin und Azithromycin sind oral und parenteral verfügbar. Die Verträglichkeit dieser Präparate bei Erwachsenen ist aufgrund der höheren Magensäurestabilität im Vergleich zu Erythromycin besser. Zudem besitzen sie eine günstigere Bioverfügbarkeit und verlängerte Halbwertszeiten mit dem Vorteil einer geringeren Zahl der täglichen Verabreichungen.

Da Makrolide in der Leber metabolisiert werden, kann es zu Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln (u. a. Theophyllin, Carbamazepin, Terfenadin) kommen, die ebenfalls über Cytochrom P450 enzymatisch abgebaut werden (Tab. 4). Das Potenzial für derartige Interaktionen ist substanzspezifisch unterschiedlich stark ausgeprägt. Es ist am ausgeprägtesten bei Erythromycin und Clarithromycin und am geringsten bei Azithromycin. Während einer oralen Therapie mit Azithromycin sind keine Arzneimittelinteraktionen durch Hemmung von Cytochrom-P450-Isoenzymen zu erwarten.

Die Wirkungsspektren von Roxithromycin und Clarithromycin unterscheiden sich kaum von dem von Erythromycin. Der Hauptmetabolit von Clarithromycin weist eine klinisch relevante antibakterielle Aktivität insbesondere gegen Haemophilus influenzae auf.

Azithromycin hat im Vergleich zu Erythromycin in vitro eine verbesserte Haemophilus-, aber eine etwas schwächere Aktivität gegen A-Streptokokken. Die lange Halbwertszeit und das große Verteilungsvolumen sind Ausdruck einer Anreicherung in den Geweben sowie in den Makrophagen. Aufgrund der langen Halbwertszeit ist eine 3- bis 5-Tage-Therapie für einige Indikationen geprüft und zugelassen worden. In naher Zukunft wird eine Einmaltherapie mit dieser Substanz als Slow-Release-Form möglich sein.

Indikationen der Makrolide sind Atemwegs- einschließlich HNO-Infektionen, dentogene Infektionen, sexuell übertragbare Infektionen (STD) und Haut- und Weichgewebsinfektionen. Besonders wirksam sind sie gegen Chlamydien, Mykoplasmen und Legionellen. Die primäre Resistenz von Pneumokokken und A-Streptokokken beträgt bis zu 30 % bei Kindern. Bei Erwachsenen ist die Pneumokokken-Resistenz gegenüber Makroliden regional sehr unterschiedlich; bei vorangegangener Antibiotika-Therapie in den letzten drei Monaten – insbesondere mit Makroliden – ist mit höheren Resistenzraten zu rechnen. Eine spezielle Indikation für Clarithromycin ist die Eradikation von Helicobacter pylori. Die primäre Resistenz beträgt mittlerweile etwa 20 % bei Kindern. Spätestens bei Therapieversagen ist die Resistenz zu überprüfen.

Azithromycin und Clarithromycin sind auch bei Infektionen durch Mycobacterium avium intracellulare indiziert. Weiterhin sind Makrolide auch bei Borrelia burgdorferi und Bartonellen wirksam. Eine weitere mögliche Anwendung für Azithromycin besteht bei zystischer Fibrose mit Pseudomonas aeruginosa auf Grund der immunmodulatorischen Wirkung.

Ketolide

Die Ketolide sind eine Weiterentwicklung der Makrolide. Sie greifen gleichzeitig an zwei Stellen der bakteriellen Proteinsynthese ein. Die Bindung an die ribosomale RNS der Bakterien ist dabei zehnfach stärker als bei den Makroliden. Der erste Vertreter dieser Klasse ist Telithromycin. Das Wirkungsspektrum ist ähnlich breit wie bei den neueren Makroliden. Darüber hinaus wirken Ketolide aber auch gegen viele Makrolid-resistente grampositive Bakterien. Dies gilt besonders für Makrolid-resistente Pneumokokken.

Telithromycin reichert sich in hohen Konzentrationen besonders in den Atemwegen sowie den Alveolarmakrophagen an. Die lange Halbwertszeit gestattet eine tägliche Einmalgabe. Im Allgemeinen wird Telithromycin ähnlich gut vertragen wie die Makrolide, die am häufigsten genannten unerwünschten Wirkungen betreffen den Magen-Darm-Trakt. Eine Erhöhung der Transaminasen als Ausdruck einer Leberfunktionsstörung kann vorkommen, in sehr seltenen Fällen ist ein akutes Leberversagen im Zusammenhang mit einer Telithromycin-Behandlung beschrieben worden. Telithromycin hemmt Cytochrom-P450-Enzyme und kann zu Arzneimittelinteraktionen beispielsweise mit Simvastatin, Ciclosporin oder Midazolam führen (Tab. 4).

Zugelassene Indikationen von Telithromycin bei Erwachsenen sind die akute Exazerbation der chronischen Bronchitis, die ambulant erworbene Pneumonie (leicht bis mittelschwer), die akute Sinusitis und die Tonsillitis/Pharyngitis (bei Kindern ab 12 Jahren nur Tonsillopharyngitis).

Tetracycline

Von den Tetracyclinen wird fast nur noch Doxycyclin zur Therapie eingesetzt, da es aufgrund seiner höheren Lipophilie günstigere pharmakokinetische Eigenschaften besitzt als die älteren Tetracycline. Minocyclin ist ein weiteres lipophiles Tetracyclin mit relativ langer Halbwertszeit, das aber aus Verträglichkeitsgründen seltener angewandt wird.

Die Resistenz von Pneumokokken, Streptokokken, Staphylococcus aureus, Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis liegt unter 10 %. Wegen der guten Aktivität gegen Chlamydien, Mykoplasmen und Rickettsien ist Doxycyclin bei gesicherter Infektion durch diese Mikroorganismen Mittel der Wahl. Weitere Indikationen sind die Lyme-Borreliose, Syphilis sowie schwere Formen von Akne und Rosacea. Bei frischer lokaler Chlamydieninfektion (Zervizitis, Urethritis, Konjunktivitis) genügt eine Therapiedauer von 10 Tagen, bei invasiver Chlamydieninfektion (Salpingitis, Prostatitis, Perihepatitis) sollte mindestens 20 Tage lang behandelt werden.

Die enterale Resorption von Doxycyclin liegt bei etwa 90 %. Milch oder Milchprodukte, Eisenpräparate sowie Arzneimittel mit Calcium- oder Aluminiumsalzen, Aktivkohle oder Colestyramin sollten in einem zeitlichen Abstand von zwei bis drei Stunden eingenommen werden, da bei gleichzeitiger Einnahme die Resorption von Doxycyclin beeinträchtigt werden kann. Im Knochen und in den Zähnen werden irreversibel Tetracyclin-Calcium-Komplexe abgelagert, so dass die Applikation von Doxycyclin und anderen Tetracyclinen bei Kindern unter neun Jahren und bei Schwangeren unterbleiben sollte.

Lincosamide

Clindamycin ist ein semisynthetisches Derivat von Lincomycin. Die Bioverfügbarkeit der oralen Zubereitungen von Clindamycin beträgt etwa 90 %. Es zeigt gute Aktivität gegen grampositive Kokken (Methicillin-sensible Staphylokokken sind zu 5 % resistent, MRSA sind zu 80 % resistent), Anaerobier (Bacteroides fragilis zu 10 bis 20 % resistent), Diphtheriebakterien, Nocardien und Mykoplasmen (nicht gegen M. pneumoniae). Gegen Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA, MRSE) ist Clindamycin meist nicht wirksam, doch werden sehr große regionale Unterschiede beschrieben. Mit einer Häufigkeit von 5 bis 20 % treten unter der Clindamycin-Behandlung gastrointestinale Störungen auf. Insbesondere ist auf das Risiko einer pseudomembranösen Enterokolitis hinzuweisen. Allergische Reaktionen sind eher selten. Indikationen für Clindamycin sind dentogene Infektionen, schwere Staphylokokken-Infektionen der Haut, der Weichteile und des Knochens sowie Infektionen durch Anaerobier.

Oxazolidinone

Einziger Vertreter dieser Wirkstoffklasse ist Linezolid, das zur oralen und parenteralen Gabe im Handel ist. Die Bioverfügbarkeit nach oraler Gabe beträgt nahezu 100 %. Daher ist Linezolid besonders für die Sequenztherapie geeignet. Das Wirkungsspektrum umfasst grampositive Bakterien einschließlich Methicillin-resistenter Staphylokokken, Penicillin-resistenter Pneumokokken, Vancomycin-resistenter Enterokokken sowie Mycobacterium tuberculosis. Linezolid hat eine besondere Bedeutung für die Therapie von Infektionen durch multiresistente grampositive Erreger. Für Kinder ist Linezolid in Deutschland nicht zugelassen.

Linezolid kann vor allem bei einer Behandlungsdauer von mehr als zwei Wochen eine reversible Anämie, Thrombozytopenie oder Leukozytopenie verursachen, wöchentliche Blutbildkontrollen sind bei allen Patienten unabhängig von den Ausgangswerten des Blutbildes angezeigt. Linezolid ist ein Hemmstoff der Monoaminoxidase. Entsprechende Interaktionen mit gleichzeitig gegebenen adrenerg oder serotonerg wirksamen Medikamenten können daher auftreten. In sehr seltenen Fällen wurde bei gleichzeitiger Anwendung von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern ein Serotonin-Syndrom beobachtet. Die Patienten sollten auch darauf hingewiesen werden, dass während der Behandlung übermäßige Mengen von Nahrungsmitteln oder Getränken mit hohem Gehalt an Tyramin (z. B. Käse, Rotwein) vermieden werden müssen. Im Tierexperiment kam es bei therapeutisch relevanten Konzentrationen zu einer Abnahme der Fertilität. Bei Auftreten einer peripheren Neuropathie oder von Sehstörungen muss Linezolid abgesetzt werden.

Trimethoprim (TMP) und Co-trimoxazol

Wichtigste Indikation dieser Präparate ist die Therapie von Harnwegsinfektionen. Sie können auch zur Reinfektionsprophylaxe rezidivierender Harnwegsinfektionen eingesetzt werden. Für die empirische Therapie werden diese Arzneimittel nicht mehr empfohlen, da die Resistenzquoten bei E. coli über 20 % liegen. Bei Atemwegsinfektionen sowie Infektionen im HNO-Bereich sollten diese Arzneimittel nicht mehr eingesetzt werden, da die Aktivität gegen Streptokokken unzureichend ist. Im Besonderen nicht gerechtfertigt ist die Anwendung bei der A-Streptokokken-Tonsillitis. Das Kombinationspräparat aus Trimethoprim und Sulfamethoxazol (= Co-trimoxazol) ist Mittel der Wahl bei Patienten mit Immundefekten zur Prophylaxe und Therapie bei Pneumocystis-jiroveci-Pneumonie (z. B. bei AIDS). Die Aktivität von Trimethoprim-Sulfonamid-Kombinationen gegen MRSA ist von Interesse. Nicht selten treten bei diesen Präparaten allergische Reaktionen und Störungen der Hämatopoese auf, die einen schweren Verlauf nehmen können. Hierfür ist meist die Sulfonamid-Komponente verantwortlich. Bei Patienten über 70 Jahren ist durch Dosisreduktion oft eine bessere Verträglichkeit zu erreichen.

Fosfomycin

Fosfomycin, das gegen gramnegative und grampositive Erreger wirksam ist, steht als oral resorbierbares Fosfomycin-Trometamol für die Einmaltherapie (3 g) der akuten unkomplizierten Zystitis der Frau zur Verfügung.

Nitrofurantoin

Nitrofurantoin hat durch die Einführung neuer, wirksamerer und besser verträglicher Substanzen stark an Bedeutung verloren und sollte speziellen urologischen Indikationen vorbehalten bleiben, zum Beispiel Therapie der unkomplizierten Zystitis (5 bis 7 Tage) und Reinfektionsprophylaxe bei rezidivierenden Harnwegsinfektionen, beispielsweise bei vesikoureteralem Reflux > II° (0,5 bis 1 mg/kg Körpergewicht). Auf seltene, aber schwere unerwünschte Wirkungen (z. B. Lungenfibrose) ist zu achten.

Nitroimidazole

Von den Nitroimidazolen wird vor allem Metronidazol verwendet. Es ist wirksam gegen anaerobe Bakterien und Protozoen. Metronidazol wird auch in Kombination zur Eradikation von Helicobacter pylori eingesetzt. Die primäre Resistenz liegt aber bei Kindern bei über 20 %. Alle Nitroimidazole können den Urin dunkel färben. Metallischer Geschmack, Exantheme, Schwindel und Ataxien sind häufige Nebenwirkungen. Alkoholintoleranz ist beschrieben worden, die Datenlage zur Interaktion mit Alkohol ist allerdings widersprüchlich.

Rifampicin

Rifampicin ist ein Antituberkulotikum der ersten Wahl. Außerdem ist es zur Behandlung von schweren Staphylokokken-Infektionen in Kombination mit anderen Antibiotika und zur Prophylaxe von Meningokokken-Infektionen geeignet. Rifampicin färbt Tränenflüssigkeit (cave Kontaktlinsenträger), Urin, Sputum, Schweiß und andere Körperflüssigkeiten orange.

Hinweise zur oralen Therapie mit Antibiotika in der Schwangerschaft und Stillzeit

Von den oralen Antibiotika eignen sich primär Penicilline und Cephalosporine sowie Erythromycin zur Behandlung von Infektionskrankheiten während Schwangerschaft und Stillzeit. Die relative Kontraindikation, die bei den neueren Makroliden angegeben wird, kann als allgemeine Vorsichtsmaßnahme verstanden werden. In allen bisher durchgeführten klinischen Studien haben sich, wie bei den seit langem verfügbaren Substanzen, keine nachgewiesenen Kontraindikationen für die Schwangerschaft und Stillzeit ergeben. Andere Antibiotika sind generell nicht indiziert und speziellen Sonderfällen (z. B. Toxoplasmose) vorbehalten. Die Tetracycline sind in der Schwangerschaft wegen hepatotoxischer Wirkungen und der Gefahr von Wachstumsstörungen und Gelbfärbung der Zähne der Kinder zu vermeiden. Trimethoprim allein oder Trimethoprim-Kombinationen mit Sulfonamiden sollten wegen des teratogenen Potenzials im ersten Trimenon nicht angewandt werden. Im letzten Schwangerschaftsdrittel sind Sulfonamid-haltige Arzneimittel kontraindiziert, da sie beim Neugeborenen einen Kernikterus auslösen können. Chinolone gelten ebenfalls als kontraindiziert.


* Unter Mitarbeit von Bilal Al-Nawas, Torsten Bauer, Klaus F. Bodmann, Eva Susanne Dietrich, Wolfgang Elies, Thomas Glück, Josef-Peter Guggenbichler, Werner Handrick, Michael Kresken, Peter Kujath, Christoph K. Naber, Kurt G. Naber, Eiko E. Petersen, Elke J. K. Rosenthal, Bernhard Ruf, Horst Scholz, Pramod M. Shah, Fritz Sörgel, Egid Strehl, Matthias Trautmann, Friedrich Vogel, Hannes Wacha

Prof. Dr. med. Ralf Stahlmann, Prof. Dr. med. Hartmut Lode, Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Garystr. 5, 14195 Berlin, E-Mail: ralf.stahlmann@charite.de
Prof. Dr. med. Heino Skopnik, Stadtkrankenhaus Worms, Kinderklinik, Gabriel-von-Seidl-Straße 81, 67550 Worms

Nachdruck aus Chemother J 2006;15:129–44.

Tab. 1. Grundzüge der Antibiotika-Therapie

Antibiotische Therapieprinzipien

• Antibiotika nur bei berechtigter Indikation

• Gezielter Wechsel der Antibiotika (inter- und intraindividuell)

• Schonung von Reservesubstanzen

• Förderung der Compliance

Kalkulierte antibiotische Therapie

• Wird vor allem in der empirischen Initialtherapie in der hausärztlichen Praxis angewendet

• Berücksichtigung
– der häufigsten Erreger der jeweiligen Infektion,
– des Wirkungsspektrums des Antibiotikums,
– der Wirksamkeit des Antibiotikums,
– der Pharmakokinetik/-dynamik,
– der Verträglichkeit des Antibiotikums,
– des Patienten (Alter, Impfstatus, Allgemeinzustand, Vortherapie),
– der Wirtschaftlichkeit des Antibiotikums.

Tab. 2. Evidenzkriterien

Empfehlungsgrad

Evidenzlevel

A

1-a

1-b

1-c

Evidenz durch systematischen Review randomisierter kontrollierter Studien (RCT)
Evidenz durch eine geeignete prospektive randomisierte klinische Studie
Alle-oder-Keiner-Prinzip

B

2-a

2-b


2-c
3-a

3-b

Evidenz durch systematischen Review qualitativ hochwertiger Kohortenstudien
Evidenz durch eine qualitativ hochwertige Kohortenstudie oder eine randomisierte klinische Studie mäßiger Qualität (z. B. < 80 % Follow-up)
Evidenz durch Outcome-Research-Studien
Evidenz durch systematischen Review qualitativ hochwertiger Fall-Kontroll-Studien
Evidenz durch eine Fall-Kontroll-Studie

C

4

Evidenz durch Fallserien oder Kohorten- und
Fall-Kontroll-Studien mäßiger Qualität

D

5

Expertenmeinung

Klassifikation nach einer modifizierten Version des Oxford Centre of Evidence Based Medicine (1999) in Evidenzlevel (1–5) und Empfehlungsgrade (A–D). [Quelle: Oxford Schema zur Evidenz. Oxford Centre of Evidence based medicine, Ball C, Sackett DL, Phillips B, Haynes B, Straus S, et al. Levels of evidence and grades of recommendation. 2001 

Die Bearbeitung und Aktualisierung dieser Empfehlungen wurden im März 2006 auf der Basis der Empfehlung von 2002 [Vogel und Scholz et al., 2002] und als Ergebnis einer Konsensuskonferenz im November 2005 durchgeführt. Im März 2006 wurden diese Vorschläge und Aktualisierungen an die Mitglieder der Expertenkommission versandt. Anschließend wurden Änderungswünsche und Anregungen in den Text eingearbeitet. Nach der letzten Überarbeitung im Mai 2006 wurde die Druckfahne nochmals dem Expertengremium und dem Vorstand der PEG zur Genehmigung vorgelegt.

Es muss betont werden, dass Expertenempfehlungen immer einen Kompromiss darstellen, auch wenn in den weitaus meisten Aussagen eine Übereinstimmung erzielt wurde.

Die Finanzierung der Kosten für die Erstellung dieser Leitlinie erfolgte ausschließlich durch die Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V. , Mitarbeiter der pharmazeutischen Industrie waren nicht an dieser Leitlinie beteiligt.

Tab. 3. Wechselwirkungen der Chinolone mit anderen Arzneimitteln
Alle Chinolone bilden Chelatkomplexe mit di- und trivalenten Kationen, wodurch die Resorption aus dem Magen-Darm-Trakt reduziert werden kann. Einige der älteren Chinolone besitzen deutliche Hemmwirkungen auf Cytochrom-P450-abhängige Monooxygenasen. Besonders das Enzym CYP1A2 wird zum Beispiel durch Enoxacin so stark beeinflusst, dass eine deutliche Hemmung des Theophyllin-Metabolismus resultiert, wenn beide Medikamente zusammen verabreicht werden. Auch mit Norfloxacin und Ciprofloxacin wurden, wenn auch in geringerem Ausmaß, entsprechende Wirkungen mit entsprechenden Konsequenzen beschrieben. Bei gleichzeitiger Gabe von Chinolonen und Antiarrhythmika ist das QT-Intervall verlängert. Die Tabelle gibt eine Auswahl therapeutisch bedeutsamer Interaktionen wieder. Grundlage ist die publizierte wissenschaftliche Literatur. Darüber hinaus gibt es Warnhinweise der Hersteller über mögliche Interaktionen. Weitere Informationen im Internet, zum Beispiel unter www.zct-berlin.de/interaktionen

Chinolon (A)

Andere Arzneimittel (B)

Interaktion bzw. Wirkung

Nor-
floxacin

Enox-
acin

Cipro-
floxacin

Levo-
floxacin

Moxi-
floxacin

++

++

++

++

++

Antazida, Sucralfat

Erniedrigte Resorption von A

?

?

?

+

+

Antiarrhythmika

Verlängertes QT-Intervall (Torsades)

+

?

+

+

Ciclosporin

Erhöhte Spiegel von B

?

?

?

+

Digoxin

Erhöhte Resorption von B (variabel)

++

++

++

++

++

Eisenhaltige Präparate

Erniedrigte Resorption von A

+

++

+

Coffein

Erhöhte Spiegel von B

?

?

+

Phenytoin

Erhöhte oder erniedrigte Spiegel von B

+

?

+

+

Probenecid

Erniedrigte renale Clearance von A

+

++

+

Theophyllin

Erhöhte Spiegel von B

+

+

+

?

?

Warfarin

Erhöhte Prothrombinzeit

++ = Deutliche Interaktionen, + = Interaktion möglich, – = Keine Interaktion, ? = Keine ausreichenden Daten verfügbar

Tab. 4. Interaktionspotenzial der Makrolide, Azalide, Ketolide
Ein Nachteil der Makrolide ist ihr Interaktionspotenzial durch Hemmung der Cytochrom-P450-abhängigen Monooxygenasen (z. B. CYP3A4) und von Transportproteinen (z. B. P-GP). Dadurch wird die Elimination zahlreicher anderer, gleichzeitig gegebener Medikamente verzögert. Es kann zu einem Anstieg der Blutspiegel und zu unerwünschten Wirkungen durch die Begleitmedikation kommen. Das Potenzial für derartige Interaktionen ist bei Erythromycin und Clarithromycin am höchsten, bei Roxithromycin ist es geringer ausgeprägt und mit Azithromycin sind derartige Interaktionen nicht zu erwarten. Die Tabelle gibt eine Auswahl therapeutisch bedeutsamer Interaktionen wieder. Grundlage ist die publizierte wissenschaftliche Literatur. Darüber hinaus gibt es Warnhinweise der Hersteller über mögliche Interaktionen. Weitere Informationen im Internet, zum Beispiel unter www.zct-berlin.de/interaktionen

Makrolid, Azalid, Ketolid (A)

Andere Arzneimittel (B)

Wirkung

Erythro-
mycin

Roxithro-
mycin

Azithro-
mycin

Clarithro-
mycin

Telithro-
mycin

+

+

+

Carbamazepin*

Erhöhte Serumspiegel von B, Nystagmus, Übelkeit,
Erbrechen, Ataxie

+

?

?

?

Corticosteroide

Erhöhte Wirkungen von B

+

+

+

+

Ciclosporin

Erhöhte Serumspiegel von B mit Toxizität

+

+

+

+

+

Digoxin

Erhöhte Serumpiegel von B (10 % der Fälle)

+

?

?

+

+

Ergot-Alkaloide

Erhöhte Spiegel von B, Vasokonstriktion

?

?

?

+

?

Johanniskraut-Präparate

Erniedrigte Spiegel von A

+

+

+

+

Midazolam

Erhöhte Spiegel von B, ↑ sedative Wirkungen

+

?

+

?

Phenytoin

Erhöhte Spiegel von B

+

?

?

+

+

Pimozid

Verlängertes QT-Intervall, Arrhythmie-Risiko

+

?

?

+

+

Rifampicin, Rifabutin

Erniedrigte Spiegel von A

+

?

?

+

+

Simvastatin

Fälle von Rhabdomyolyse

+

?

?

+

+

Tacrolimus

Erhöhte Spiegel von B

+

+

+

Terfenadin

Verlängertes QT-Intervall, ↑ Arrhythmie-Risiko

+

+

+

Theophyllin

Erhöhte Serumspiegel von B unter Umständen mit
Übelkeit, Erbrechen etc.

+

?

+

+

Triazolam

Erhöhte Spiegel von B

+

?

+

?

Valproinsäure

Erhöhte Spiegel von B

+ = Interaktion möglich, – = Keine Interaktion; ? = Keine ausreichenden Daten verfügbar,
* = Nicht gleichzeitig mit Erythromycin oder Clarithromycin anwenden

Tab. 5. Empfehlungen zur Therapie von bakteriellen Infektionen in der Zahnheilkunde

Diagnose

Häufigste Erreger

Mittel der Wahl

Alternativen

Apikale Parodontitis,
Dentitio difficilis,
schwere dentogene Abszesse1

Aerob-anaerobe Mischinfektion, Peptostreptokokken, Streptokokken,
Prevotella spp.

Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (B)

Clindamycin (B)
Makrolid (B)
Penicillin V (B)

„Aggressive“ marginale Parodontitis

Actinobacillus actinomycetemcomitans, Porphyromonas gingivalis, Prevotella intermedia, Bacteroides forsythus

Metronidazol + Aminopenicillin (B)
Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (C)
Doxycyclin (C)
Metronidazol ± Ciprofloxacin (C)

Clindamycin (C)
Azithromycin (C)

Akute nekrotisierende Gingivitis2,
Angina Plaut Vincenti

Fusobakterien, Spirochäten

Phenyoxymethylpenicillin + Metronidazol (C)

Clindamycin (D)

Sialadenitis3

Staphylokokken, Streptokokken,
anaerobe Mischinfektion

Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (C)
Clindamycin (C)
Cephalosporin Gruppe 2/3 (C)

1 Die Indikationsstellung einer antiinfektiven Chemotherapie bei dentogenen Infektionen ist nicht einheitlich durch Studien belegt. Aus der klinischen Erfahrung ergibt sich, dass eine nicht ausreichende chirurgische Therapie, Fieber, Kieferklemme, Schluckbeschwerden oder allgemeinmedizinische Risikofaktoren eine begleitende antibiotische Therapie nötig machen können.
2 Die akute Form der nekrotisierenden Gingivitis (ANUG) lässt sich in den meisten Fällen mit lokal desinfizierenden Maßnahmen wie Wasserstoffperoxid oder Chlorhexidin-Spülungen beherrschen. In schweren Fällen ist daneben eine adjuvante antibiotische Behandlung sinnvoll.
3 Die akute eitrige Form der Sialadenitis stellt eine Infektion bei häufig bereits vorliegender Störung der Speichelfunktion dar. Strahlenexposition, Störungen des Elektrolythaushalts, Steine oder sonstige Abflussstörungen können hier ursächlich sein. In der akuten Phase steht in den meisten Fällen eine konservative Therapie im Vordergrund.

Tab. 6. Empfehlungen zur Therapie von bakteriellen Infektionen des Mund- und Rachenraums

Diagnose

Häufigste Erreger

Mittel der Wahl

Alternativen

Laryngitis/Pharyngitis

Primär Viren

Tonsillopharyngitis

A-Streptokokken

Phenoxymethylpenicillin (A)

Cephalosporin Gruppe 1/2/3*(A) Makrolid (A)
Telithromycin (B) (Kinder > 12 Jahre)

Bemerkungen:
Nicht indiziert sind Co-trimoxazol und Tetracycline.
Das Risiko für die Entstehung eines rheumatischen Fiebers ist zu beachten.
Andere leichte bis mittelschwere Krankheiten durch Streptokokken der Gruppe A (Scharlach, Erysipel etc.) werden ebenso behandelt.
Dauer der Therapie: Für Phenoxymethylpenicillin wird eine Therapiedauer von 10 Tagen empfohlen. Aufgrund verschiedener Studien ist eine Therapiedauer von 5 Tagen möglich für Cefuroximaxetil, Loracarbef, Ceftibuten, Cefixim, Cefpodoxim und Telithromycin. Bei Verordnung von Makroliden ist die regionale Resistenzrate zu berücksichtigen. Falls die Erreger empfindlich sind, braucht Erythromycinestolat ebenfalls nur 5 Tage gegeben zu werden.
*Differenzierung unbedingt beachten

Tab. 7. Empfehlungen zur Therapie von bakteriellen Infektionen im HNO-Bereich

Diagnose

Häufigste Erreger

Mittel der Wahl

Alternativen

Akute purulente Otitis media

Streptococcus pneumoniae,
Haemophilus influenzae,
Moraxella catarrhalis,
Staphylokokken,
A-Streptokokken

Aminopenicillin ± Beta-Lactamase-Inhibitor (A)

Cephalosporin Gruppe 2/3* (A)
Makrolid (A)

Akute purulente Sinusitis
(ohne Risikofaktoren)

Streptococcus pneumoniae,
Haemophilus influenzae,
Moraxella catarrhalis,
Staphylokokken,
A-Streptokokken

Cephalosporin Gruppe 2/3* (A)
Aminopenicillin (A)
Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (A)

Makrolid (B)
Telithromycin (B)
Levofloxacin (B)
Moxifloxacin (A)

Akute purulente Sinusitis
(mit Risikofaktoren)

Streptococcus pneumoniae,
Haemophilus influenzae,
Moraxella catarrhalis,
Staphylokokken,
A-Streptokokken

Cephalosporin Gruppe 2/3* (A)
Aminopenicillin (A)
Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (A)

Makrolid (B)
Telithromycin (B)
Levofloxacin (B)
Moxifloxacin (A)

Chronische Otitis media
(Therapie möglichst nach mikrobiologischem Befund)

Pseudomonas aeruginosa,
Proteus und andere
Enterobacteriaceae

Ciprofloxacin (A)

Intravenöse Therapie
nach Resistogramm,
Lokaltherapie

Chronische Sinusitis
(Therapie möglichst nach mikrobiologischem Befund)

S. aureus,
Haemophilus influenzae,
Streptokokken
(Vermehrt Mischinfektionen mit Anaerobiern)

Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (A)
Moxifloxacin (A)
Cephalosporin Gruppe 2 (B)
Cefpodoxim (B)

Telithromycin (B)
Makrolid (B)

Bemerkungen: Bei der Sinusitis handelt es sich meist um eine Begleitsinusitis (virale Ätiologie). Die akute Otitis media hat eine hohe Selbstheilungsrate. Dennoch sollten Kinder in den ersten zwei Lebensjahren immer antibiotisch behandelt werden. Bei Beginn der Behandlung ohne Antibiotika oder mit Aminopenicillin sollte der Patient nach 24 bis 48 Stunden nachuntersucht werden, um noch rechtzeitig auf ein Antibiotikum mit Wirksamkeit gegen alle 5 Erreger (o. g. Cephalosporin, Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor) umstellen zu können. Bei im Ausland erworbener Infektion ist an Penicillin-resistente Pneumokokken zu denken. Für die Therapie im niedergelassenen Bereich sind dann Amoxicillin oder Ceftriaxon als Kurzinfusion in hoher Dosierung zu empfehlen.
*Differenzierung unbedingt beachten (Seite 19)

Tab. 8. Empfehlungen zur Therapie von bakteriellen Infektionen der unteren Atemwege (Bronchitis)

Diagnose

Häufigste Erreger

Mittel der Wahl

Alternativen

Akute Bronchitis

Primär: Viren

Symptomatische Therapie, nur im Ausnahmefall antibakterielle Behandlung

Akute Exazerbation der chronischen Bronchitis*
FEV1 50–80 % des Solls

Streptococcus pneumoniae,
Haemophilus influenzae,
Moraxella catarrhalis

Amoxicillin (A)

Azithromycin (3 Tage) (A)
Clarithromycin (A)
Roxithromycin (B)
Doxycyclin (B)
Telithromycin (A)

Akute Exazerbation der chronischen Bronchitis*
FEV1 < 50 % des Solls

Streptococcus pneumoniae,
Haemophilus influenzae,
Moraxella catarrhalis,
Staphylokokken,
Klebsiella pneumoniae

Amoxicillin + Clavulansäure (A)
Sultamicillin (A)
Levofloxacin (A) (5 Tage)
Moxifloxacin (A) (5 Tage)

Alternativ kann auch parenteral behandelt werden (z. B. mit Aminopenicillinen + Beta-Lactamase-Inhibitor, Cefotaxim, Ceftriaxon)

*Bei Risikofaktoren für das Vorliegen einer Infektion durch P. aeruginosa oder bei Patienten, die auf einer Intensivstation behandelt oder beatmet werden, wird in der Regel parenteral behandelt.

Tab. 9. Empfehlungen zur Therapie von Infektionen der unteren Atemwege (Pneumonie)

Diagnose

Häufigste Erreger

Mittel der Wahl

Alternativen

Ambulant erworbene Pneumonie bei Patienten ohne Risikofaktoren
Patienten
– ohne schwere Begleiterkrankungen
– ohne Antibiotika-Vortherapien oder Krankenhausaufenthalte und
– in stabilem klinischen Zustand

Streptococcus pneumoniae,
Haemophilus influenzae,
Mycoplasma pneumoniae,
Chlamydophila pneumoniae

Amoxicillin (A)

Azithromycin (A)
Clarithromycin (A)
Roxithromycin (A)
Doxycyclin (B)
Telithromycin (A)

Ambulant erworbene Pneumonie bei Patienten mit Risikofaktoren
Patienten mit
– einem höheren Lebensalter (in der Literatur > 60 bis > 70 Jahre),
– einer Krankenhausvorbehandlung,
– einer Antibiotika-Vortherapie,
– einer chronischen internistischen oder neurologischen Begleiterkrankung
und/oder
– einem beeinträchtigten Allgemeinzustand,
ohne dass eine akute hämodynamische oder respiratorische Beeinträchtigung die stationäre Aufnahme erforderlich macht, da diese Risikofaktoren Einfluss auf die Ätiologie und das diagnostische und therapeutische Vorgehen besitzen

Streptococcus pneumoniae,
Haemophilus influenzae,
Staphylococcus aureus,
gramnegative Bakterien

Amoxicillin +
Clavulansäure (A),
Sultamicillin (A)

Levofloxacin (A)
Moxifloxacin (A)
Cefpodoximproxetil (A)
Cefuroximaxetil (A)
Telithromycin (A)

Tab. 10. Empfehlungen zur Therapie von Infektionen bei Mukoviszidose

Diagnose

Häufigste Erreger

Mittel der Wahl*

Alternativen

Mukoviszidose

Pseudomonas aeruginosa

Ciprofloxacin p. o. (II,III) (B),
inhalativ Tobramycin (II/III/IV) (B) oder
Colistin (II/III/IV) (B)
Orale und inhalative Therapie in Kombination möglich

Kombinationstherapie (i. v.) von zwei Arzneimittelgruppen mit unterschiedlichem Wirkungsmechanismus:
Ceftazidim
Cefepim
Carbapenem
Acylaminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor
Tobramycin
Fosfomycin
Colistin (III/IV) (C)

Staphylococcus aureus

Flucloxacillin
Cefalexin
Cephalosporin Gruppe 2 (I/II/III/IV) (C)

Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor
Clindamycin
Rifampicin (keine Monotherapie)
Fosfomycin
Vancomycin
Teicoplanin (II/III/IV) (D)

*Die antibiotische Therapie soll, wenn sie nicht prophylaktisch (I) erfolgt, auf der Grundlage mikrobiologischer Untersuchungen des Sputums oder von tiefen Rachenabstrichen erfolgen. Die Behandlung wird im Regelfall von einer Mukoviszidose-Ambulanz/-Zentrum koordiniert. Folgende Behandlungssituationen werden unterschieden:
I. Prophylaktische Intervall- oder Dauertherapie mit Wirkungsspektrum gegen Staphylococcus aureus (kein Erregernachweis, keine Symptome).
II. Frühtherapie bzw. Eradikationsbehandlung, meist bei Erstnachweis von Pseudomonas aeruginosa oder Staphylococcus aureus.
III. Exazerbationstherapie (bei Symptomen mit oder ohne Erregernachweis).
IV: Suppressionstherapie bei chronischer bronchialer Infektion/Besiedlung mit Pseudomonas aeruginosa und/oder Staphylococcus aureus.

Tab. 11. Sonstige Infektionen der Atemwege

Diagnose

Häufigste Erreger

Mittel der Wahl

Alternativen

Epiglottitis*

Haemophilus influenzae Typ B,
Pneumokokken

Cefotaxim i. v. (B) oder
Ceftriaxon i. v. (B)

Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor i. v. (B)

Krupp (akute stenosierende Laryngitis)

Viren, selten bakterielle Sekundärinfektion

Keine Antibiotika (Dexamethason oder andere Glucocorticoide, Epinephrin etc.)

Pertussis

Bordetella pertussis,
Bordetella parapertussis

Makrolid (A)

Trimethoprim/Sulfonamid (B)

* Orale Therapie mit Antibiotika nicht empfehlenswert, intravenöse Therapie obligat

Tab. 12. Empfehlungen zur Therapie von bakteriellen Infektionen des Magen-Darm-Trakts und der Gallenwege

Diagnose

Häufigste Erreger

Mittel der Wahl

Alternativen

Akute Enteritis

Salmonellen,
Campylobacter jejuni,
Yersinien,
Shigellen

Ciprofloxacin (A)

Trimethoprim/Sulfonamid (A)
Makrolid nur bei Campylobacter (A)

Vibrio cholerae

Trimethoprim/Sulfonamid (A),
Doxycyclin (A)

Ciprofloxacin (A)

Parasiten (Entamoeba histolytica,
Giardia lamblia)

Metronidazol (A)

Tinidazol (G. lamblia) (B)

Bemerkungen: Infektionen durch Salmonellen, Campylobacter oder Yersinien beim Erwachsenen und im Kindesalter nur in Ausnahmefällen antibakteriell behandeln (Patienten mit schweren Grunderkrankungen).

Ulcus duodeni/ventriculi

Helicobacter pylori

Amoxicillin
+ Clarithromycin
+ Protonenpumpenhemmer (A)

Amoxicillin
+ Metronidazol
+ Protonenpumpenhemmer (B)

Bemerkungen: Bei Therapieversagen Resistenztestung im Biopsat. Cave: Primäre Resistenz bei Kindern für Clarithromycin (20 %) und Metronidazol (> 20 %).

Divertikulitis
(unkompliziert 1. Schub)

Escherichia coli,
Enterokokken,
Bacteroides fragilis

Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (A)

Ciprofloxacin +
Metronidazol (A) oder Clindamycin (A)

Gallenwegsinfektionen
(Cholangitis,Cholezystitis)

Escherichia coli,
Enterokokken,
Klebsiellen,
anaerobe und aerobe Streptokokken,
selten Clostridium perfringens 1–3 %

Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (A)

Ciprofloxacin (A)

Bemerkungen: Bei Steinen endoskopische oder chirurgische Therapie!

Komplizierte endoskopische Untersuchungen der Gallenwege: Prophylaxe mit Ciprofloxacin oder Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (B)

Tab. 13. Empfehlungen zur Therapie von bakteriellen Infektionen der Harnwege bei Erwachsenen

Diagnose

Häufigste Erreger

Mittel der Wahl

Alternativen

Akute unkomplizierte Zystitis

Escherichia coli (80–90 %),
andere Enterobacteriaceae
(10–15 %),
Staphylokokken (5–10 %),
andere Erreger (selten)

Trimethoprim* (5–7 Tage) (A)
Trimethoprim/Sulfonamid* (3 Tage) (A)
Fluorchinolone (3 Tage) (A) *
Fosfomycin-Trometamol (Einmaldosis) (A)
Pivmecillinam (Österreich) (5–7 Tage) (A)
Nitrofurantoin (5–7 Tage)

Cefpodoxim (A) *
Ceftibuten (B) *

Bemerkungen: Bei typischen Beschwerden (akute Dysurie) und Leukozyturie sollte die Therapie bei ansonsten gesunden Frauen in der Prämenopause als Kurzzeittherapie (siehe oben) erfolgen. Kontrolle nur erforderlich, falls Beschwerden nicht vollständig beseitigt sind. Bei Patienten mit Risikofaktoren, z. B. Postmenopause, Diabetiker, Schwangere, Männer, kürzliche Antibiotika-Therapie oder Intervention im Bereich der Harnwege gilt eine konventionelle Therapiedauer (7–10 Tage) als Standard. Kontrolle ca. 1 Woche nach Therapieende empfohlen.
* Nach lokaler Resistenzsituation; keine empirische Therapie bei Resistenzrate > 20 % für E. coli

Akute unkomplizierte
Pyelonephritis

Escherichia coli (80 %–90 %),
andere Enterobacteriaceae (10–18 %),
andere Erreger (selten)

Ciprofloxacin (A)
Levofloxacin (A)

Trimethoprim/Sulfonamid* (A)
Cefpodoximproxetil (A)
Ceftibuten (B)
Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor* (B)

Bemerkungen: Bei typischem klinischem Bild (Flankenschmerz, Fieber) und Leukozyturie kann die Therapie (Dauer 7 bis 14 Tage) ggf. ohne mikrobiologische Untersuchung begonnen werden. Bei schweren Infektionen mit hohem Fieber, Übelkeit und Erbrechen initial parenterale Therapie für wenige Tage bis zur klinischen Besserung, dann Wechsel auf orale Therapie. Bei atypischem Verlauf oder Rezidiv sind eine mikrobiologische Untersuchung, bildgebende Verfahren (z. B. Sonographie) und ggf. eine längere Therapiedauer erforderlich.
* Keine empirische Therapie, nur falls Erreger als sensibel getestet

Komplizierte Harnwegsinfektionen

Escherichia coli (30–50 %),
Sonstige Enterobacteriaceae
(10–20 %),
Pseudomonas aeruginosa (5–10 %),
Enterokokken (10–20 %),
Staphylokokken (10–20 %)

Möglichst nach Testung
Falls empirische Therapie notwendig:
Ciprofloxacin (A)
Levofloxacin (A)

Falls Erreger sensibel:
Ciprofloxacin (A)
Levofloxacin (A)
Trimethoprim/Sulfonamid (A)
Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (B)
Cefpodoximproxetil (B)
Ceftibuten (B)

Bemerkungen: Therapiedauer 7 bis 10 Tage; in Einzelfällen länger. Wegen der Multiresistenz vieler Erregerarten antiinfektiöse Therapie grundsätzlich nur nach Resistenztestung bzw., falls Therapiebeginn nicht verschiebbar (z. B. schwere Infektion), Beginn der empirischen Therapie nach Uringewinnung (zur bakteriologischen Untersuchung) mit einem Breitspektrum-Antiinfektivum, um ggf. die Therapie entsprechend dem mikrobiologischen Befund anpassen zu können; gleichzeitig Wiederherstellung der Urodynamik bzw. Beseitigung der komplizierenden Faktoren anstreben.

Asymptomatische Bakteriurie

Keine Antibiotika-Therapie, ausgenommen bei Schwangeren und vor urologischen Eingriffen

Reinfektionsprophylaxe unkomplizierter Harnwegsinfektionen

Beginn der Prophylaxe nach erfolgreicher Therapie der akuten Infektion

Trimethoprim (A)
Trimethoprim/Sulfonamid (A)

Nitrofurantoin (A)
Fluorchinolon Gruppe 1/2 (A)
Cephalosporin Gruppe 1 (B)

Bemerkungen: Dabei nur etwa ein Viertel der üblichen Tagesdosis erforderlich, ggf. nur nach Geschlechtsverkehr; Prophylaxedauer: 3 bis 6 Monate, eventuell länger.

Tab. 14. Empfehlungen zur Therapie von bakteriellen Infektionen der Harnwege bei Schulkindern

Diagnose

Häufigste Erreger

Mittel der Wahl

Alternativen

Akute unkomplizierte Zystitis*

Escherichia coli,
seltener
Proteus mirabilis,
Staphylokokken

Cephalosporin Gruppe 2/3 (A)

Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (A)
Nitrofurantoin (A)
Trimethoprim/Sulfonamid (A)

Reinfektionsprophylaxe

Escherichia coli

Trimethoprim (C)
Nitrofurantoin (C)

Cephalosporin Gruppe 2/3 (C)

Unkomplizierte Harnwegsinfektion/
Pyelonephritis

E. coli,
selten
Klebsiellen,
Proteus

Cephalosporin Gruppe 2/3 (A)

Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (A)
Trimethoprim/Sulfonamid (A)

Komplizierte Harnwegsinfektion**

Escherichia coli,
Proteus mirabilis,
Klebsiella spp.,
Indol-positive Proteus spp.

Ampicillin + Gentamicin, jeweils i. v. (C),
Ceftazidim + Ampicillin jeweils i. v. (C)

Cephalosporin Gruppe 2/3
+ Gentamicin, jeweils i. v.,
gefolgt von Cephalosporin
Gruppe 2/3 p. o. (C)

Pseudomonas aeruginosa

Ceftazidim + Aminoglykosid i. v. (C)
Ciprofloxacin (D)***

Enterokokken

Teicoplanin oder Vancomycin i. v. (D)

Staphylokokken

Cephalosporin Gruppe 1/2 (C)
Amoxicillin + Clavulansäure (C)

Asymptomatische Bakteriurie

Escherichia coli

Keine Antibiotika (A)

* Therapiedauer 3 (–5) Tage
** Die Empfehlungen zur Initialtherapie sind unabhängig vom Erreger. Bei komplizierten Harnwegsinfektionen liegt meist eine Fehlbildung der Harnwege, eine Harnabflussbehinderung, eine Immundefizienz o. Ä. vor. Zur Therapie der komplizierten Harnwegsinfektionen werden Antibiotika überwiegend intravenös verabreicht, eine orale Therapie ist im Anschluss unter Berücksichtigung des mikrobiologischen Befunds möglich.
*** Ciprofloxacin ist für diese Indikation nicht zugelassen.

Tab. 15. Empfehlungen zur Therapie von gynäkologischen Infektionen

Diagnose

Häufigste Erreger

Mittel der Wahl

Alternativen

Vulvitis/Vaginitis (Kolpitis)

Hefen (Candida albicans)

Fluconazol (A) (Einmaldosis 150 mg)
Clotrimazol lokal (A)

Ciclopiroxolamin (B)

Trichomonaden (STD)

Metronidazol (A)

A-Streptokokken

Penicillin/Aminopenicillin (A)

Cephalosporin Gruppe 2 (A)

S. aureus

Cephalosporin Gruppe 2 (B)

Makrolide (B)
Clindamycin (B)

Vaginosen (bakterielle Störungen der Vaginalflora) Aminvaginose

G. vaginalis, Anaerobier

Metronidazol* (A)

Clindamycin* (B)

Mischflora/
Enterobakterien

Ciprofloxacin (C)

Mykoplasmen

Doxycyclin (B)

Azithromycin (B)

Zervizitis/
Endometritis/
Salpingitis

Chlamydia trachomatis (STD)
Therapiedauer 10 bis 20 Tage

Doxycyclin (A)

Erythromycin (B) (in graviditate)
Amoxicillin (B) (in graviditate)
Levofloxacin (B)
Moxifloxacin (B)

Gonokokken (STD)

Cefixim (B) oder anderes
Cephalosporin Gruppe 2/3 (B)

Makrolide (A) (in graviditate)
Fluorchinolone (A)
Amoxicillin (B) (in graviditate)

A-Streptokokken

Phenoxymethylpenicillin (A)

Cephalosporin Gruppe 2 (A)
Clindamycin (A)

Darmflora (postoperativ, Wochenbett)

Cephalosporin + Metronidazol (C)

Mastitis puerperalis

S. aureus

Cephalosporin Gruppe 1/2 (B)

Makrolide (B)
Clindamycin (B)

Lues (I, II)

Treponema pallidum

Benzylpenicillin-Benzathin** (B)

Makrolide (B)
Ceftriaxon** (B)

* Kann auch lokal intra vaginam gegeben werden
** Parenteral
STD = sexuell übertragene Erreger, Partnertherapie obligatorisch

Tab. 16. Empfehlungen zur Therapie von bakteriellen Haut- und Weichgewebsinfektionen

Diagnose

Häufigste Erreger

Mittel der Wahl

Alternativen

Erysipel

A-Streptokokken

Phenoxymethylpenicillin (A)

Cephalosporin Gruppe 1/2 (A)
Clindamycin (A)

Impetigo

A-Streptokokken,
z. T. Staphylococcus aureus (evtl. beide Erreger)

Phenoxymethylpenicillin (A)
Cephalosporin Gruppe 1/2 (A)

Clindamycin (A)
Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (A)
Makrolid (B)

Furunkel,
Furunkulose

Staphylococcus aureus

Clindamycin (A)

Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (B)
Cephalosporin Gruppe 1 (B)

Bemerkungen: Chirurgische Therapie vorrangig bei Furunkel. Mikrobiologische Diagnostik wird empfohlen bei Furunkulose.

Tierbisse/Menschenbisse

Streptokokken,
S. aureus,
Pasteurella multocida,
Bartonellen,
Anaerobier

Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (A)

Moxifloxacin (B)
Levofloxacin (B)
Cephalosporin Gruppe 1/2 (B)
Clindamycin (B)
Doxycyclin (B)

Diabetisches Fußsyndrom (ohne schwere arterielle Verschlusskrankheit)*
Gangrän bei arterieller Verschlusskrankheit

Staphylococcus aureus,
Anaerobier,
Escherichia coli,
Pseudomonas aeruginosa

Aminopenicillin + Beta-Lactamase-Inhibitor (A)

Levofloxacin (B)
Moxifloxacin (A)
Bei MRSA: Linezolid (A)
Clindamycin (B)
Cephalosporin Gruppe 2 (B)

*Orale Antibiotika-Therapie im Rahmen der chirurgischen Maßnahmen und Wundkonditionierung

Tab. 17. Tagesdosierungen für orale Antibiotika

Gruppe

INN

Handelsnamen®
(Beispiele)

Tagesdosierung für
Erwachsene
(ED = Einzeldosis)

Tagesdosis für Kinder und Jugendliche
(ED = Einzeldosis)

Penicilline

Penicilline mit schmalem Spektrum

Phenoxymethylpenicillin
(= Penicillin V)

Infectocillin, Isocillin, Megacillin oral

1,8 bis 3,6 (bis 4) Mio. I. E. in 3 ED

50 000–100 000 I. E./kg in 3 ED,
bei Tonsillitis 100 000 I. E./kg,
max. 2 Mio. I. E., in 2 ED

Phenoxymethylpenicillin-Benzathin

Infectobicillin

1,5 bis 3 Mio. I. E. in 2 ED

Azidocillin

Infectobicillin H

1,5 g in 2 ED

Propicillin

Baycillin

3 Mio. I. E. in 3 ED

Aminopenicilline

Amoxicillin

Amoxypen, Infectomox

1,5 bis 3 g in 3 ED

50 (–80) mg/kg in 3 ED

Pivmecillinam

Selexid (nur in Österreich)

600–1 600 mg in 2–4 ED

Aminopenicilline +
Beta-Lactamase-Inhibitor

Amoxicillin + Clavulansäure

Augmentan
Amoclav, Amoxidura, Amoxillat-Clav

1,75 g/0,25 g in 2 ED
1,5 g/0,375 g in 3 ED

37,5–75 mg/kg in 3 ED

Sultamicillin
(Ester aus Ampicillin und Sulbactam)

Unacid PD oral

0,75 bis 1,5 g in 2 ED

50 mg/kg in 2 ED

Isoxazolyl-Penicilline

Dicloxacillin

InfectoStaph

2 bis 4 g in 4 bis 6 ED

50–100 mg/kg in 3 ED

Flucloxacillin

Staphylex

3 g in 3 ED

40–100 mg/kg in 3 ED

Cephalosporine

Gruppe 1

Cefalexin

Ceporexin, Oracef, Cephalex

1,5 bis 3(–4) g in 3(–4) ED

50–100 mg/kg in 3 ED

Cefadroxil

Grüncef, Cedrox

1 bis 2 g in 1 bis 2 ED

50–100 mg/kg in 3 ED

Cefaclor

Panoral

1,5 g in 3 ED

50–100 mg/kg in 3 ED

Gruppe 2

Loracarbef

Lorafem

0,4 bis 0,8 g in 2 ED

15–30 mg/kg in 2 ED

Cefuroximaxetil

Elobact, Zinnat

0,5 bis 1 g in 2 ED

20–30 mg/kg in 2 ED

Gruppe 3

Cefpodoximproxetil

Orelox, Podomexef

0,2 bis 0,4 g in 2 ED

8–10 mg/kg in 2 ED

Ceftibuten

Keimax

0,4 g in 1 ED

9 mg/kg in 1–2 ED

Cefixim

Cephoral, Suprax

0,4 g in 1 bis 2 ED

8–12 mg/kg in 1–2 ED

Makrolide

Erythromycinethylsuccinat

Ery-Diolan

1,5 bis 2 g in 2 bis 3(–4) ED

30–50 mg/kg in 3 ED

Erythromycinestolat

Infectomycin

2 g in 2 ED

30 (–50) mg/kg in 2 ED

Erythromycinstearat

Eryhexal

1,5 bis 2 g in 2 bis 3(–4) ED

30–50 mg/kg in 3–4 ED

Roxithromycin

Rulid, Roxigrün

0,3 g in 1 ED

5–7,5 mg/kg in 1–2 ED

Clarithromycin

Klacid, Cyllind, Biaxin

0,5 bis 1,0 g in 2 ED
(1. Tag: 1,0 g in 2 ED, anschl. 0,5 g in 2 ED)

15 mg/kg in 2 ED

Azalide

Azithromycin

Zithromax

0,5 g in 1 ED (3 Tage)
1. Tag: 0,5 g, anschl. 0,25 g in 1 ED (gesamt 5 Tage)

10 mg/kg in 1 ED (3 Tage) oder 10 mg/kg am 1. Tag + 5 mg/kg vom 2.–5. Tag

Ketolide

Telithromycin

Ketek

0,8 g in 1 ED

20–30 mg/kg in 1 ED (Kinder > 12 Jahre bei Tonsillitis)

Fluorchinolone

Gruppe 1

Norfloxacin

Barazan,
Bactracid, Firin

0,8 g in 2 ED

Gruppe 2

Enoxacin

Enoxor

0,4 bis 1,2 g in 2 bis 3 ED

Ofloxacin

Tarivid

0,2 bis 0,4 g in 2 ED

Ciprofloxacin

Ciprobay

0,25 bis 1,5 g in 2 ED

30–40 mg/kg in 2 ED

Gruppe 3

Levofloxacin

Tavanic

0,25 bis 0,5 (1,0) g in 1 bis 2 ED

10 mg/kg in 1 ED

Gruppe 4

Moxifloxacin

Avalox

0,4 g in 1 ED

Tab. 17. Tagesdosierungen für orale Antibiotika (Fortsetzung)

Gruppe

INN

Handelsnamen®
(Beispiele)

Tagesdosierung für
Erwachsene
(ED = Einzeldosis)

Tagesdosis für Kinder und Jugendliche
(ED = Einzeldosis)

Lincosamide

Clindamycin

Sobelin, Turimycin

0,6 bis 1,8 g in 3 ED

20–40 mg/kg in 3 ED

Tetracycline

Doxycyclin

Supracyclin

0,1 bis 0,2 g in 1 ED

2–4 mg/kg in 1–2 ED

Oxazolidinone

Linezolid

Zyvoxid

1,2 g in 2 ED

Andere Chemotherapeutika

Trimethoprim

Infectotrimet,
TMP-ratiopharm

0,150 bis 0,4 g in 2 ED

5–6 (TMP) mg/kg in 2 ED
1(–2) mg/kg in 1 ED (Prophylaxe)

Trimethoprim/Sulfamethoxazol
(= Co-trimoxazol)

Eusaprim,
Kepinol

0,16/0,8 g in 2 ED

5–6 (TMP) mg/kg in 2 ED

Fosfomycin-Trometamol

Monuril

3 g in 1 ED

Nitrofurantoin

Furadantin,
Uro-Tablinen

0,3 g in 2 ED; 0,05 g in 1 ED zur Prophylaxe

(Reinfektionsprophylaxe)
0,5–1 mg/kg in 1 ED

Metronidazol

Arilin,
Clont,
Flagyl

0,2 bis 2,0 g in 2–3 ED

15–30 mg/kg in 3 ED

Rifampicin

Rifampicin
Eremfat,
Rifa-N

0,6 g in 1–2 ED
(Chemoprophylaxe bei Meningokokken-Kontakt 20 mg/kg in 2 ED für die Dauer von 2 Tagen)

10 bis 20 mg/kg in 1–2 ED

Arzneimitteltherapie 2007; 25(01)