Dr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen
Neutropenien nach einer Chemotherapie lassen sich nach der Einführung hämatopoetischer Wachstumsfaktoren und peripherer Stammzelltransplantationen zwar zeitlich verkürzen, aber nicht verhindern. Anhaltendes Fieber bei neutropenischen Patienten, das nicht auf eine adäquate Antibiotika-Therapie anspricht, gilt als Indikation für die Einleitung einer Antimykotika-Therapie auf empirischer Basis. Ihre Wirksamkeit wird anhand eines zusammengesetzten Endpunkts ermittelt, der sich aus folgenden fünf Komponenten zusammensetzt:
- Erfolgreiche Behandlung von zugrunde liegenden invasiven Pilzinfektionen
- Keine Durchbruch-Pilzinfektionen bis zu 7 Tagen nach Therapieende
- Überlebensrate bis zu 7 Tagen nach Therapieende
- Keine Therapieabbrüche wegen mangelnder Wirksamkeit oder Verträglichkeit
- Fieberfreiheit für mindestens 48 Stunden während der neutropenischen Phase
Bei der „Caspofungin Empirical Therapy Study“ handelt es sich um eine doppelblinde, randomisierte Studie, in der bei neutropenischen Patienten, die nach der Behandlung mit einem Breitbandantibiotikum nicht fieberfrei waren, die Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit von Caspofungin (Cancidas®) mit der von liposomalem Amphotericin B verglichen wurde. Bei Studieneintritt wurden die Patienten in Hoch- und Niedrigrisikogruppen eingeteilt. Dabei galten Patienten mit einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation oder wiederkehrenden akuten Leukämien als Hochrisikofälle für invasive Pilzinfektionen, die übrigen Studienteilnehmer wurden als Niedrigrisikofälle eingestuft.
Die Patienten erhielten täglich intravenös
- Caspofungin (50 mg/Tag nach einer Einzeldosis von 70 mg) oder
- liposomales Amphotericin B (3 mg/kg)
Hielt das Fieber länger als 5 Tage an und wurde die Medikation gut vertragen, konnte die Dosis von Caspofungin auf 70 mg/Tag und die von liposomalem Amphotericin B auf 5 mg/kg pro Tag erhöht werden.
1 095 der 1 111 behandelten Studienteilnehmer (99 %) wurden in die mITT-Gruppe (modifizierte Intent-to-treat-Analyse) einbezogen. In Primäranalysen wurde der fünfteilige zusammengesetzte Endpunkt zur Auswertung herangezogen, in einer weiteren Sensitivitätsanalyse wurde speziell der Einfluss der Fieberfreiheit auf die Erfolgsrate näher untersucht. Dafür wurden folgende drei Definitionen verwendet:
- Fieberfreiheit über mindestens 24 Stunden während der neutropenischen Phase
- Fieberfreiheit an 7 Tagen nach Therapieende
- Ausschluss des Parameters Fieber vom zusammengesetzten Endpunkt
In der Primäranalyse ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Studienmedikationen. 41 % der Patienten in jeder Behandlungsgruppe erreichten die Kriterien der Fieberfreiheit. Auffallend war, dass bei Patienten mit niedrigem Risiko für invasive Pilzinfektionen die neutropenische Phase zwar kürzer andauerte, sie aber die Kriterien zur Fieberfreiheit häufiger verfehlten als Hochrisikopatienten. Dieser paradoxe Effekt, dass Niedrigrisikofälle in der Primäranalyse eine geringere Ansprechrate als Hochrisikopatienten aufwiesen, zeigte sich nicht mehr, wenn die Fieberfreiheit – wie in der Sensitivitätsanalyse – weniger eng definiert wurde. Dabei blieb die Gleichwertigkeit von Caspofungin zu liposomalem Amphotericin B bei allen Varianten der Fieberfreiheit erhalten, allerdings nahmen die Unterschiede zu. Eine deutlich höhere Erfolgsrate zeigte sich für Caspofungin, wenn der Parameter Fieberfreiheit ganz aus dem zusammengesetzten Endpunkt herausgenommen wurde. Dann lag die Ansprechrate von Caspofungin bei Niedrigrisikopatienten bei 81,7 %, von liposomalem Amphotericin B bei 74,7 % (95,2%-Konfidenzintervall 1,9–12,1).
Fazit
Die Bedeutung des unspezifischen Befunds Fieber als Komponente des zusammengesetzten Endpunkts bei Neutropenie ist nicht abschließend geklärt. Erschwert wird die Interpretation von Fieber in dieser Patientengruppe durch seine multifaktoriellen Ursachen, die sowohl infektiöse als auch nicht-infektiöse Prozesse einschließen und oft unklar sein können. Die Ergebnisse der vorliegenden Sensitivitätsanalyse deuten darauf hin, dass eine Modifizierung der Komponente Fieberfreiheit eine genauere Bewertung der Erfolgsrate einer empirischen Antimykotika-Therapie ermöglicht. Es wird empfohlen, in künftigen Studien die Fieberfreiheit 7 Tage nach Therapieende und ohne Bezug zur Neutropenie zu erfassen.
Quelle
De Pauw BE, et al. Impact of alternate definitions of fever resolution on the composite endpoint in clinical trials of empirical antifungal therapy for neutropenic patients with persistent fever: analysis of results from the Caspofungin Empirical Therapy Study. Tranpl Infect Dis 2006;8:31–7.
Arzneimitteltherapie 2007; 25(02)