mTOR-Hemmer

Everolimus in der Onkologie


Veröffentlicht am: 28.11.2019

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Hemmer des mTOR (mammalian target of rapamycin) haben in vielen Tumormodellen antipoliferative und Apoptose-fördernde Wirkungen. Das Makrolid Everolimus ist ein solcher mTOR-Hemmer. Seine Wirkung wird derzeit bei verschiedenen Tumorentitäten untersucht. Neue Daten wurden auf dem 2007 ASCO Annual Meeting Ende Mai in Chicago vorgestellt.

mTOR ist eine wichtige Kinase, die an der Regulation des Zellzyklus beim Übergang von der G1- in die S-Phase beteiligt ist. Die Serin-Threonin-Kinase scheint in Krebszellen besonders aktiv zu sein. mTOR ist inbesondere an Zellwachstum und -teilung, an der Nährstoffversorgung und an der Angiogenese in der Zelle beteiligt (Abb. 1). Ein Verlust der Kontrolle über die mTOR-Stoffwechselwege trägt möglicherweise dazu bei, dass Zellen maligne werden.

mTOR-Hemmer werden schon länger in der Transplantationsmedizin eingesetzt, beispielsweise Sirolimus (Rapamune).

Mit Temsirolimus (Torisel) ist von der FDA vor kurzem der erste mTOR-Hemmer für die Onkologie zugelassen worden. Everolimus (RAD001, Novartis) ist ein weiterer mTOR-Hemmer, der sich in der klinischen Entwicklung befindet.

Das Makrolid ist ein hoch selektiver allosterischer TOR-C1-Hemmer. Es ist oral applizierbar und kann einmal täglich eingenommen werden.

Derzeit wird Everolimus bei der Behandlung von neuroendokrinen Tumoren, Nierenzellkarzinom, Brustkrebs, Lungenkrebs und Kolorektalkarzinom in Mono- und/oder in Kombinationstherapie untersucht.

Am weitesten fortgeschritten sind die Studien mit Everolimus bei Nieren- und neuroendokrinen Tumoren.

Neuroendokrine Tumoren

In einer Phase-II-Studie zeigte Everolimus zusammen mit Depot-Octreotid bei Patienten mit fortgeschrittenen neuroendokrinen Tumoren niedrigen Grades in Dosierungen von 5 oder 10 mg einmal täglich eingenommen eine viel versprechende tumorhemmende Wirkung. Die Behandlung wurde im Allgemeinen gut vertragen. Als häufigste Nebenwirkung traten Aphthen und Ulzerationen auf.

In der RADIANT-Studie (RAD001 in advanced neuroendocrine tumors) wird Everolimus derzeit bei einer größeren Patientengruppe untersucht.

Nierenzellkarzinom

In einer weiteren Phase-II-Studie wurde Everolimus bei rund 40 Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom untersucht. Sie erhielten den mTOR-Hemmer einmal täglich in einer Dosierung von 10 mg ohne Unterbrechung (28-Tage-Zyklen) mit Dosismodifikationen bei toxischen Wirkungen. Die Zeit bis zur Progression und das Gesamtüberleben wurden erfasst. Von den 41 in die Studie aufgenommenen Patienten waren 37 auswertbar. Bei 12 Patienten kam es zu einem partiellen Ansprechen, 19 Patienten erreichten eine stabile Erkrankung für mehr als drei Monate. Die Therapie dauerte im Median 8+ Monate.

Nebenwirkungen waren Mukositis, Hautausschlag, Pneumonitis, Hypophosphatämie, Hyperglykämie, Hypertriglyzeridämie, Hypercholesterolämie, Thrombozytopenie, Anämie und erhöhte Leberfunktionswerte.

Das mediane Gesamtüberleben lag bei 11,5+ Monaten. Mit Everolimus konnte die Progression der Erkrankung damit verzögert werden.

In einer derzeit laufenden Phase-III-Studie werden Wirksamkeit und Verträglichkeit des mTOR-Hemmers bei metastasiertem Nierenzellkarzinom weiter untersucht.

Lymphome

Ebenfalls in einer Phase-II-Studie wurde das Tumoransprechen auf Everolimus bei Patienten mit wieder aufgetretenem agressivem Non-Hodgkin-Lymphom, wieder aufgetretenem Hodgkin-Lymphom und T-Zell-Lymphom untersucht. Die Patienten wurden in drei Gruppen behandelt, nämlich Patienten mit agressiven, mit indolenten und mit seltenen Lymphomen. Sie erhielten täglich 10 mg Everolimus oral über jeweils 28 Tage, und zwar bis zu 12 Zyklen. Sie wurden nach 2, 6 und 12 Zyklen beurteilt. Primärer Endpunkt war die Ansprechrate.

Die Ergebnisse der geplanten Interimsanalysen für die Gruppen 1 und 3 wurden nun vorgestellt. In Gruppe 1 wurden die Patienten im Median über 7 Monate behandelt, in fünf Fällen wurde partielles, in einem komplettes Ansprechen registriert. Die Ansprechrate betrug damit 50 % (6/12).

Bei Gruppe 3, den selteneren Tumoren, betrug die Ansprechrate 42 % (5/12). Diese Patienten erhielten im Median 6,5 Monate eine Therapie mit dem mTOR-Hemmer.

Die Ansprechraten in den Interimsanalysen zeigen, dass es sinnvoll ist, weitere Studien mit dieser Substanz durchzuführen.

Solide Tumoren

Eine Phase-I-Studie bei Patienten mit fortgeschrittenen soliden Tumoren ergab, dass die Kombination von Bevacizumab, Everolimus und Erlotinib möglicherweise wirksam ist. Insbesondere bei Patienten mit refraktärem Kolorektalkarzinom wurden bemerkenswerte Ergebnisse erzielt: Von elf auswertbaren Patienten konnte bei acht (73 %) für 6 bis 40 Wochen die Erkrankung stabilisiert werden. Die Kombination eines Angiogenese-Hemmers mit einem mTOR-Hemmer und einem Hemmstoff des EGFR-Wegs erscheint klinisch sinnvoll. Durch Angriff an verschiedenen angiogenetischen Wegen konnte das Tumorwachstum stärker gehemmt und eine Resistenz besser umgangen werden.

Quellen

Yao JC, et al. Phase II study of RAD001 (everolimus) and depot ocreotide (sandostatin LAR) in advanced low grade neuroendocrine carcinoma (LGNET). 2007 ASCO Annual Meeting, Chicago, 1. bis 5. Juni 2007.

Jac J, et al. A phase II trial of RAD001 in patients with metastatic renal cell carcinoma (MRCC). 2007 ASCO Annual Meeting, Chicago, 1. bis 5. Juni 2007.

Johnston PB, et al. Phase II trial of the oral mTOR inhibitor everolimus (RAD001) for patients with relapsed or refractory lymphoma). 2007 ASCO Annual Meeting, Chicago, 1. bis 5. Juni 2007.

Bendel JC, et al. Results of a phase I study of bevacizumab, everolimus, and erlotinib in patients with advanced solid tumors. 2007 ASCO Annual Meeting, Chicago, 1. bis 5. Juni 2007.

Abb. 1. mTOR (mammalian target of rapamycin) spielt eine zentrale Rolle bei Wachstum und Metabolismus der Krebszelle

Arzneimitteltherapie 2007; 25(10)