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Bei der diesjährigen Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie vom 1. bis 5. September in Wien wurden über 30 000 Kongressteilnehmer gezählt, der ESC-Kongress ist damit eine der größten europäischen Medizinveranstaltungen. In den Hotline-Sitzungen wurden die Ergebnisse neuer Studien vorgestellt und von ausgewählten Diskutanten mehr oder weniger kritisch diskutiert.

Enttäuschend waren die Ergebnisse der neuesten EuroASPIRE-Untersuchung. Ein Vergleich der nun vorliegenden drei Erhebungen bei Patienten mit Koronarerkrankungen zeigt, dass sich in den letzten zwölf Jahren in wichtigen Risikoparametern kaum Veränderungen ergeben haben:

  • Die Rauchgewohnheiten haben sich nicht verändert
  • Das Körpergewicht ist dramatisch gestiegen, und zwar in den letzten 12 Jahren im Mittel um 4,9 kg
  • Mehr als die Hälfte der Patienten leidet an zentraler Fettsucht mit einem erhöhten Taillenumfang

Weitere Befunde waren: Keine Änderung der Blutdruckwerte trotz vermehrtem Gebrauch von Antihypertensiva und steigende Prävalenz von Diabetes mellitus von 17 auf fast 30 %. Lediglich die Lipidparameter haben sich mit gestiegenem Verbrauch von CSE-Hemmern gebessert. Die Daten zum Arzneimittelgebrauch zeigen, dass insgesamt mehr Lipidsenker, Thrombozytenfunktionshemmer, Diuretika, ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten genommen werden. Die Wirkung der Arzneimittel wird aber durch das deutlich erhöhte Körpergewicht wieder aufgehoben, so die Interpretation der Daten. Allerdings erhebt sich nun die Frage, ob in unsere Patienten nicht zu viele Medikamente „gestopft“ werden, steigender Arzneimittelverbrauch geht offenbar nicht unbedingt mit verbesserter Risikokonstellation einher. Möglicherweise wiegen sich die Beteiligten durch die Medikamente in einer Scheinsicherheit.

Andererseits werden in immer neuen Leitlinien die Zielwerte immer strenger, dadurch erreichen aufs Neue immer relativ wenig Patienten den Zielwert und immer mehr Menschen müssen medikamentös behandelt werden. Zielwerte sind ja keine absolut richtigen Messgrößen, sondern werden nach aktuellen Kenntnissen (und eventuell guter Lobbyarbeit) immer wieder neu festgesetzt. So kann es für einen Arzt und seinen Patienten durchaus ein Erfolg der Behandlung sein, wenn eine Blutdrucksenkung von 160/90 auf 145/85 mmg Hg erreicht wurde, aber der Zielwert ist noch nicht erreicht.

Dies erinnert doch manchmal an den schwäbischen Bauern, der da (ins Hochdeutsche übersetzt) sagte: „Jetzt habe ich die Kuh endlich soweit, dass sie nichts mehr frisst, und nun stirbt sie!“

Von den Beteiligten „gefeiert“ wurden die Ergebnisse der ADVANCE-Studie (Action in diabetes and vascular disease). Hier konnte bei über 11 000 Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 nachgewiesen werden, dass eine Senkung des Blutdrucks unabhängig vom Ausgangswert mit Perindopril/Indapamid die Gesamtsterblichkeit nach 5 Jahren signifikant um relativ 14 % senkt, und zwar in erster Linie wegen einer Senkung der kardiovaskulären Sterblichkeit um relativ 18 %. Die Numbers needed to treat (NNT) zeigen aber die Relativität des Befunds: 79 Patienten müssen über 5 Jahre behandelt werden, um einen Todesfall zu verhindern, 75 um ein koronares Ereignis zu verhüten.

Für die Behandlung zu niedriger HDL-Cholesterol-Werte wird derzeit Laropiprant in Kombination mit Nicotinsäure untersucht. Hierzu wurden Phase-III-Daten vorgestellt. Laropiprant ist ein Antagonist am DP1-Rezeptor, über den Prostaglandin D2 seine Wirkungen auf die Blutgefäße der Haut vermittelt. Der „Errötungshemmer“ Laropiprant soll die unangenehme Nebenwirkung der Nicotinsäure, den Flush, vermindern und so die Compliance und das Erreichen der Zieldosis fördern. Man darf gespannt sein, ob sich die Kombination in weiteren Studien bewährt und sich dann letztendlich im Markt auch durchsetzt.

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