Bettina Martini, Memmingen
Hintergrund
Unfraktioniertes Heparin wird in der Regel intravenös gegeben und die Dosierung erfolgt nach Thromboplastinzeit, die während der Therapie streng überwacht wird. Die Patienten müssen daher stationär aufgenommen sein. Niedermolekulare Heparine werden dagegen subkutan appliziert und die Dosierung erfolgt nach Körpergewicht. Somit entfällt die aufwendige Überwachung der Thromboplastinzeit und eine ambulante Therapie ist möglich.
Nun wurde die Hypothese aufgestellt, dass unfraktioniertes Heparin körpergewichtsadaptiert und subkutan gegeben ebenso wirksam und sicher ist wie die kostenintensiveren niedermolekularen Heparine.
Studiendesign
In einer randomisierten, offenen Studie bekamen 708 Patienten mit tiefer Venenthrombose entweder niedermolekulares Heparin (Dalteparin, Enoxaparin) oder unfraktioniertes Heparin. Beide Heparin-Arten wurden nach Körpergewicht dosiert und subkutan appliziert. Die Therapien durften ambulant durchgeführt werden.
Unfraktioniertes Heparin wurde mit einer initialen Dosis von 333 I. E./kg begonnen und dann mit 250 I. E./kg alle 12 h fortgesetzt. Bei den niedermolekularen Heparinen wurden von Beginn an 100 I. E./kg alle 12 h gegeben. Beide Heparin-Therapien wurden mit einer Überlappung von 3 Monaten in eine Warfarin-Therapie übergeleitet.
Primäre Endpunkte der Studie waren die Häufigkeit erneuter Thrombosen innerhalb von 3 Monaten sowie größere Blutungen in den ersten 10 Tagen der Behandlung.
Ergebnisse
Es gab keine signifikanten Unterschiede bei der Häufigkeit erneuter Thrombosen oder bei der Anzahl größerer Blutungen. In der Gruppe, die unfraktioniertes Heparin erhalten hat, traten 13 erneute Thrombosen auf (3,8 %), in der Gruppe mit niedermolekularen Heparinen waren es 12 Fälle (3,4 %). Größere Blutungen während der ersten 10 Behandlungstage traten bei 4 Patienten (1,1 %) auf, die mit unfraktioniertem Heparin behandelt wurden, und bei 5 Patienten (1,4 %), die niedermolekulares Heparin erhalten hatten. Die Behandlung wurde bei 72 % der Patienten mit unfraktioniertem und bei 68 % mit niedermolekularem Heparin gänzlich ambulant durchgeführt.
Fazit
Diesen Ergebnissen zufolge ist eine subkutane gewichtsbezogene Heparin-Therapie mit unfraktioniertem Heparin ebenso sicher und wirksam wie eine Thrombosetherapie mit niedermolekularen Heparinen und kann ebenso ambulant durchgeführt werden.
Ob die Beweiskraft dieser einen Studie ausreicht, um die gängige Praxis zu ändern, und Patienten mit Thrombosen zukünftig mit unfraktioniertem Heparin behandelt werden sollten, um Kosten zu reduzieren, ist die Frage, die man sich nun stellen muss.
In einem begleitenden Kommentar zur Publikation der Studie, heißt es, dass es für eine Änderung in der Therapie einer potenziell lebensbedrohlichen Erkrankung wie einer Thrombose mehr als einer randomisierten, offenen Studie bedarf. Die Studie zeigt aber, dass die bisher praktizierte strenge Überwachung der Thromboplastinzeit bei einer Therapie mit unfraktioniertem Heparin möglicherweise nicht in solchem Maße erforderlich ist.
Quellen
Kearon C, et al. Comparison of fixed-dose weight-adjusted unfractionated heparin and low-molecular-weight heparin for acute treatment of venous thrombolism. JAMA 2006;296:935–42.
Carson JL. Subcutaneous unfractionated heparin vs low-molecular-weight heparin for acute thromboembolic disease. JAMA 2006;296:991–3.
Arzneimitteltherapie 2007; 25(10)