Akutes Koronarsyndrom

Therapie in Gegenwart und Zukunft


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Vor 20 Jahren wurde der Begriff des akuten Koronarsyndroms geprägt. Aus diesem Anlass fand im Juni 2007 ein hochkarätig besetztes Symposium in Hamburg statt, das von der Firma MSD Sharp & Dohme unterstützt wurde.

Der Begriff des akuten Koronarsyndroms (ACS) wurde vor rund 20 Jahren geprägt für Patienten, die ischämische Symptome im Herz-Kreislauf-Bereich aufweisen. Nach dem EKG-Befund wird es weiter differenziert in ACS mit ST-Streckenerhöhung und ACS ohne ST-Streckenerhöhung. Hieraus kann man dann als endgültige Diagnose die instabile Angina pectoris sowie den Herzinfarkt ohne ST-Streckenerhöhung und den Herzinfarkt mit ST-Streckenerhöhung definieren (Abb. 1). Für die pharmakotherapeutische Behandlung der Ischämie bei der instabilen Angina pectoris und des Herzinfarkts ohne ST-Streckenerhöhung stehen Nitrate, Betablocker und Calciumkanalblocker zur Verfügung. Zur Prophylaxe weiterer Ereignisse –
die Sekundärprävention ist sehr wichtig – werden Plättchenfunktionshemmer und Antikoagulanzien eingesetzt.

Am Blutgerinnungssystem greifen verschiedene, therapeutisch einsetzbare Substanzgruppen an:

  • Unfraktioniertes Heparin
  • Niedermolekulares Heparin
  • Fondaparinux
  • Zu den Plättchenfunktionshemmern gehören:
  • Acetylsalicylsäure
  • Clopidogrel
  • Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten

Ferner sollten Betablocker und ACE-Hemmer angewendet werden.

Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus und Fettstoffwechselstörungen sind ebenfalls adäquat zu therapieren, beispielsweise mit CSE-Hemmern. Darüber hinaus müssen die Patienten selbstverständlich auf Zigaretten verzichten und sich ausreichend körperlich bewegen.

Vorsicht ist bei ACS-Patienten mit der gleichzeitigen Gabe von nichtsteroidalen Antirheumatika geboten. Hier bietet sich ein schrittweises Vorgehen an, wie es in Abbildung 2 vorgestellt wird.

Die TIMI-Studiengruppe (Thrombolysis in myocardial infarction) führt derzeit eine Reihe von Studien bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom durch, ein Teil wird nachfolgend auszugsweise kurz vorgestellt.

IMPROVE IT

Improved Reduction of Outcomes: Vytorin Efficacy International Trial: Multizentrische doppelblinde, randomisierte Studie mit etwa 12 500 Hochrisikopatienten mit akutem Koronarsyndrom, in der klinischer Nutzen und Verträglichkeit von Ezetimib plus Simvastatin vs. Simvastatin allein verglichen wird. Alle Patienten erhalten Acetylsalicylsäure und eine Standardtherapie. Die Studie soll mindestens zweieinhalb Jahre dauern, bis mindestens 2 955 Ereignisse eingetreten sind. Primärer Endpunkt ist kardiovaskulärer Tod, Herzinfarkt, Krankenhausaufnahme wegen instabiler Angina pectoris, Revaskularisationsmaßnahme oder Schlaganfall.

AVANT GARDE – TIMI 43

Aliskiren and Valsartan to Reduce NT-proBNP via Renin-angiotensin-aldosterone-system Blockade: Bei Hochrisikopatienten mit akutem Koronarsyndrom, die erhöhte Konzentrationen des natriuretischen Peptids haben und nicht an Herzinsuffizienz leiden, soll untersucht werden, ob Aliskiren oder Valsartan die NT-proBNP-Werte stärker reduzieren als Plazebo. Darüber hinaus soll untersucht werden, ob die Kombination aus Aliskiren und Valsartan eine stärkere Senkung der natriuretischen Peptide auslöst als eine Monotherapie.

SEPIA-ACS1 – TIMI 42

Randomisierte doppelblinde Dosisfindungsstudie zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Otamixaban (Abb. 3) bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom und geplanter früher invasiver Revaskularisation. Otamixaban ist ein spezifischer, intravenös applizierbarer Faktor-Xa-Hemmer. Es handelt sich um ein kleines Molekül, das direkt an den Faktor Xa bindet. Es hat eine kurze Halbwertszeit von 20 bis 30 Minuten, was eine gute Steuerbarkeit erlaubt. Otamixaban reduzierte Prothrombinfragmente signifikant mehr als unfraktioniertes Heparin in der höchsten Dosis, in der Wirkung auf die Blutungen konnten zwischen Otamixaban und unfraktioniertem Heparin keine Unterschiede gesehen werden. Die bisherigen Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Substanz in weiterführenden Studien geprüft werden sollte [Circulation 2007;115:2642–51].

ATLAS ACS – TIMI 46

Rivaroxaban in Combination with Aspirin Alone or with Aspirin and a Thienopyridine in Subjects with Acute Coronary Syndromes: In dieser Studie wird der orale Faktor-Xa-Hemmer Rivaroxaban bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom untersucht. Rivaroxaban ist ein selektiver, reversibler Faktor-Xa-Hemmer, der sowohl die intrinsische als auch die extrinsische Koagulation hemmt. Er vermindert die Thrombusbildung sowohl in venösen als auch in arteriellen Thrombosemodellen. Das Blutungsrisiko ist mit dem von Enoxaparin vergleichbar. Es ist geringer als das von Thrombinhemmern und Warfarin. In der randomisierten doppelblinden, Plazebo-kontrollierten Phase-II-Studie wird eine Hochrisikogruppe mit Herzinfarkt oder instabiler Angina pectoris in zwei Stufen untersucht. Stufe 1 hat einen Verträglichkeitsendpunkt, Stufe 2 umfasst den Wirksamkeitsendpunkt.

TRITON – TIMI 38

Doppelblinde Studie mit etwa 13 000 Patienten mit akutem Koronarsyndrom, in der Prasugrel und Clopidogrel verglichen werden. Primärer Endpunkt ist kardiovaskulärer Tod, Herzinfarkt und Schlaganfall.

TRA-2P – TIMI 50

Thrombin receptor antagonist in secondary prevention: An rund 20 000 Patienten wird doppelblind und randomisiert der Thrombin-Rezeptorantagonist SCH530348 mit Plazebo verglichen. Primärer Endpunkt ist kardiovaskulärer Tod, nichttödlicher Herzinfarkt und Schlaganfall sowie Notfall-Revaskularisationsmaßnahmen. Die Studie ist ereignisgesteuert.

Quelle

Prof. Dr. E. Antman, Prof. Dr. E. Braunwald, Boston, internationales Symposium „20 Years Acute Coronary Syndrome – Unstable Angina“, Hamburg, 8. Juni 2007, veranstaltet von MSD Sharp & Dohme.

Abb. 1. Definition des akuten Koronarsyndroms

Abb. 2. Stufentherapie für Patienten mit akutem Koronarsyndrom, die gleichzeitig unter rheumatischen Beschwerden leiden; PPI = Protonenpumpenhemmer

Abb. 3. Otamixaban

Arzneimitteltherapie 2007; 25(11)