Dr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen
In klinischen Studien, insbesondere in der Kardiologie, werden oft kombinierte Endpunkte verwendet, um die Zahl der benötigten Probanden zu senken und die Gesamtwirkung der therapeutischen Intervention zu erfassen. Obwohl kombinierte Endpunkte die Ereignisrate und somit die statistische Aussagekraft der Studie erhöhen können, sind irreführende Ergebnisse möglich, wenn die einzelnen Komponentenendpunkte von stark unterschiedlicher Bedeutung für die Patienten sind, die Anzahl der Ereignisse von wichtigeren Komponenten klein ist und die Größe des Behandlungseffekts bei den einzelnen Komponenten stark variiert. So ist beispielsweise die Aussage problematisch, dass eine therapeutische Intervention einen kombinierten Endpunkt aus kardiovaskulärer Sterblichkeit, Herzinfarkt und Revaskularisierungsmaßnahmen senkt, wenn die meisten Ereignisse aus Letzteren bestanden und die Therapie eine große Wirkung auf die Revaskularisierung, aber nicht auf Tod oder Infarkt erzielte.
Studienziel und -design
Zur Untersuchung der Charakteristika von kombinierten Endpunkten wurden randomisierte, kontrollierte Studien ausgewählt, die therapeutische Interventionen in der Kardiologie analysierten und mindestens einen kombinierten Endpunkt hatten. Von besonderem Interesse waren dabei Schwankungen der kombinierten Endpunkte in Bezug auf:
- Die Bedeutung für die Patienten
- Die Häufigkeit von Ereignissen bei den wichtigeren und weniger wichtigeren Komponenten
- Das Ausmaß der Schwankungen bei der relativen Risikoreduktion in den verschiedenen Komponenten
Die Zielpopulation litt bei Studieneintritt an einer Koronarerkrankung, Herzklappenerkrankung, Arrhythmie, Kardiomyopathie oder dekompensierten Herzinsuffizienz. Einbezogen wurden auch Studien, die die Primärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen untersuchten.
Ausgewertet wurden Studien, die zwischen Anfang Januar 2002 und Ende Juni 2003 in vier einflussreichen Zeitschriften für allgemeine Medizin (Lancet, Annals of Internal Medicine, JAMA [Journal of the American Medical Association] und New England Journal of Medicine) sowie zwei führenden kardiologischen Zeitschriften (Circulation, European Heart Journal) veröffentlicht worden waren. In standardisierter Form wurden Daten über den primären kombinierten Endpunkt der betreffenden Studie entnommen. Für jeden kombinierten Endpunkt wurden die Anzahl der Einzelkomponenten, die Wirkung der therapeutischen Intervention auf den kombinierten Endpunkt sowie die Anzahl der Ereignisse, die zum kombinierten Endpunkt beitrugen, herausgearbeitet. Für die Einzelendpunkte jedes kombinierten Endpunkts wurden die Wirkung der Intervention und die Anzahl der Patienten, die das Ergebnis erzielten, festgehalten. Außerdem wurden die Ereignisse, die in den verschiedenen Studien als Komponenten kombinierter Endpunkte verwendet wurden, nach ihrer Bedeutung für den Patienten als tödlich, kritisch, schwer, mittelschwer und leicht eingestuft.
Studienergebnis
Ausgewertet wurden 114 randomisierte, kontrollierte Studien mit einem kombinierten patientenrelevanten Endpunkt. 68 % (n= 77) davon beinhalteten vollständige Angaben zu den Komponenten des primären kombinierten Endpunkts. Nahezu alle (98%, n = 112) kombinierten Endpunkte beinhalteten einen tödlich verlaufenden Endpunkt.
Für 84 kombinierte Endpunkte wurden Daten mindestens zwei der Komponentenendpunkte mitveröffentlicht. Davon hatten 54 % (n = 45) größere oder mittlere Gradienten sowohl in Bezug auf die Bedeutung der Einzelkomponenten für den Patienten als auch bei der Größe des Behandlungseffekts auf die Einzelkomponenten.
Insgesamt wiesen Komponentenendpunkte mit gravierender Bedeutung für den Patienten niedrigere Ereignisraten in den Kontrollgruppen auf; die Durchschnittswerte für tödliche, kritische und schwere Ereignisse lagen zwischen 3,3 und 3,7 %, für mittelschwere Ereignisse bei 12,3 % und für geringfügige Ereignisse bei 8 %. Die Behandlungserfolge waren bei bedeutenderen Komponentenendpunkten geringer als bei weniger bedeutenden; durch die Studieninterventionen sank das relative Risiko für Tod um 8 %, für Komponenten von kleinerer Bedeutung für den Patienten aber um 33 %.
Fazit
Die Ergebnisse randomisierter, kontrollierter Studien mit einem kombinierten Endpunkt sollten mit Vorsicht betrachtet werden, da die Einzelkomponenten häufig große Unterschiede in ihrer Bedeutung für den Patienten und dem Behandlungseffekt aufweisen. Das Ergebnis des kombinierten Endpunkts wird in der Regel von den weniger gravierenden Komponentenendpunkten dominiert, die häufiger sind und deutlichere Behandlungserfolge zeigen. Um Fehlinterpretationen zum Nutzen der untersuchten Intervention vorzubeugen, sollten stets auch die einzelnen Komponenten des kombinierten Endpunkts mitgeteilt und betrachtet werden. Soweit bei der Nutzenbeschreibung einer Intervention auf kombinierte Endpunkte Bezug genommen wird, sollte gegebenenfalls darauf hingewiesen werden, dass die Einzelkomponenten nicht gleichmäßig von einer Behandlung profitieren.
Quellen
Freemantle N, Calvert M. Composite and surrogate outcomes in randomised controlled trial. BMJ 2007;334:756–7.
Ferreira-González, et al. Problems with use of composite end points in cardiovascular trials: systematic review of randomised controlled trials. BMJ 2007;334:786–8.
Arzneimitteltherapie 2008; 26(02)