Dr. Barbara Kreutzkamp,Hamburg
Die Prävalenz invasiver Pilzinfektionen bei schwer kranken und immunkompromittierten Patienten hat in den letzten Jahren parallel mit der steigenden Zahl gefährdeter Patienten deutlich zugenommen. Dies gilt speziell auch für Infektionen mit Candida-non-albicans-Spezies. Klassische Antimykotika wie Amphotericin B und Fluconazol verlieren heute wegen ihrer Nebenwirkungen oder der begrenzten Aktivität an Bedeutung. Neue Substanzen und klassische Substanzen mit verbesserter Galenik führen zu sehr viel besseren Therapieergebnissen. So zeigt liposomales Amphotericin B ein breites Aktivitätsprofil bei verminderter Toxizität. Bei den Azol-Antimykotika hat Voriconazol ein gegenüber Fluconazol erweitertes Aktivitätsspektrum, weist allerdings Wirksamkeitslücken bei Fluconazol-resistenten Stämmen auf. Echinocandine wie das neue Micafungin (in den USA als Mycamine™ zugelassen) sind aktiv sowohl gegen Candida spp. als auch Aspergillus spp. Die Toxizität der Substanzen ist relativ gering, da der Wirkungsmechanismus, über den die Zellwandsynthese der Pilze gehemmt wird, keine Auswirkungen auf die Säugetierzellen hat. Nach ersten erfolgreichen Pilotstudien sollte nun in einer randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie die Nicht-Unterlegenheit von Micafungin gegenüber liposomalem Amphotericin B (AmBisome®) gezeigt werden.
Material und Methoden
Die multinationale Studie umfasste erwachsene Patienten mit einer klinisch manifesten Kandidämie oder invasiven Kandidose bei mindestens einem positiven Candida-Nachweis aus dem Blut oder aus sterilem Gewebe innerhalb der letzten vier Tage. Die Patienten erhielten in einer 1 : 1-Randomisierung als First-Line-Behandlung entweder Micafungin (100 mg/d) oder liposomales Amphotericin B (3 mg/kg pro Tag), jeweils gegeben als einstündige Infusion über einen Zeitraum von meist zwei Wochen. Primärer Endpunkt war der Behandlungserfolg, definiert als klinisches und mykologisches Ansprechen am Ende der Behandlungsperiode.
Ergebnisse
Die Micafungin-Gruppe umfasste 264 Patienten, die Gruppe unter der Behandlung mit liposomalem Amphotericin B 267 Patienten. In die Per-Protocol-Analyse, die als primäre Auswertungsmethode vorab festgelegt wurde, konnten 202 Patienten aus der Micafungin-Gruppe und 190 Patienten aus der Amphotericin-B-Gruppe einbezogen werden. Unter Micafungin ergab sich dabei ein Behandlungserfolg bei 181 (89,6 %) der Patienten, unter liposomalem Amphotericin B ein Behandlungserfolg bei 170 (89,5 %) der Patienten.
Nach Stratifizierung auf Basis des Neutropenie-Status zu Behandlungsbeginn betrug die Differenz zwischen beiden Medikationen 0,7 %-Punkte (95%-Konfidenzintervall –5,3 bis 6,7). Der Therapieerfolg war unabhängig von der Candida-Spezies, der Primärlokalisation der Infektion, dem Neutropenie-Status, dem APACHE-II-Score und dem Verbleib oder Entfernen eines Katheters während der Studie.
Behandlungsbezogene unerwünschte Ereignisse traten unter Micafungin seltener auf als unter liposomalem Amphotericin B. Das galt auch für die schweren Nebenwirkungen und für die Nebenwirkungen, die zum Studienabbruch führten. So traten beispielsweise Hypokaliämien, Rigor-Zustände, erhöhte Serumcreatinin-Spiegel und Rückenschmerzen sowie infusionsbedingte Reaktionen unter liposomalem Amphotericin häufiger auf.
Die Inzidenz eines Aminotransferasen-Anstiegs war insgesamt niedrig, zeigte sich aber unter Micafungin etwas häufiger als unter liposomalem Amphotericin B.
Diskussion
Das Echinocandin Micafungin ist in der First-Line-Therapie von Kandidämie und invasiven Kandidosen der Standardbehandlung mit liposomalem Amphotericin B nicht unterlegen. Die in der Per-Protocol-Analyse errechneten Ergebnisse sind robust und lassen sich auch in der Intention-to-treat- und der modifizierten Intention-to-treat-Analyse reproduzieren. Die Art der Candida-Spezies oder die primäre Lokalisation der Infektion sowie der Neutropenie-Status zu Behandlungsbeginn haben keinen Einfluss auf das klinische und mykologische Ansprechen. Dagegen ist die Verträglichkeit von Micafungin besser als die von liposomalem Amphotericin B.
Die Ansprechraten für Micafungin liegen in denselben Größenordnungen, wie sie in großen Vergleichsstudien mit Caspofungin (Cancidas®), Anidulafungin (Ecalta®) und Voriconazol (Vfend®) gegen ein Amphotericin B/Fluconazol-Regime gesehen wurden. Das Nebenwirkungsprofil von Micafungin entspricht dem anderer Echinocandine und umfasst beispielsweise einen vorübergehenden Anstieg der Lebertransaminasen und Reaktionen aufgrund einer verstärkten Histaminfreisetzung.
Quelle
Kuse ER, et al. Micafungin versus liposomal amphotericin B for candidaemia and invasive candidosis: a phase III randomised double-blind trial. Lancet 2007;369:1519–27.
Arzneimitteltherapie 2008; 26(02)