Prof. Dr. Hans Christoph Diener, Essen
Die häufigste Ursache einer Demenz im Alter ist die degenerative Alzheimer-Demenz.
In der Zwischenzeit stellte sich heraus, dass auch vaskuläre Faktoren beim Fortschreiten der Alzheimer-Demenz eine wichtige Rolle spielen. So sind beispielsweise typische vaskuläre Risikofaktoren wie Hypertonie, Hypercholesterolämie und Diabetes mellitus als Prädiktoren für einen schlechteren Verlauf bei Alzheimer-Erkrankungen identifiziert worden. Eine Arbeitsgruppe aus England wollte daher untersuchen, ob die Gabe von Acetylsalicylsäure das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen kann.
Studiendesign und -ergebnis
In die randomisierte offene Studie wurden 310 Patienten mit Alzheimer-Erkrankung eingeschlossen, die noch nicht im Pflegeheim betreut wurden. 156 Patienten erhielten 75 mg Acetylsalicylsäure (ASS), 154 wurden nicht mit ASS behandelt.
Der primäre Endpunkt umfasste das Ausmaß kognitiver Einschränkungen, gemessen mit der Mini-Mental-State-Examination-Skala (MMSE), und die funktionellen Fähigkeiten, gemessen mit der Bristol-Activities-of Daily-Living-Skala (BADLS).
Sekundäre Endpunkte waren die Zeit bis zu einer notwendigen Unterbringung in einem Pflegeheim, fortschreitende Behinderungen, Verhaltensstörungen und Pflegeaufwand.
Die Patienten wurden alle 12 Wochen im ersten Jahr nachuntersucht und später einmal jährlich. Die Gesamtdauer der Studie betrug 3 Jahre. Das mittlere Alter der Patienten war 75 Jahre. 156 Patienten hatten eine leichte Alzheimer-Erkrankung, 154 eine mittelschwere und 18 Patienten hatten zusätzlich eine vaskuläre Demenz.
Für keinen der Endpunkte ergab sich nach 3 Jahren ein Unterschied zwischen den Patienten, die ASS einnahmen, und den Patienten, die keine ASS erhielten.
13 Patienten (8 %) in der ASS-Gruppe und 2 Patienten (1 %) der Kontrollgruppe hatten eine Blutungskomplikation, die zu einem Krankenhausaufenthalt führte (relatives Risiko 4,4; 95%-Konfidenzintervall 1,5–12,8, p = 0,007). 3 der Patienten (2 %) in der ASS-Gruppe hatten tödliche intrazerebrale Blutungen.
Kommentar
Bei den in diese Studie eingeschlossenen Patienten handelt es sich um eine Subgruppe einer früher durchgeführten großen Studie zum Einsatz von Donepezil bei der Alzheimer-Demenz.
Auf den ersten Blick implizieren die Ergebnisse dieser Studie, dass die Gabe von Thrombozytenfunktionshemmern bei Patienten mit Alzheimer-Demenz keine Wirkung hat und sogar zu vermehrten Blutungskomplikationen führt. Hier muss aber kritisch angemerkt werden, dass die Zahl der Patienten viel zu gering war, um einen therapeutischen Effekt zu erzielen. So sind beispielsweise für Studien zur Schlaganfallprävention bei stattgehabter zerebraler Ischämie Patientenzahlen von über 5 000 notwendig, um einen Behandlungseffekt zu sehen. Valide ist allerdings die Beobachtung, dass es bei der Einnahme von ASS zu vermehrten Blutungskomplikationen kommt. Dies macht es auch sehr unwahrscheinlich, dass eine weitere und deutlich größere Studie mit ASS bei Patienten mit Alzheimer-Demenz durchgeführt werden wird, obwohl eine solche Studie bei Patienten mit vaskulärer Demenz oder Mischdemenz wünschenswert wäre.
Quelle
AD2000 Collaborative Group. Aspirin in Alzheimer’s disease (AD2000): a randomised open-label trial. Lancet Neurol 2008;7:41–9.
Arzneimitteltherapie 2008; 26(07)