Schlaganfall und systemische Embolien bei Vorhofflimmern

Erhöhtes Blutungsrisiko durch Idraparinux


Dr. Monika Neubeck, Kaiserslautern

Unter der Langzeitbehandlung mit Idraparinux traten bei Patienten mit Vorhofflimmern und erhöhtem Risiko für Schlaganfälle und systemische Embolien im Vergleich zur klassischen Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten signifikant häufiger Blutungen auf. Bei der Reduktion der Inzidenz von Schlaganfällen und systemischen Embolien zeigte sich Idraparinux gegenüber der Standardtherapie als nicht unterlegen.

Nicht-valvuläres Vorhofflimmern ist die Hauptursache kardioembolisch bedingter ischämischer Schlaganfälle. Vitamin-K-Antagonisten gelten als Mittel der Wahl zur Prophylaxe von Schlaganfällen, sie senken das Schlaganfallrisiko um etwa zwei Drittel. Aufgrund des engen therapeutischen Fensters bedarf es jedoch einer individuellen Dosisanpassung der Vitamin-K-Antagonisten und einer regelmäßigen Überwachung der Patienten.

Für den selektiven Faktor-Xa-Inhibitor Idraparinux erhoffte man sich eine Vereinfachung der Therapie, da standardisierte Dosierungen eingesetzt werden können und eine Überwachung der Blutgerinnung nicht mehr erforderlich ist. Die lange Halbwertszeit der Substanz erlaubt eine einmal wöchentliche Applikation. In der vorliegenden AMADEUS-Studie sollte die Nicht-Unterlegenheit von Idraparinux gegenüber Vitamin-K-Antagonisten gezeigt werden.

Studiendesign

Bei der Studie handelte es sich um eine randomisierte, offene Nicht-Unterlegenheitsstudie. Eingeschlossen wurden Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern und einer Indikation für eine Langzeitantikoagulation.

Die Patienten erhielten einmal wöchentlich 2,5 mg Idraparinux s. c. oder die individuell angepasste Dosis eines Vitamin-K-Antagonisten (Warfarin oder Acenocoumarol). Der INR-Zielwert lag zwischen 2,0 und 3,0. Bei schwerer Niereninsuffizienz mit einer Creatinin-Clearance von 10–30 ml/min wurden von der zweiten Idraparinux-Applikation an nur noch 1,5 mg wöchentlich verabreicht. Primärer Endpunkt war das Auftreten von Schlaganfällen (ischämisch, hämorrhagisch oder nicht definiert) und von systemischen Embolien. Weiterhin wurde in der Studie das Auftreten klinisch relevanter Blutungen untersucht. Die Auswertung der Daten erfolgte verblindet zur Behandlung.

Ergebnisse

Nach Randomisierung von 4 576 Patienten (2 283 für Idraparinux, 2 293 für Vitamin-K-Antagonisten) und einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 10,7 Monaten wurde die Studie aufgrund einer signifikant erhöhten Blutungsneigung (346 Fälle versus 226 Fälle; p < 0,0001) (Abb. 1) in der Idraparinux-Gruppe vorzeitig abgebrochen.

Zu intrakraniellen Blutungen kam es bei 21 Patienten der Idraparinux-Gruppe verglichen mit 9 Patienten der Vitamin-K-Antagonisten-Gruppe (1,1 versus 0,4 pro 100 Patienten-Jahre; p = 0,014). Für ältere Patienten und Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion bestand ein größeres Risiko für klinisch relevante Blutungen.

Die Ergebnisse zur Wirksamkeit zeigten die Nicht-Unterlegenheit von Idraparinux gegenüber Vitamin-K-Antagonisten (Abb. 2). Thromboembolien traten bei 18 Patienten in der Idraparinux-Gruppe und bei 27 Patienten in der Vitamin-K-Antagonisten-Gruppe auf (0,9 versus 1,3 pro 100 Patienten-Jahre; Hazard-Ratio 0,71; 95%-Konfidenzintervall 0,39–1,30; p = 0,007 für Nicht-Unterlegenheit). Es kam zu 62 bzw. 61 Todesfällen bei Idraparinux- bzw. Vitamin-K-Antagonisten-Therapie (3,2 versus 2,9 pro 100 Patienten-Jahre; p = 0,49).

Diskussion

Bei der Prävention von Thromboembolien bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern und Indikation für eine Langzeitantikoagulation war Idraparinux der Standardtherapie mit Vitamin-K-Antagonisten nicht unterlegen. Allerdings wurde bei der Idraparinux-Therapie ein signifikant höheres Blutungsrisiko festgestellt als bei der Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten. Daher kann Idraparinux in der hier untersuchten Dosierung nicht als adäquate Alternative einer Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten betrachtet werden.

Der direkte Thrombinhemmer Ximelagatran war Vitamin-K-Antagonisten zwar nicht unterlegen. Allerdings musste das Arzneimittel aufgrund seiner Lebertoxizität vom Markt genommen werden. Auch eine Kombination von Acetylsalicylsäure und Clopidogrel erwies sich als nicht geeignet, eine Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten zu ersetzen; die Kombination war der Standardtherapie in puncto Wirksamkeit unterlegen.

Ob mit einem an beispielsweise Alter und Nierenfunktion angepassten Dosisregime von Idraparinux eine gute Wirksamkeit bei vertretbarer Therapiesicherheit erreicht werden kann, sollte in zukünftigen klinischen Studien untersucht werden.

Quelle

Bousser MG, et al. Comparison of idraparinux with vitamin K antagonists for prevention of thromboembolism in patients with atrial fibrillation: a randomised, open-label, non-inferiority trial. Lancet 2008;371:315–21.



Abb. 1. Aktivierung des Nrf2-Signalwegs durch BG-12.

Im Zytoplasma wird der Transkriptionsfaktor Nrf2 (NF-E2 related factor 2) durch die Bindung an Keap 1 (Kelch-like ECH associating protein 1) am Zytoskelett festgehalten. Durch die Bindung von BG-12 an Keap1 wandert der Transkriptionsfaktor Nrf2 in den Zellkern. Dort findet eine Dimerisierung mit beispielsweise Proteinen der Maf(musculoaponeurotic fibrosarcoma)-Familie statt und es kommt zur Bindung an das ARE (antioxidant response element) im Promotor der DNS. Dadurch wird die Transkription verschiedener Gene induziert.


Abb. 1. Kumulative Inzidenz für das erstmalige Auftreten klinisch relevanter Blutungen
während der Therapie

Arzneimitteltherapie 2008; 26(07)