Metastasiertes kolorektales Karzinom

Irinotecan als Kombinationspartner


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. med. Peter Stiefelhagen,Hachenburg

Bei Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom empfiehlt sich je nach Ausgangssituation und dem sich daraus ergebenden Therapieziel eine individualisierte Behandlung. In randomisierten Vergleichsstudien hat sich das Irinotecan-haltige FOLFIRI-Regime als wirksam und sicher erwiesen. Nach neueren Studien kann durch eine Kombination dieses Regimes mit monoklonalen Antikörpern oder einem weiteren Zytostatikum, nämlich Oxaliplatin, die Ansprechrate weiter verbessert werden, so das Fazit eines von der Firma Pfizer im Rahmen des 28. Deutschen Krebskongresses in Berlin im Februar 2008 veranstalteten Satellitensymposiums.

Die Einführung neuer Chemotherapeutika wie Irinotecan (Campto®) hat die palliativen Therapiemöglichkeiten des kolorektalen Karzinoms wesentlich verbessert. Eine weitere Verbesserung des medianen Überlebens kann heute durch die zusätzliche Gabe von monoklonalen Antikörpern wie Cetuximab (Erbitux®) und Bevacizumab (Avastin®) erzielt werden.

Erst- und Zweitlinientherapie

Für das Camptothecinderivat Irinotecan konnte in entsprechenden klinischen Studien sowohl in der Erst- als auch in der Zweitlinientherapie des fortgeschrittenen kolorektalen Karzinoms eine signifikante Überlegenheit gegenüber der rein supportiven Therapie und der kontinuierlichen infusionalen Fluorouracil-Gabe dokumentiert werden, das heißt, die Ansprechrate konnte von etwa 30 % auf über 50 % gesteigert werden.

Das mediane Überleben von Patienten mit kolorektalem Karzinom im Stadium IV ohne aktive Tumortherapie liegt bei etwa 6 Monaten und steigt auf etwa 20 Monate, wenn eine kombinierte Chemotherapie nach dem FOLFIRI-Regime (Folinsäure, Fluorouracil, Irinotecan) eingesetzt wird. Wegen des deutlich besseren Nebenwirkungsprofils empfiehlt sich immer die Kombination von Irinotecan und infusionalem Fluorouracil statt einer Kombination mit Bolus-Fluorouracil.

Neoadjuvante Chemotherapie von Lebermetastasen

Jeder zweite Patient mit einem kolorektalen Karzinom entwickelt im Verlauf seiner Erkrankung Lebermetastasen. Doch nur 15 bis 20 % aller Patienten mit Lebermetastasierung sind primär resektabel, wobei 5-Jahres-Überlebensraten von 30 bis 50 % erreicht werden können. Durch eine verbesserte systemische Therapie gelingt es heute, primär nicht resektable Lebermetastasen so zu verkleinern, dass sie anschließend reseziert werden können und somit potenziell heilbar sind.

Bei primär resektablen Metastasen wird der Stellenwert einer neoadjuvanten Therapie zurzeit in der EORTC-Studie (European organization for research and treatment of cancer) untersucht, deren endgültige Ergebnisse noch nicht vorliegen. Vorläufige Ergebnisse deuten auf eine signifikante Verkleinerung der Metastasen, allerdings bei erhöhter perioperativer Morbidität hin.

Der Anteil der Patienten, die nach einer systemischen Chemotherapie sekundär resektabel werden, variiert in den vorliegenden Studien zwischen 20 % und 36 %. Entscheidend ist, dass Patienten mit Leber- aber auch isolierten Lungenmetastasen vor Beginn der Therapie und im weiteren Verlauf regelmäßig auf eine mögliche Resektabilität überprüft und gegebenenfalls einem entsprechenden interdisziplinären Panel zur Operation vorgestellt werden. Die 5-Jahres-Überlebensrate nach einer sekundären R0-Resektion liegt bei etwa 30 %.

Für eine neoadjuvante Chemotherapie bei primär nicht resektablen Leber- und/oder Lungenmetastasen empfiehlt sich als Basisregime das FOLFIRI-Schema in Kombination mit einem monoklonalen Antikörper wie Cetuximab oder Bevacizumab. Eine andere Alternative ist die Kombination des FOLFIRI-Schemas mit Oxaliplatin (Eloxatin®) (FOLFOXIRI).

In einer italienischen Phase-III-Studie konnte mit dem FOLFOXIRI-Regime bei 60 % der Patienten mit metastasierter Erkrankung eine objektive Tumorrückbildung dokumentiert werden, im Vergleich zu Patienten, bei denen mit dem FOLFIRI-Schema eine objektive Ansprechrate von nur 34 % erreicht werden konnte (p < 0,001). Auch verlängerte FOLFOXIRI im Median die progressionsfreie Zeit um 3 Monate (p = 0,006) und die mediane Gesamtüberlebenszeit um knapp 6 Monate (p = 0,032). 36 % der Patienten mit ausschließlichen Lebermetastasen konnten anschließend R0 reseziert werden.

Erste vielversprechende klinische Daten liegen auch für das FOLFIRI-Regime in Kombination mit dem humanen Antikörper Panitumumab (Vectibix®) und dem antiangiogenetisch wirkenden Multi-Tyrosinkinasehemmer Sunitinib (Sutent®) vor. Beide Kombinationen werden zurzeit in Phase-III-Studien untersucht.

Wird das FOLFIRI-Regime mit dem Antikörper Cetuximab kombiniert, so kann auch durch diese Kombination der Therapieerfolg verbessert werden. In der CRYSTAL-Studie (cetuximab combined with irinotecan in first-line therapy for metastatic colorectal cancer) konnte durch die Kombination FOLFIRI plus Cetuximab im Vergleich zur alleinigen FOLFIRI-Gabe bei 46,9 % vs. 38,7 % der Patienten eine Tumorrückbildung dokumentiert werden (p < 0,005). In der kombiniert behandelten Patientengruppe waren nach einem Jahr noch 34 % der Patienten rezidivfrei im Vergleich zu 23 % in der FOLFIRI-Gruppe (p < 0,05). Der Anteil der Patienten mit ausschließlichen Lebermetastasen, die R0 reseziert werden konnten, lag unter FOLFIRI plus Cetuximab doppelt so hoch wie im Kontrollarm, nämlich 9,8 % vs. 4,5 % (p = 0,0034).

In der BBICC-C-Studie wurde die Kombination von FOLFIRI plus Bevacizumab untersucht. Die kombiniert behandelte Patientengruppe blieb im Durchschnitt 11,2 Monate ohne Rezidiv, dagegen nur 8,3 Monate unter der Kombination Irinotecan plus Fluorouracil/Folinsäure-Bolusregime. Dies führte auch zu einem Überlebensvorteil von durchschnittlich 9 Monaten (28,0 Monate vs. 19,2 Monate; p = 0,037). Darüber hinaus konnte in der Studie gezeigt werden, dass es für die Prognose der Patienten entscheidend ist, dass das etablierte FOLFIRI-Regime mit infusionalem Fluorouracil statt Fluorouracil-Bolus eingesetzt wird.

Fazit

Für Patienten im metastasierten Stadium eines kolorektalen Karzinoms ist eine palliative Chemotherapie nach dem FOLFIRI-Regime sicher und wirksam. In neoadjuvanter Anwendung bei Patienten mit primär irresektablen Lebermetastasen kann mit diesem Regime bei etwa einem Drittel der betroffenen Patienten sekundär eine R0-Resektion erreicht werden. Noch bessere Therapieergebnisse verspricht die Kombination FOLFIRI plus Oxaliplatin (FOLFOXIRI) oder eine Kombination mit monoklonalen Antikörpern wie Cetuximab oder Bevacizumab.

Quelle

Prof. Dr. Hansjochen Wilke, Essen, Priv.-Doz. Dr. Ralf-Dieter Hofheinz, Mannheim. Satellitensymposium „Individualisierte Therapie beim kolorektalen Karzinom“, veranstaltet von der Pfizer Pharma GmbH, anlässlich des 28. Deutschen Krebskongresses 2008, Berlin, 21. Februar 2008.

Arzneimitteltherapie 2008; 26(07)