Dr. Susanne Heinzl, Stuttgart
Hintergrund
Zur Standardbehandlung des Lungenkrebses werden verschiedene Platin-basierte Chemotherapien eingesetzt. Trotz zahlreicher Versuche ist es in den letzten Jahren nicht gelungen, einen deutlichen Fortschritt in der Erstlinienbehandlung zu erreichen. In der FLEX-Studie wurde nun untersucht, wie sich die zusätzliche Gabe des EGFR-Hemmers Cetuximab auf das Überleben der Patienten auswirkt.
Design
In der multizentrischen Studie erhielten 1 125 Patienten mit NSCLC im Stadium III und IV randomisiert folgende Therapie
- Maximal sechs Zyklen Chemotherapie aus Cisplatin (80 mg/m² Tag 1) und Vinorelbin (25 mg/m² Tag 1 und 8) alle drei Wochen (n = 568)
- Chemotherapie plus Cetuximab (initial 400 mg/m², dann wöchentlich 250 mg/m² Körperoberfläche, n = 557)
Die Patienten der Cetuximab-Gruppe wurden nach dem Ende der Chemotherapie bis zur Progression oder bis zum Auftreten von nicht tolerierbaren Nebenwirkungen weiter mit dem EGFR-Hemmer behandelt. Alle Patienten hatten EGFR-exprimierende Tumoren. Etwa 20 % der Patienten hatten einen Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG) Performance Status von 2 und damit eine schlechte Prognose.
Primärer Endpunkt der Studie war das Gesamtüberleben. Sekundäre Endpunkte umfassten zum Beispiel das Ansprechen, das progressionsfreie Überleben und die Verträglichkeit.
Ergebnisse
Die Daten wurden nach 868 Ereignissen analysiert. Die beiden Gruppen waren in den demographischen Parametern vergleichbar.
Das Gesamtüberleben war mit 11,3 Monaten in der Cetuximab-Gruppe signifikant länger als mit 10,1 Monaten in der Vergleichsgruppe (p = 0,0441). Die Ansprechrate war in der Cetuximab-Gruppe mit 36,3 vs. 29,2 % ebenfalls höher. Die bessere Wirkung von Cetuximab konnte bei allen histologischen NSCLC-Formen wie Adeno- oder Plattenepithelkarzinomen nachgewiesen werden (Tab. 1). Mit anderen gezielten Therapien konnte bislang nur eine Wirkung bei einzelnen histologischen Subtypen gezeigt werden. Bei weißen Patienten wirkte Cetuximab besser als bei Asiaten, die a priori eine bessere Prognose hatten.
Häufigste durch Cetuximab ausgelöste Nebenwirkung war, wie erwartet, ein Akne-ähnlicher Hautausschlag, der jedoch durch eine entsprechende Therapie kontrolliert werden konnte. Andere Nebenwirkungen wie Neutropenie, Anämie oder Durchfall traten in beiden Gruppen vergleichbar häufig auf.
Fazit
Mit der FLEX-Studie konnte damit zum ersten Mal belegt werden, dass eine gegen EGFR gerichtete Strategie bei Patienten mit NSCLC in der Erstlinientherapie das Überleben – wenn auch geringfügig –
verlängert.
Kommentar
Diskutant Thomas Lynch von der Harvard Medical School in Boston, kommentierte die FLEX-Studie in der Plenarsitzung beim ASCO 2008:
- Die Rate von fiebrigen Neutropenien war in beiden Armen relativ hoch, im Cetuximab-Arm lag sie bei 22 %, was zur Vorsicht mahnt.
- Die unterschiedlichen Wirkungen bei Weißen und Asiatien unterstreichen die Bedeutung von pharmakogenetischen Untersuchungen.
- Warum sich das Gesamtüberleben, nicht jedoch das progressionsfreie Überleben verbessert, könnte damit erklärt werden, dass durch häufige Kontrollen die Patienten besser betreut waren, aber auch eine Progression rascher erkannt wurde.
- Cetuximab sollte nur bei den Patienten eingesetzt werden, bei denen EGFR-exprimierende Tumoren nachgewiesen sind.
Quellen
Pirker R, et al. FLEX: A randomized, multicenter, phase III study of cetuximab in combination with cisplatin/vinorelbin (CV) versus CV alone in the first-line treatment of patients with advanced non-small cell lung cancer. 44th ASCO 2008, Chicago, 30. Mai bis 3. Juni 2008.
Lynch TJ, Discussant. 44th ASCO 2008, Chicago, 30. Mai bis 3. Juni 2008.
Tab. 1. Wirkungen von Cetuximab plus Cisplatin/Vinorelbin versus Cisplatin/Vinorelbin (C/V) auf das Gesamtüberleben bei Patienten mit NSCLC [nach Pirker]
Medianes Überleben Cetuximab plus C/V |
Medianes Überleben C/V |
Hazard-Ratio |
p-Wert |
|
Alle Patienten (n = 1 125) |
11,3 |
10,1 |
0,871 (0,762–0,996) |
0,0441 |
Weiße (n = 945) |
10,5 |
9, 1 |
0,800 (0,692–0,924) |
0,0025 |
Adenomkarzinom (n = 412) |
12,0 |
10,2 |
0,809 (0,644–1,016) |
0,0673 |
Plattenepithelkarzinom (n = 347) |
10,2 |
8,9 |
0,794 (0,626–1,007) |
0,0567 |
Asiaten (n = 121) |
17,6 |
20,4 |
1,179 (0,730–1,905) |
0,4992 |
Arzneimitteltherapie 2008; 26(08)