Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg
Bei Patienten mit symptomatischer koronarer Herzkrankheit (KHK) kann durch eine Senkung der Herzfrequenz die Häufigkeit und die Schwere pectanginöser Anfälle verringert werden. Deshalb wird in den offiziellen Leitlinien zur Behandlung der KHK empfohlen, die Herzfrequenz bei solchen Patienten auf 55 bis 60 Schläge/Minute zu senken.
Mit dem If-Kanal-Hemmer Ivabradin (Procoralan®) steht eine Substanz zur Verfügung, die sowohl die Herzfrequenz in Ruhe als auch unter Belastung senkt. In klinischen Studien konnte dadurch eine Abnahme der Angina-pectoris-Anfälle um bis zu 70 % dokumentiert werden. Diese günstige Wirkung entfaltet die Substanz sowohl bei stoffwechselgesunden Patienten als auch bei Patienten mit Diabetes mellitus. Als Begleiteffekt konnte bei diabetischen Patienten auch eine günstige Beeinflussung der Stoffwechselsituation, das heißt eine Abnahme des HbA1c-Werts und der Nüchtern-Glucosekonzentration, dokumentiert werden.
Die Frage, ob eine erhöhte Herzfrequenz bei KHK einen Risikofaktor oder nur einen Risikoindikator darstellt, kann bisher nicht mit letzter Sicherheit beantwortet werden. Doch vieles spricht dafür, dass es sich um einen eigenständigen Risikofaktor handelt, da eine erhöhte Herzfrequenz an der Manifestation der Endorganschäden beteiligt ist. Höhere Herzfrequenz bedeutet einen größeren oxidativen Stress, der wiederum zur endothelialen Dysfunktion und somit zur Arteriosklerose führt. Im Hinblick auf die Gefäßschädigung scheint die Herzfrequenz ab einem Wert von 75 Schlägen/Minute die gleiche Bedeutung zu haben wie ein erhöhter Blutdruck. Darüber hinaus konnte in experimentellen Untersuchungen gezeigt werden, dass eine höhere Pulsfrequenz die aortale Steifigkeit erhöht und die Plaqueruptur begünstigt. Aber nicht nur für das Herz, sondern auch für die Nieren ist eine erhöhte Herzfrequenz ungünstig. In klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass die Mikroalbuminurie mit der Herzfrequenz korreliert. Eine Herzfrequenz von über 80 Schlägen/Minute schädigt die Nierenfunktion in gleichem Maße wie ein diastolischer Blutdruck von über 90 mm Hg oder ein Pulsdruck von über 50 mm Hg. Insgesamt muss man davon ausgehen, dass bei Vorliegen anderer Risikofaktoren eine erhöhte Herzfrequenz einen additiven ungünstigen Effekt im Sinn von Endorganschäden entfaltet.
Ob die Senkung der Herzfrequenz mit Ivabradin auch prognostisch wirksam ist, wird zurzeit in einer großen klinischen randomisierten Studie (BEAUTIFUL-Studie) (Morbidity – mortality evaluation of the If inhibitor ivabradine in patients with CAD and left ventricular dysfunction) untersucht. Eingeschlossen in die Studie wurden 9 650 KHK-Patienten, von denen 88 % bereits einen Myokardinfarkt überstanden haben. Bei allen eingeschlossenen Patienten besteht eine linksventrikuläre Dysfunktion mit einer EF < 39 % und eine linksventrikuläre Dilatation. Verglichen wird eine Standardtherapie inklusive Betablocker mit einer zusätzlichen Therapie mit zweimal 5 mg oder 7,5 mg Ivabradin. Der primäre kombinierte Endpunkt der Studie umfasst kardiovaskulären Tod, Krankenhauseinweisung wegen Myokardinfarkt und wegen neuer oder zunehmender Herzinsuffizienz. Die Studiendauer beträgt drei Jahre.
Fazit
Bei symptomatischen KHK-Patienten ist die Senkung der Herzfrequenz ein antianginös wirksames Therapieprinzip. Mit dem If-Kanal-Hemmer Ivabradin kann eine effektive und sichere Reduktion der Herzfrequenz erreicht werden. Ob dieses Therapieprinzip bei herzinsuffizienten Post-Infarktpatienten auch die Prognose quoad vitam verbessern kann, wird im Rahmen der BEAUTIFUL-Studie untersucht.
Quellen
Prof. Tomas Münzel, Mainz, Prof. Michael Böhm, Homburg/Saar, Prof. Gerd Hasenfuß, Göttingen, Vorträge im Rahmen eines von der Firma Servier veranstalteten Satellitensymposiums anlässlich der 74. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung e.V., Mannheim, 29. März 2008.
Vox K, et al. Am Heart J 2006;152:860–6.
Tardif JC, et al. Eur Heart J 2005;26:2529–36.

Abb. 1. Krankheitsfreies Überleben bei postmenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs, die in der ATAC-Studie adjuvant mit Anastrozol oder Tamoxifen behandelt wurden
Arzneimitteltherapie 2008; 26(08)