Thorsten Siegmund, Bodo Gutt, Thomas Stock, Christoph Dodt und Petra-M. Schumm-Draeger, München
Bis vor einigen Jahren galt eine Hyperglykämie bei stationär behandelten Patienten lediglich als Begleiterscheinung der für die Aufnahme verantwortlichen Erkrankung. Allenfalls akzeptierte man einen Zusammenhang zwischen erhöhter Blutzuckerkonzentration und Infektionen bzw. Wundheilungsstörungen [1]. Eine konsequente strukturierte Hyperglykämietherapie, mit dem Ziel, normnahe Blutzuckerkonzentrationen zu erlangen, wurde nur selten praktiziert. Gründe hierfür liegen zum Großteil in dem nicht mehr ausreichend vorhandenen Training junger Assistenzärzte in deutschen Kliniken zur Durchführung einer differenzierten Insulintherapie, in der Furcht vor Hypoglykämien und zum Teil auch in der Unwissenheit vieler Beteiligten über die prognostische Relevanz erhöhter Blutzuckerwerte. Nicht unerheblich ist auch das Problem der in den letzten Jahren erfolgten Stellenreduktion im pflegerischen Bereich. Die notwendige Kontrolle der Blutzuckerwerte durch Pflegekräfte stößt nicht selten aufgrund der eingeschränkten zeitlichen Valenzen an Grenzen.
Benefit durch strukturiertes Hyperglykämiemanagement
Zunehmende Evidenz, dass ein strukturiertes Hyperglykämiemanagement mit dem Ziel der Normoglykämie den Krankheitsverlauf vorteilhaft beeinflussen kann, hat in den letzten Jahren zu einem kontinuierlichen Umdenken geführt. Dies zeigt sich in vielen, auch deutschen Kliniken im Bereich der Intensivstationen; hier ist vor allen Dingen auf operativen Intensivstationen ein striktes Blutzuckermanagement als sinnvoll erkannt worden. Demgegenüber wird eine adäquate Blutzuckerkontrolle auf konservativen oder chirurgischen Normalstationen noch immer als weniger wichtig erachtet. Bei der Verwendung von Insulin auf Normalstationen wird meist mit nachweislich insuffizienten Korrekturschemata gearbeitet. Die im stationären Bereich häufig unumgängliche, nämlich physiologische Insulintherapie nach dem Basis-Bolus-Konzept, also eine intensivierte Insulintherapie, wird nicht konsequent durchgeführt [2–4].
Dennoch setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass nicht nur eine frühzeitige, in der Folge stadiengerechte und langfristige Blutzuckeroptimierung zur Vermeidung von Folgeerkrankungen im ambulanten Bereich relevant ist, sondern dass gerade auch eine kurzzeitige Blutzuckeroptimierung bei akuter Erkrankung für den Krankheitsverlauf im stationären Bereich große Relevanz besitzt.
Die Beziehung zwischen Hyperglykämie und einer akuten Erkrankung ist komplex. Ein Großteil der Problematik kann einer erhöhten Konzentration an sogenannten Stresshormonen, beispielsweise Cortisol, Adrenalin, Noradrenalin zugeschrieben werden.
In verschiedenen experimentellen Ansätzen konnte gezeigt werden, dass schwere Hyperglykämien (> 250 mg/dl) sehr ungünstige Effekte auf das Gefäßsystem, die Hämodynamik, das Gerinnungssystem sowie das Immunsystem haben. Bereits Blutzuckerwerte über 200 mg/dl verursachen eine über Tage bis Wochen anhaltende Leukozytenfunktionsstörung [5]. Zunächst bestätigten verschiedene retrospektive Analysen den Zusammenhang zwischen Hyperglykämie und ungünstigem Krankheitsverlauf bis hin zur schlechteren Langzeitprognose. Die Höhe des Blutzuckers hat direkten Einfluss auf Komplikations- und Letalitätsraten [6–8] bei Patienten mit Infektionskrankheiten, (postoperativer) Wundheilung, nach Herzinfarkt oder Schlaganfall. Dies gilt sowohl für Patienten auf Intensiv- als auch auf Normalstation.
Diese Beobachtungen treffen nicht nur auf Patienten zu, bei denen ein in Diabetes mellitus bereits bekannt ist, sondern zum Teil sogar in ausgeprägterer Form auf Patienten, bei denen erstmals in der Klinik erhöhte Blutzuckerwerte festgestellt werden [7].
Mittlerweile gibt es eine Reihe prospektiver randomisierter und nicht randomisierter Outcome-Studien, die den Nutzen eines strukturierten Hyperglykämiemanagements belegen.Breite Evidenz zeigt sich im Bereich der Versorgung von Patienten auf operativen Intensivstationen. In der Herzchirurgie reduziert die postoperative Blutzuckeroptimierung die Rate an Wund-/Sternuminfektionen, Herzversagen, Arrhythmien und Mortalitätsraten.
Bei Patienten nach Herzinfarkt wird durch ein stringentes Hyperglykämiemanagement das Kurz- und Langzeitüberleben verbessert.
Patienten auf internistischen oder chirurgischen Intensivstationen zeigen eine kürzere Verweildauer auf Intensivstation, kürzere Beatmungszeiten, ein geringeres Sepsisrisiko, eine verbesserte Wundheilung, eine geringere Rate an Nierenversagen mit konsekutiver Dialysepflichtigkeit sowie eine geringere Transfusionsnotwendigkeit [9]. Klar scheint inzwischen auch zu sein, dass parallel zur Blutzuckersenkung direkte Effekte des Insulins auf Endothelfunktion und Gerinnungssystem existieren, weitere Mechanismen sind Effekte auf inflammatorische Zytokine, Matrix-Metalloproteinasen, Adhäsionsmoleküle und auf den Lipidstoffwechsel in Form einer Reduktion zirkulierender freier Fettsäuren [10–13].
Schlüsselstudien
Verschiedene Schlüsselstudien bei Patienten mit Herzinfarkt und nach koronaren Bypass-Operationen untermauern den Nutzen eines intensiven im Vergleich zu einem konservativen Hyperglykämiemanagement [14–17]. Mittlerweile wissen wir, dass die hierbei erzielten Erfolge nicht zwingend mit einer kontinuierlichen Glucose-Insulin-Kalium-Infusion zusammenhängen, sondern dass primär die erzielte Blutzuckersenkung durch Insulingaben relevant scheint [18–20]. Es wird sogar vermutet, dass hohe Insulinkonzentrationen ohne Erreichen einer normnahen Blutzuckerkonzentration möglicherweise einen proinflammatorischen Effekt haben können [21].
Obige Erkenntnisse lassen sich auf verschiedene weitere Bereiche der chirurgischen wie auch internistischen Intensivstationen [9, 22–25] inklusive Patienten mit Schlaganfall [26, 27] ausweiten.
Therapiestrategien
Verschiedene Faktoren beeinflussen das praktische Vorgehen in der Klinik. Zunächst relevant ist das Ausmaß der Insulinresistenz und der Insulinsekretionsstörung. Danach folgen Schwere der Erkrankung, Begleitmedikation (Steroide, Katecholamine) sowie Form (enteral, parenteral), Umfang und Regelmäßigkeit (Eingriffe, Untersuchungen) der Nahrungsaufnahme [2, 28].
Weiterhin relevant ist, ob es sich um einen bekannten oder neu diagnostizierten Diabetes mellitus handelt, welcher Diabetes-Typ vorliegt und welche bisherige Diabetes-Therapie vor Aufnahme bestand.
Letztlich kommen die Faktoren Aufnahmegrund und Aufnahmediagnose, Art des geplanten Eingriffs sowie die vermeintliche Dauer des Aufenthalts hinzu, um eine Entscheidung über den notwendigen Umfang und die notwendige Intensität der zu ergreifenden Maßnahmen treffen zu können. Werden oben genannte Faktoren analysiert, kann sehr schnell der anzustrebende Blutzucker-Zielbereich und die Art des therapeutischen Vorgehens, also das Therapieregime festgelegt werden.
Rasche Korrektur der Stoffwechsellage
Das für den Patienten effektivste Vorgehen zielt auf eine rasche Korrektur der Stoffwechsellage. Das heißt, dass bei festgestellter Blutzuckerentgleisung umgehend eine Therapieoptimierung bzw. -eskalation angestrebt werden muss. Verschiedene Studien belegen ein enges kritisches Zeitfenster, in dem eine Optimierung erfolgen muss, um eine erhöhte Komplikationsrate und negative Folgen für die Prognose des Patienten abzuwenden [29–31].
Bestand vor der akuten Erkrankung eine gute Glucosestoffwechselsituation, das heißt, war der Blutzucker über die letzten Tage und Wochen vor Aufnahme in einem normnahen Bereich, sind gute Voraussetzungen für einen komplikationslosen weiteren Krankheitsverlauf gegeben, wenn während der akuten Erkrankung eine weiterhin gute Blutzuckereinstellung gewährleistet ist [32, 33].
Für einen optimalen stationären Behandlungsverlauf ist prinzipiell die Blutzuckerkonzentration bei Aufnahme ins Krankenhaus als Screening-Parameter ausreichend. Er eröffnet die frühestmögliche Einleitung therapeutischer Maßnahmen. Gleichzeitig kann von Beginn an mit der Anordnung von Blutzuckertagesprofilen eine kontinuierliche Therapieüberprüfung und gegebenenfalls -optimierung eingeleitet werden. Von zusätzlichem Nutzen ist der HbA1c-Wert, der bei der Festlegung und weiteren Planung der Therapie, auch für den Zeitraum nach der Entlassung, weiterhelfen kann.
Insulintherapie
Insulinperfusor-Protokolle
Auf Intensivstationen wird bei schwer kranken, wiederholt hyperglykämisch getesteten Patienten das Insulin kontinuierlich mittels Perfusor verabreicht. Hierfür sind verschiedene Protokolle für fachlich unterschiedliche Intensivstationen publiziert. Einige der bekanntesten Protokolle wurden in einer kürzlich erschienenen Übersichtsarbeit gegenübergestellt [34]. Ein in Deutschland für internistische Intensivstationen entwickeltes, gut umsetzbares und praktikables Protokoll stammt aus der Hochschule Hannover [35].
Die kurze Halbwertszeit des intravenös verabreichten Insulins (5–9 Minuten) macht die bestmögliche Blutzuckersteuerung möglich. Aus prognostischen Gründen sollte die Therapie mit einem Insulinperfusor spätestens dann aufgenommen werden, wenn bei zwei Blutzuckermessungen infolge ein Blutglucose-Wert von über 200 mg/dl festgestellt wurde. Am effektivsten sind Insulinperfusor-Protokolle, die dynamische Dosierskalen verwenden, das heißt, eine Änderung des Blutzuckers mit in die Dosisanpassung einbeziehen [36, 37]. Ein Beispiel für ein solches Protokoll ist im Kasten dargestellt. In einigen wenigen Einrichtungen ist der einer Insulindosierung zugrunde liegende Algorithmus im Perfusor hinterlegt, was die Gefahr von Fehldosierungen weiter reduziert [37]. Zumindest zu Beginn ist eine stündliche Blutzuckerkontrolle notwendig. Im weiteren Verlauf kann abhängig von der Stabilität des Blutzuckerverlaufs das Intervall in der Regel auf maximal zwei Stunden ausgedehnt werden. Eine Ursache für die Vielzahl schwerer Hypoglykämien sind zu lange Messintervalle. Eine Fehleranalyse von schweren Hypoglykämien ergab, dass unter Insulinperfusortherapie häufig das maximale Messintervall von zwei Stunden überschritten wird.
Closed-Loop Insulinperfusor-Protokoll (Beispiel Glucommander)
– Startdosis in E/h = (BZ – 60) x 0,02 („Initial-Faktor”)
– Stündliche BZ-Kontrollen und Anpassung des Faktors abhängig vom Blutzuckerverlauf
=> falls BZ >140 mg/dl und BZ-Abfall nach 1 Stunde <15% => Faktor um 0,01 erhöhen => falls BZ <100 mg/dl => Faktor um 0,01 reduzieren => falls BZ <60 mg/dl => Infusion von x ml Glucose 40% (x ml = [100 – BZ] x 0,4)
– Grenzwerte sind abhängig von Station, beispielsweise Intensiv- oder Normalstation flexibel festlegbar
Anwendungsbeispiel:
Initialer BZ bei 295 mg/dl => (295 – 60) x 0,02 = 4,7 E/h
Nach 1 h BZ bei 256 mg/dl, d.h. BZ Abfall <15% => Faktor um 0,01 erhöhen => (256 mg/dl – 60) x 0,03 = 4,9 E/h
1 h später BZ bei 205 mg/dl => (205 – 60) x 0,03 = 3,6 E/h
1 h später BZ bei 168 mg/dl => (168 – 60) x 0,03 = 2,7 E/h
1 h später BZ bei 115 mg/dl => (115 – 60) x 0,03 = 1,5 E/h
1 h später BZ bei 68 mg/dl => Faktor um 0,01 reduzieren => (68 – 60) x 0,02 = 0,2 E/h
1 h später BZ bei 98 mg/dl => (98 – 60) x 0,02 = 0,8 E/h
1 h später BZ bei 110 mg/dl => (110 – 60) x 0,02 = 1,0 E/h
Umstellung von intravenöser auf subkutane Insulin-Therapie
Nach weiterer Stabilisierung, insbesondere vor geplanter Verlegung auf Normalstation, kann eine Umstellung auf eine subkutane Insulintherapie angestrebt werden. Diese Umstellung sollte, falls umsetzbar, noch auf der Intensivstation begonnen werden, da der meist eintretende Zeitverzug auf Normalstation bis zur tatsächlichen Insulininjektion nicht unerheblich ist. Besonderes relevant ist die notwendige Überlappung der ersten subkutanen Basalinsulinapplikation mit dem weiterlaufenden Insulinperfusor. Üblicherweise sind zwei bis drei Stunden Überlappung sinnvoll. Besonders bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 erzeugt hier ein falsches Vorgehen nicht selten erhebliche Probleme aufgrund einer bei Insulinmangel sich rasch entwickelnden Ketoazidose.
Die Umstellung auf ein subkutanes Insulinschema ist weniger kompliziert als angenommen, da der intravenöse und subkutane Insulinbedarf annähernd übereinstimmen. Praktisch geht man so vor, dass man die durchschnittliche Perfusorrate der letzten drei bis vier Stunden heranzieht, um daran orientiert den voraussichtlichen Gesamt-Tagesinsulinbedarf zu bestimmen. Dieser errechnete Gesamt-Tagesinsulinbedarf wird dann jeweils zu 50 % als Basalinsulin und zu 50 % als prandiales Insulin aufgeteilt. Der prandiale Bedarf wird in einem Verhältnis von 2:1:1 auf die Hauptmahlzeiten verteilt. Die weitere Dosisanpassung erfolgt dann nach einem strukturierten Vorgehen auf den Normalstationen.
Auf chirurgischen wie konservativen Normalstationen wird häufig noch immer lediglich mit einem einfachen Korrekturschema auf erhöhte Blutzuckerwerte reagiert. Diese Strategie allein ist generell jedoch nicht zielführend. Statt aktiv einen normnahen Blutzuckerverlauf anzustreben, ist dies eine rein reaktive Vorgehensweise, die erst dann greift, wenn bereits Blutzuckerwerte außerhalb des Zielbereichs vorliegen. Hierbei wird außer Acht gelassen, dass gerade einer ausreichenden basalen Insulinversorgung aus physiologischer Sicht eine hohe Bedeutung zukommt.
Basis-Bolus-Therapie
Beste Ergebnisse erzielt die Strategie, die das physiologische Muster der endogenen Insulinsekretion bestmöglich imitiert. Dies ist möglich durch ein intensiviertes, auch als Basis-Bolus-Therapie bezeichnetes, Insulinregime (Abb. 1a). Für das Vorgehen auf Station existieren beispielsweise von der amerikanischen Fachgesellschaft (American Diabetes Association) oder auch speziell von einzelnen Kliniken entwickelte standardisierte Dosierungsschemata.

Abb. 1. Formen der Insulinsubstitution.
a. Bei der intensivierten Insulin-Therapie wird spät abends ein langwirksames Insulin appliziert und dadurch ein Basalspiegel erzeugt. Unter Berücksichtigung der vor einer Mahlzeit gemessenen Blutzuckerkonzentration und des von der Mahlzeit abhängigen Bedarfs wird die Dosis des schnell wirksamen Insulins ermittelt. Dieses wird dann jeweils vor den Mahlzeiten angewendet (Basis-Bolus-Konzept).
b. Bei der konventionellen Insulintherapie wird morgends und abends in jeweils konstanter Dosis beispielsweise eines Mischinsulins bestehend aus Normalinsulin plus Verzögerungsinsulin (NPH) appliziert. Die Aufnahme von Kohlenhydraten muss mit der Abgabe des Insulins aus dem Subkutan-Depot abgestimmt werden. Die Nahrung soll in Form kleiner über den Tag verteilter Mahlzeiten eingenommen werden, um eine gleichmäßige Zufuhr von Kohlenhydraten zu erhalten (Diät).
Die Aufteilung der Insulingaben erfolgt in drei Komponenten:
- Basalinsulin zur Abdeckung des Insulinbedarfs unabhängig von der Nahrungsaufnahme
- Prandiales Insulin (kurzwirksames Inulin), der der Nahrung zugehörige Anteil
- Korrekturinsulin (kurzwirksames Inulin), das zusätzlich abhängig von der aktuellen Blutzuckerkonzentration hinzugefügt wird
Durch diese Strukturierung wird es ermöglicht, einer gestörten Blutzuckerkonzentration nicht nur „hinterherzulaufen“, sondern eine Abweichung vom Normalwert prospektiv zu vermeiden. Ein Ziel des strukturierten Hyperglykämiemanagements in der Klinik ist es, die alleinige Verwendung von Korrekturinsulin abzuschaffen.
Patienten, die bereits bei Aufnahme eine Insulintherapie erhalten, bedürfen abhängig vom Verlauf der Blutzuckerkonzentration gegebenenfalls einer Dosisanpassung.
Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2, die bisher noch keine Insulintherapie erhalten haben, hat sich ein an Körpergewicht orientierter Einstieg in die Therapie bewährt. Zur Berechnung des Gesamt-Insulintagesbedarfs ist eine angenommene Insulindosis von 0,5 I.E./kg Körpergewicht [KG] sehr gut praktikabel, da der Insulinbedarf abhängig von vielen Faktoren in der Regel zwischen 0,2 und 2,0 I.E./kg KG schwankt [39, 40]. Die meisten Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 bedürfen einer täglichen Insulindosis zwischen 40 und 100 I.E./Tag. Mit einer gewählten Startdosis von 0,3 bis 0,5 I.E./kg KG besteht somit eine minimale Hypoglykämiegefahr. Die Dosis wird im Verlauf abhängig vom Bedarf sukzessive angepasst. Nach Bestimmung des Tagesgesamtbedarfs erfolgt in einem zweiten Schritt, ähnlich dem Vorgehen bei Umstellung von i. v.- auf subkutane Gabe, die Verteilung auf das Basalinsulin (etwa 40–50 %) und auf das kurzwirksame prandiale Insulin (etwa 50–60 %). Die prandiale Insulinmenge wird in ebenso einem Verhältnis von zunächst 2:1:1 auf die Hauptmahlzeiten verteilt. Korrekturinsulin wird unabhängig vom prandialen Insulin nach einem festzulegenden Korrekturschema hinzugefügt (1 I.E. senkt die Blutzuckerkonzentration um etwa 20–50 mg/dl).
Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 liegt der Insulinbedarf häufig niedriger. Die meisten der Patienten bedürfen einer täglichen Insulindosis von < 30 bis 50 I.E./Tag. Als Einstieg kann somit eine Startdosis zur Berechnung des Gesamt-Insulintagesbedarfs von 0,3 I.E./kg [KG] angenommen werden. Auch hier erfolgt die Verteilung auf Basalinsulin und prandiales Insulin nach obigem Schema. Für die mahlzeitenbezogene Aufteilung des prandialen Insulins hat sich ein Verhältnis von 2:1:1,5 zu den Hauptmahlzeiten als praktikabel erwiesen. Korrekturinsulin wird auch hier unabhängig vom prandialen Insulin nach einem festzulegenden Korrekturschema hinzugefügt (1 I.E. senkt die Blutzuckerkonzentration um ca. 40–70 mg/dl). Für Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 ist zur Erlangung eines stabilen und ausreichend guten Blutzuckerverlaufs die Etablierung von BE-Faktoren unabdingbar. Beim Diabetes mellitus Typ 2 empfehlen sich BE-Faktoren bei Patienten mit von Mahlzeit zu Mahlzeit stark variierender Kohlenhydratmenge, ansonsten sind fixe präprandiale Dosen zu den einzelnen Mahlzeiten mit zusätzlicher Möglichkeit von Korrekturinsulingaben zumeist ausreichend.
Ein immer wieder beobachteter Fehler bei der Therapie des Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 ist das Absetzen des Insulins bei Patienten, die nicht essen oder nüchtern bleiben müssen, wie beispielsweise vor operativen oder diagnostischen Eingriffen. Das Auslassen der Insulininjektion ist bei beiden Diabetestypen jedoch nur bei prandialem Insulin angezeigt, die basale Insulinsubstitution muss weiter erfolgen. Sie verhindert die Entwicklung einer erneuten Hyperglykämie, bei Diabetes mellitus Typ 1 die Entwicklung einer Ketoazidose, bei Diabetes mellitus Typ 2 kontrolliert das Basalinsulin insbesondere die hepatische Glucoseproduktion. Allenfalls ist unter gegebenen Umständen eine geringe Reduktion der Basalinsulinmenge gerechtfertigt, beispielsweise auf zwei Drittel der üblichen Dosis. Eine Feinjustierung kann dann mit Korrekturinsulin erfolgen.
Insuline
Für die Insulintherapie in der Klinik stehen Humaninsuline sowie Insulinanaloga zur Verfügung. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) sieht – im Gegensatz zu verschiedenen vergleichbaren Gremien anderer Länder – in seiner Stellungnahme zu kurzwirksamen Insulinanaloga im Vergleich zu Humaninsulin aufgrund der vorliegenden Studiendaten und der fehlenden Langzeitdaten keine gesundheitlichen Vorteile der kurzwirksamen Insulinanaloga [41]. Allerdings können verschiedene Charakteristika der kurzwirksamen Insulinanaloga gerade in der Klinik von Vorteil sein. In Bezug auf die langwirksamen Insulinanaloga steht eine endgültige Entscheidung des IQWIG noch aus.
In der klinischen Routine werden die Vorteile der Insulinanaloga, bedingt durch die veränderte Pharmakokinetik, von der Mehrzahl der Ärzte wie auch von Patienten [42] geschätzt und können in der klinischen Anwendung bei einer ausgewählten Patientenklientel von Vorteil sein (Tab. 1) [43]. Langwirksame Insulinanaloga (Insulinglargin [Lantus®], Insulindetemir [Levemir®]) zeigen im Vergleich zu einem traditionellen Verzögerungsinsulin vom NPH-Typ (z. B. Neutrales Protamin Hagedorn) neben der längeren Wirkdauer und dem flacheren Wirkprofil den zusätzlichen Vorteil einer reproduzierbareren Wirkung. Die Insuline zeigen eine geringere intra- und interindividuelle Variabilität im Vergleich zu NPH-Insulin [44]. Dadurch ist eine gleichmäßigere Abdeckung des Insulinbasalbedarfs bei geringerem Hypoglykämierisiko gegeben. Das Hypoglykämierisiko bei der Therapie mit langwirksamen Insulinanaloga lässt sich im Vergleich zu NPH-Insulin abhängig vom HbA1c-Wert um etwa 30% senken (Abb. 2) [45, 46].
Tab. 1. Insulinpräparate (Auswahl)
Insulinart |
Handelsname |
Wirkungseintritt nach [ca. min] |
Wirkdauer [h] |
|
Langwirksame Insulinanaloga |
Insulinglargin Insulindetemir |
Lantus® Levemir® |
90–180 60 |
24 Bis 24 |
Kurzwirksame |
Insulinglulisin Insulinlispro Insulinaspart |
Apidra® Humalog® NovoRapid® |
5–10 10–15 10–15 |
3–4 3–4 3–4 |
Normalinsulin (Altinsulin) |
Actrapid® |
30 |
4–8 |
|
Intermediär wirksame Insuline |
NPH-Insulin Mischinsulin |
Huminsulin Basal (NPH) Actraphane® |
30–60 30 |
10–14 10–14 |

Abb. 2. Zusammenhang zwischen HbA1c und Rate bestätigter Hypoglykämien bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2. Bei HbA1c 7% treten mit Insulinglargin 35% weniger Hypoglykämien auf [nach 46]
Die kurzwirksamen Insulinanaloga (Insulinlispro [Humalog®], Insulinaspart [NovoRapid®], Insulinglulisin [Apidra®]) zeigen im Vergleich zu Normalinsulin ein Wirkprofil mit schnellerer Anflutung, höherem Wirkungsmaximum und kürzerer Wirkdauer. Die Insuline können daher direkt zur Mahlzeit injiziert werden, ein Spritz-Ess-Abstand ist meist nicht notwendig. Bei Patienten in der Klinik, bei denen unsicher ist, ob und in welchem Umfang die Mahlzeit gegessen wird, ist die Injektion auch nach der Mahlzeit möglich, ohne extreme postprandiale Hyperglykämien zu riskieren [47]. Abhängig davon, wie viel Kohlenhydrate der Patient gegessen hat, kann die Dosis angepasst werden. Beide Punkte eröffnen gerade in der Klinik ein zusätzliches Potenzial zur Vermeidung von Hypoglykämien. Der schnellere Wirkungseintritt führt weiterhin zu einer besseren Kontrolle der postprandialen Blutzuckerspitzen. Die Wirkdauer bei kurzwirksamen Insulinanaloga beträgt etwa 3 bis 4 Stunden, bei Normalinsulin ist von 4 bis 8 Stunden auszugehen. Bei subkutaner Insulingabe ermöglicht dies eine schnellere Beurteilung des Insulineffekts. Die Gefahr von Insulinüberlappungen nach wiederholter Gabe von „Korrekturinsulin“ ist reduziert.
Orale Antidiabetika (Tab. 2)
Prinzipiell ist Insulin das bevorzugte Mittel zur Behandlung stationärer Patienten, da es schnell einsetzbar und in der Dosis dem Ausmaß der Hyperglykämie optimal anpassbar, das heißt titrierbar ist.
Tab. 2. Orale Antidiabetika
Arzneistoffgruppe |
Wirkstoff |
Handelsname |
Biguanide |
Metformin |
z. B. Glucophage® |
Sulfonylharnstoffe |
Glibenclamid |
z. B. Euglucon® |
Gliclazid |
z. B. Diamicron Uno® |
|
Glimepirid |
z. B. Amaryl® |
|
Gliquidon |
Glurenorm® |
|
Thiazolidindione |
Pioglitazon |
z. B. Actos® |
Rosiglitazon |
z. B. Avandia® |
|
Glinide |
Nateglinid |
z. B. Starlix® |
Repaglinid |
z. B. NovoNorm® |
|
Alpha-Glucosidasehemmer |
Acarbose |
z. B. Glucobay® |
Miglitol |
z. B. Diastabol® |
|
Inkretine |
Sitagliptin |
Januvia® |
Orale Antidiabetika weisen im stationären Bereich gewisse Limitationen auf, die primär durch Nebenwirkungen, Kontraindikationen, Mangel an Flexibilität bzw. Mangel an möglicher Dosissteigerung gekennzeichnet sind. Bei ausgesuchten Patienten können orale Antidiabetika fortgeführt werden. Dies sind bisher unter bestehender Therapie ausreichend gut eingestellte Patienten, die vermeintlich regelmäßig Nahrung aufnehmen und keine aktuell bedrohliche Erkrankung oder Kontraindikationen gegenüber der oralen Substanz aufweisen.
Metformin
Besonderer Beachtung bedarf die Therapie mit Metformin [z. B. Glucophage®). Relevant sind hier die Kontraindikationen Niereninsuffizienz (GFR < 60 ml/min), dekompensierte Herzinsuffizienz und der Einsatz in Zusammenhang mit Röntgenkontrastmitteln (Einnahmepause von mindestens 48 Stunden vor und nach Kontrastmittelgabe) oder im Rahmen elektiver Operationen. Hier besteht die Gefahr der Entwicklung einer Laktazidose.
Glitazone
Eine Therapie mit Thiazolidindionen (Glitazone) muss beendet werden bei Herzinsuffizienz. Vor und gelegentlich im Verlauf der Therapie empfiehlt sich eine Kontrolle der Leberparameter. Der Beginn einer Thiazolidindion-Therapie in der Klinik zur Blutzuckeroptimierung ist aufgrund der erst nach wenigen Wochen voll einsetzenden blutzuckersenkenden Wirkung in der Regel nicht indiziert bzw. für den stationären Aufenthalt zur Blutzuckersenkung nicht effektiv.
Sulfonylharnstoffe und Glinide
Sekretagoga wie Sulfonylharnstoffe sind aufgrund der Hypoglykämiegefahr ungünstig bei Patienten, die nicht oder unregelmäßig essen, sowie bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz. Der Einsatz von Gliniden ist besser steuerbar, da die Substanz bei Nahrungskarenz jeweils pausiert werden kann. Für Repaglinid ist der Einsatz auch bei Niereninsuffizienz bis zu einer GFR von 30 ml/min möglich.
Alpha-Glucosidasehemmer
Alpha-Glucosidasehemmer sind aufgrund ihrer nur mäßigen Effektivität in der Klinik meist nicht hilfreich.
Inkretine
Zu den Inkretinen zählen neuere Substanzen wie GLP-1-Mimetika (Glucagon-like Peptide 1) oder DPP4-Hemmer (Dipeptidyl-Peptidase 4). Bisher liegen für diese Arzneimittel keine Daten für ein klinisches Setting vor. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass sie für eine rasch notwendige Normalisierung der Stoffwechselkontrolle von Vorteil sind.
Ökonomischer Nutzen
Der Anteil an Patienten in der Klinik, die eine Glucosestoffwechselstörung aufweisen, ist beträchtlich. In verschiedenen Publikationen wird von einem Anteil von über 10 % bis 38 % der Gesamtpatientenzahl ausgegangen [7, 48]. Insgesamt ist in den nächsten Jahren von einer weiteren Steigerung der Zahl an Patienten mit Glucosestoffwechselstörungen auszugehen.
Ein strukturiertes Hyperglykämiemanagement, ein gezielter Einsatz der richtigen Insulintherapie nach dem Basis-Bolus-Prinzip und Vermeidung einer reinen Anwendung von Korrekturinsulin erbringen an erster Stelle, wie oben aufgeführt, dem betroffenen Patienten erhebliche gesundheitliche Vorteile [49]. Ganz besonders profitieren schwer kranke Patienten auf den Intensivstationen, zunehmend finden sich in der Literatur Hinweise für einen beträchtlichen Benefit der erheblich größeren Anzahl an Patienten auf Normalstation.
Auch der Kostenaspekt wird in einem Gesundheitssystem mit knapper werdenden Ressourcen zunehmend relevant. Noch immer liegen in nur sehr wenigen Kliniken in Deutschland optimierte Strukturen für ein Hyperglykämiemanagement vor. Vereinzelt findet man innovative Ansätze. Ideal scheint die Etablierung interdisziplinärer Teams, die auf der Basis eines strukturierten, in der Gesamtklinik etablierten Vorgehens den größtmöglichen Nutzen ermöglichen. Diese interdisziplinären Teams aus Diabetologen, Diabetesberatern und Ernährungsberatern sind einem Vorgehen nur mit Diabetologen überlegen [50]. Sie bieten hinsichtlich Komplikationsraten und Prognose optimale Möglichkeiten. Zunächst müssen notwendige Voraussetzungen geschaffen, das heißt, Investitionen in personelle wie strukturelle Anpassungen vorgenommen werden. Die möglichen Einsparungen übertreffen die notwendigen Investitionen jedoch erheblich. So summieren sich je nach Schweregrad der Erkrankung die Einsparungen sehr schnell auf bis zu mehrere Tausend Euro pro Patient. Die Einsparungen entstehen zum Großteil durch geringeren Ressourcenverbrauch. Außerdem kommt eine verkürzte Krankenhausverweildauer zum Tragen. Die Etablierung eines interdisziplinären Diabetesteams führt durchschnittlich zu einer Verkürzung der Verweildauer von mindestens 5 % bis maximal 56 % des stationären Aufenthalts [50, 51]. Diese Reduktion erfolgt zusätzlich zur üblichen Reduktion der Verweildauer durch anderweitige Prozessoptimierung. Weiterhin lassen sich ein geringerer Verbrauch an Medikamenten (Antibiotika) und anderer Verbrauchsmaterialien, zum Beispiel Katheter, Wundverbände sowie eine geringere Zahl an notwendiger erneuter oder zusätzlicher Diagnostik (insbesondere Bildgebung), an Eingriffen oder Prozeduren nachweisen. Hierzu gehören erneute Operationen, kürzere Beatmungsdauer, Dialysen und Transfusionen. Der wirtschaftliche Nutzen lässt sich sowohl für Intensivstationen [52] als auch für das Gesamtklinikum nachweisen. In einer detaillierten Analyse eines Maximalversorgerklinikums kam es nach Etablierung eines an aktuellen Leitlinien orientierten, strukturierten interdisziplinären Hyperglykämiemanagementkonzepts mit konsekutiver Verbesserung der Blutzuckerwerte zu einer Kosteneinsparung im Bereich von Intensiv- und Normalstationen in Höhe von 2 Mio. US-Dollar pro Jahr. Dies entsprach einem „Return of Investment“ von sage und schreibe 476 % [53].
Neben den umfangreichen medizinischen Vorteilen während des stationären Aufenthalts und eines zusätzlich schwer zu beziffernden Vorteils im weiteren ambulanten Verlauf nach Entlassung bestehen somit auch erhebliche wirtschaftliche Vorteile. Nebenbei eröffnet ein solches Konzept durch Maßnahmen im Bereich Public Relations eine zusätzliche Imageförderung des Klinikums und einen möglichen Gewinn an zusätzlichen Patienten, wenn ein solches Konzept bei betroffenen Patienten und Zuweisern kommuniziert wird.
Leitlinien und Zielwerte
Von deutschen Fachgesellschaften gibt es keine aktuell verfügbare spezifische Leitlinie für die Therapie des Diabetes mellitus im stationären Bereich, so dass sich hier eine Orientierung an der Leitlinie der amerikanischen Fachgesellschaft (American Diabetes Association), publiziert zu Beginn des Jahres 2008, lohnt [54].
Bei schwerstkranken Patienten auf Intensivstationen galt bis vor Kurzem formal ein normoglykämischer Blutzuckerbereich von 80 bis 110 mg/dl (4,4–6,1 mmol/l) als Idealbereich [9, 22], jedoch zeigt sich in verschiedenen neueren vorliegenden Studien die begleitende Rate an schweren Hypoglykämien als der limitierende Faktor [55–57], so dass moderatere Blutzuckerziele angestrebt werden sollten. Bei zu strenger Blutzuckereinstellung kann der erzielte Vorteil sogar durch die zunehmende Rate an schweren Hypoglykämien verloren gehen [58–60]. Das heißt, dass neben der Glucoseoptimierung der Hypoglykämievermeidung eine gleichwertige Rolle zukommt. Entscheidend scheint eine optimierte Glucosekontrolle unter Vermeidung schwerer Hypoglykämien. Solange eine ausreichend gute Blutzuckerkontrolle mit einer subkutanen Insulintherapie möglich ist, ist der Insulinperfusor nicht zwingend vonnöten.
Die Qualität eines Insulinprotokolls ist zu einem großen Teil durch die Sicherheit hinsichtlich der Hypoglykämierate gekennzeichnet. Das konsequente Umsetzen des Protokolls, insbesondere die Frequenz und Kontinuität der Blutzuckerkontrollen ist von entscheidender Bedeutung [61].
Die Definition der Blutzucker-Zielwerte für die verschiedenen Bereiche in der Klinik sind Tabelle 3 zu entnehmen.
Tab. 3. Durchschnittliche Blutzucker-Zielwerte auf verschiedenen Stationen in der Klinik
Station |
Durchschnittliche Blutzucker-Zielwerte |
Kardiologische Intensivstation |
< 180 mg/dl (< 10,0 mmol/l), besser < 140 mg/dl (< 7,8 mmol/l) [62] |
Chirurgische oder internistische Intensivstation |
< 140 mg/dl (< 7,8 mmol/l) |
Herzchirurgische |
< 150 mg/dl (< 8,3 mmol/l) |
Normalstationen (chirurgisch/konservativ) |
Nüchtern: < 126 mg/dl (< 7 mmol/l) Postprandial: < 180–200 mg/dl (< 10,0–11,1 mmol/l) |
Besondere Aufmerksamkeit gilt der Vermeidung schwerer Hypoglykämien, so dass gegebenenfalls die Blutzucker-Zielwerte angehoben werden müssen.
Zusammenfassung
Wenngleich die idealen Blutzuckerzielbereiche für Patienten in Kliniken noch immer nicht definitiv geklärt und weitere Studien notwendig sind, basieren die aktuellen Empfehlungen auf einer mittlerweile guten Datenlage. Ein aktueller Blick in die Kliniken hinsichtlich eines strukturierten Blutzuckermanagements offenbart oft einen umfassenden Handlungsbedarf. Kliniken, die ein strukturiertes, idealerweise interdisziplinäres Hyperglykämiemanagement betreiben, verbessern nicht nur die medizinische Prognose ihrer Patienten, sondern erwerben sich zusätzlich einen nicht unerheblichen ökonomischen Vorteil in Form einer Verkürzung der Krankenhausverweildauer und Reduktion des Ressourcenverbrauchs.
Ein strukturiertes Vorgehen umfasst neben der Überprüfung der Notwendigkeit einer Insulintherapie auch die gegebenenfalls notwendigen täglichen Insulindosisanpassungen, die die Rate an Hyper- und Hypoglykämien als relevanten Sicherheitsfaktor beherrschbar machen. Ein Vorgehen nur mit Insulinkorrekturschemata ist nicht zielführend; bei Notwendigkeit einer Insulintherapie bedarf es sehr oft einer basalen und prandialen Abdeckung des Insulinbedarfs.
Literatur
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Dr. med. Thorsten Siegmund, Dr. med. Bodo Gutt, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Angiologie, Städt. Klinikum München GmbH, Klinikum Bogenhausen, Englschalkinger Straße 77, 81925 München, E-Mail: thorsten_siegmund@gmx.de Thomas Stock, Klinikdirektion, Städt. Klinikum München GmbH, Klinikum Bogenhausen, Englschalkinger Straße 77, 81925 München Prof. Dr. med. Christoph Dodt, Präklinik, interdisziplinäre Notaufnahmestation, Städt. Klinikum München GmbH, Klinikum Bogenhausen, Englschalkinger Straße 77, 81925 München Prof. Dr. med. Petra M. Schumm-Draeger, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Angiologie, Städt. Klinikum München GmbH, Klinikum Bogenhausen, Englschalkinger Straße 77, 81925 München
Inpatient management of hyperglycemia
Only a few years ago a normal blood glucose homeostasis during an inpatient treatment period was not considered relevant. Hyperglycemia was just seen as a consequence of acute illness, more or less the consequence of different kinds of medical stress. Even though it was known that infections, septicaemia or any other kind of an acute illness could exacerbate hyperglycemia and could result in an impaired healing process or in a worsening of the prognosis, a structured hyperglycemia management was rarely performed in many hospitals mainly because of a lack of medical training or fear of hypoglycemia.
In the meantime current studies revised the opinion of many people involved in the medical process of inpatients with hyperglycemia. Starting on intensive care units but now also on general wards we see an increasing number of hospitals practicing a structured hyperglycemia management, ideally supported by an interdisciplinary team of a diabetologist, diabetes nurse and nutritionist. A standardized hyperglycemia management for inpatients improves short and long term medical prognosis and additionally reduces consumption of resources which finally leads to a reduction in costs.
The purpose of this article is to review relevant and current studies as well as to give practical help in implementing a standardized hyperglycemia management in hospitals.
Arzneimitteltherapie 2009; 27(02)