Jawid Omary und Christian Rust, München

Die Autoimmunhepatitis (AIH) ist eine wichtige Differenzialdiagnose der chronischen Hepatitis und häufig mit anderen Autoimmunopathien assoziiert. Frauen sind mit etwa 80% häufiger betroffen, die Erstmanifestation kann in jedem Alter erfolgen. Laborchemisch findet sich charakteristischerweise eine Erhöhung der Transaminasen und der Gammaglobuline, meist außerdem Autoantikörper sowie eine Grenzzonenhepatitis in der Histologie. Durch eine immunsuppressive Therapie kann die AIH bei rechtzeitiger Diagnose in fast 90% der Fälle in Remission gebracht und damit die Lebenserwartung normalisiert werden. Budesonid stellt im Vergleich zur Standardbehandlung mit Prednisolon eine neue Therapieoption dar, da es bei reduzierten Glucocorticoidnebenwirkungen eine bessere Wirkung gezeigt hat. Patienten, die nicht auf eine Standardbehandlung ansprechen, können nach individueller Indikationsstellung mit anderen Immunsuppressiva, wie beispielsweise Ciclosporin, Tacrolimus oder Mycophenolatmofetil, behandelt werden.
Arzneimitteltherapie 2009;27:165–70.

Die Autoimmunhepatitis (AIH) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Leber unklarer Ätiologie, die auf einem Verlust der immunologischen Toleranz basiert und unbehandelt zum zirrhotischen Umbau und zum Leberversagen führen kann [1]. Frauen sind etwa viermal so häufig betroffen wie Männer. Die Erkrankung tritt gehäuft im mittleren Lebensalter auf, kann sich jedoch in jedem Lebensalter manifestieren (Abb. 1) [2]. Die Autoimmunhepatitis ist mit einer Prävalenz von 5 bis 20/100000 Einwohnern eine relativ seltene Lebererkrankung, die meist nur durch unspezifische Symptome charakterisiert ist und deren pathogenetische Grundlagen bis heute noch nicht vollständig geklärt sind [1]. Sie kann in etwa 20% der Fälle akut auftreten und ist die Ursache bei etwa 10 bis 20% der Fälle einer chronischen Hepatitis. Die Diagnosestellung einer Autoimmunhepatitis beruht auf dem Nachweis charakteristischer histologischer, klinischer sowie laborchemischer Parameter (Transaminasen, γ-Globuline, Autoantikörper) [3]. Eine Abgrenzung zu anderen Formen der chronischen Hepatitis ist wichtig, da ein Großteil der Patienten mit einer Autoimmunhepatitis sehr gut auf eine immunsuppressive Therapie anspricht und die Langzeitprognose der Erkrankung bei einer rechtzeitigen, adäquaten Behandlung gut ist. Die Prognose einer unbehandelten autoimmunen Hepatitis hingegen ist schlecht. Bei einer 5- bis 10-fachen Erhöhung der Transaminasenaktivität im Serum sowie 2-fachen γ-Globulinerhöhung liegt die Mortalität ohne Therapie nach zehn Jahren bei etwa 90% [4].

Abb. 1. Altersverteilung bei Diagnosestellung einer Autoimmunhepatitis [adaptiert nach 2]. Die Autoimmunhepatitis kann in jedem Lebensalter auftreten, wobei ein Altersgipfel im mittleren Lebensalter zu beobachten ist.

Ätiologie und Pathogenese

Die Pathogenese der Autoimmunhepatitis ist bis heute weiterhin unzureichend geklärt. Als Auslöser diskutiert werden Umweltfaktoren, Toxine, Medikamente sowie vor allem (virale und bakterielle) Infektionen, die bei einer genetisch prädisponierten Person über molekulare Mimikry dieses Fremdantigens mit einem Autoantigen der Leberzelle zur Autoimmunhepatitis führen [3].

Das humane Leukozytenantigensystem (HLA-System), welches sich auf dem kurzen Arm des Chromosoms 6 befindet, stellt für die Entwicklung einer Autoimmunhepatitis einen wichtigen zusätzlichen Faktor dar. Zu erwähnen sind hierbei insbesondere eine Assoziation zu HLA-DR3, HLA-DR4 sowie HLA-DR B1 und HLA-DR DQ B1 [5]. Offenbar kommt es durch bestimmte Triggerfaktoren bei genetisch prädisponierten Patienten zu einem Toleranzverlust des Immunsystems gegenüber eigenem Lebergewebe und nachfolgend zum Untergang der Hepatozyten durch körpereigene, autoreaktive T-Lymphozyten. HLA-DR3 scheint darüber hinaus dafür verantwortlich zu sein, dass Männer im Vergleich zu Frauen in der Langzeitbeobachtung ein früheres Auftreten der Erkrankung mit einer höheren Rate an Rezidiven bei gleichzeitig erniedrigter Gesamtmortalität zeigen [6]. Abbildung 2 zeigt schematisch das Zusammenwirken verschiedener pathogenetischer Faktoren, die an der Krankheitsentstehung beteiligt sind.

Abb. 2. Die Pathogenese der Autoimmunhepatitis ist bestimmt durch das Zusammenwirken verschiedener Faktoren (genetische Prädisposition, Umweltfaktoren, gestörte Immuntoleranz), die an der Krankheitsentstehung beteiligt sind. Durch Triggerfaktoren kann es bei genetisch prädisponierten Personen zu einer gestörten Immuntoleranz gegenüber körpereigenem Lebergewebe und damit zu einem Untergang von Hepatozyten durch autoreaktive T-Lymphozyten kommen.

Klinische Präsentation und Diagnostik

Patienten mit einer Autoimmunhepatitis zeigen meist nur unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, eine Leistungsminderung, Übelkeit oder einen Ikterus. Auch Muskel- und Gelenkbeschwerden, Schmerzen im Bereich des rechten Oberbauches oder unklare Temperaturerhöhungen können auftreten. Einen entscheidenden klinischen Hinweis können dabei extrahepatische Symptome liefern, da eine ätiologische Assoziation mit anderen Autoimmunerkrankungen wie beispielsweise den Autoimmunthyreopathien besteht [7]. Grundsätzlich ist zu beachten, dass die klinische Präsentation von vollkommen asymptomatischen Verläufen bis hin zum akuten, fulminanten Leberversagen reichen kann [3]. Der Untersuchungsbefund ist ebenfalls unspezifisch und kann fakultativ eine Vergrößerung von Leber und Milz, Leberhautzeichen oder Symptome einer assoziierten Autoimmunerkrankung zeigen. Im Rahmen einer Schwangerschaft und vor allem postpartal kann es bei Patientinnen zu einer Demaskierung der Erkrankung kommen [8, 9].

Da Autoimmunhepatitis eine Ausschlussdiagnose ist, müssen infektiöse, metabolische, medikamentös-toxische, vaskuläre und auch biliäre Ursachen ausgeschlossen werden. Für die Diagnosestellung spielen laborchemische Veränderungen eine entscheidende Rolle. Die Autoimmunhepatitis ist in der Regel durch ein hepatitisches Leberenzymmuster mit einer Erhöhung der Transaminasenaktivitäten im Serum (Aspartat-Aminotransferase [AST], Alanin-Aminotransferase [ALT]) gekennzeichnet. Diese Transaminasenerhöhung kann als einziger pathologischer Befund nachweisbar sein und sollte im Rahmen einer Routineuntersuchung an die Erkrankung denken lassen [10]. Da Autoimmunhepatitiden einen teilweise stark fluktuierenden spontanen Verlauf zeigen, können die Transaminasenaktivitäten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung vom 1,5- bis 50-fachen der Norm variieren.

Ein weiteres wichtiges Kennzeichen der Autoimmunhepatitis ist die Hypergammaglobulinämie, die ihre Ursache in einer Proliferation von B-Zellen vom polyklonalen Typ hat. Diese Hypergammaglobulinämie ist gekennzeichnet durch die Zunahme der Immunglobuline vom Typ IgG, während die anderen Immunglobulinsubtypen meist im Normbereich liegen [11].

Der Nachweis von Autoantikörpern stellt für die Autoimmunhepatitis neben der Histologie den wichtigsten diagnostischen Marker dar. Diese finden sich allerdings nur bei rund 75% der tatsächlich erkrankten Patienten, aber häufig auch bei anderen Erkrankungen und sind somit nicht spezifisch. Auf der Grundlage dieser Autoantikörper lassen sich zwei Subtypen der Autoimmunhepatitis unterscheiden [3] (Tab. 1). Als Autoimmunhepatitis Typ 1 bezeichnet man die klassische (früher: „lupoide“) Verlaufsform, welche mit etwa 80% der Fälle die häufigere Form der Erkrankung darstellt. Sie ist in etwa der Hälfte aller Fälle mit extrahepatischen Autoimmunerkrankungen assoziiert [12]. Charakteristisch ist der serologische Nachweis von antinukleären Antikörpern (ANA), Antikörpern gegen glatte Muskulatur (ASMA) und gegen lösliches Leberantigen (SLA/LP). Dieser Subtyp ist oft mit HLA-DR3 und HLA-DR4 assoziiert.

Tab. 1. Klassifizierung der Autoimmunhepatitis (AIH) nach Autoantikörpern

Autoantikörper

AIH Typ 1

AIH Typ 2

ANA (antinukleärer AK)

+

ASMA (AK gegen Aktin glatter Muskelzellen)

+

LKM-1 (Leber/Niere mikrosomale AK-1)

+

SLA/LP (AK gegen lösliches Leberantigen)

+

AK: Antikörper

Die mit etwa 20% der Fälle vorkommende Autoimmunhepatitis Typ 2 hingegen ist gekennzeichnet durch das Vorhandensein von Antikörpern gegen Leber-Nieren-Mikrosomen 1 (LKM-1), die gegen das Cytochrom-P450(CYP)-Isoenzym 2D6 gerichtet sind [13]. Eine Assoziation mit extrahepatischen Immunerkrankungen ist bei diesem Subtyp häufiger als bei der Autoimmunhepatitis Typ 1, außerdem finden sich häufiger fulminante Verläufe der Erkrankung. Die AIH Typ 2 tritt häufig schon im Kindesalter auf, und etwa 70% der Patienten zeigen bei Diagnosestellung eine Leberzirrhose. Die Prognose ist damit ungünstiger als bei der Autoimmunhepatitis Typ 1 [14, 15].

Die Diagnostik sollte bei klinischem Verdacht durch eine Leberbiopsie komplettiert werden. Im Rahmen einer Autoimmunhepatitis zeigt sich typischerweise das Bild einer periportalen Grenzzonenhepatitis („interface hepatitis“) mit lymphoplasmozytärer Infiltration und gegebenenfalls vereinzelten Mottenfraßnekrosen. Des Weiteren kann durch die Histologie das Ausmaß der Leberfibrosierung beurteilt werden.

Diagnosescores

Eine Bestätigung der Diagnose kann bei klinischer Unsicherheit durch einen AIH-Score erfolgen. Die „International Autoimmune Hepatitis Group“ hat im Jahre 1999 Kriterien für Klinik, Labor und Histologie aufgestellt sowie Therapieempfehlungen definiert, welche die Diagnose und Behandlung einer Autoimmunhepatitis erleichtern [16]. Diese Kriterien gelten sowohl beim Kind wie auch beim Erwachsenen (Tab. 2).

Tab. 2. AIH-Diagnosescore [adaptiert nach 16]

Parameter

Punktewert

Geschlecht
Weiblich
Männlich


+2
0

Klinische Chemie
(Verhältnis AP/Transaminasen)
> 3,0
1,5–3,0
< 1,5



–2
0
+2

Serumglobuline, γ-Globuline, IgG
(Vielfaches des oberen Normbereiches)
>2,0

1,5–2,0
1,0–1,5
<1,0



+3
+2
+1
0

Autoantikörper (Titer in der Immunfluoreszenz)
ANA, ASMA oder LKM-1
>1:80
1:80
1:40
<1:40
AMA
Positiv
Negativ



+3
+2
+1
0

–4
0

Virushepatitismarker
Negativ
Positiv


+3
–3

Andere Genesen
Hepatotoxische Medikamente/Drogen
Ja
Nein
Alkohol
<25 g/d
>60 g/d
Genetische Faktoren: HLA-DR3/DR4 positiv
Andere Autoimmunerkrankungen
Ansprechen auf Therapie
Komplett
Rückfall



–4
+1

+2
–2
+1
+2

+2
+3

Histologie der Leberbiopsie
Interface-Hepatitis
Lymphoplasmazelluläre Infiltrate
Rosettenphänomen der Leberzellen
Keine der genannten Veränderungen
Gallenwegsveränderungen
Andere Veränderungen


+3
+1
+1
–5
–3
–3

Seropositivität für andere Autoantikörper

+2

Vor Behandlung
(Gesamtpunktzahl)

Nach Behandlung
(Gesamtpunktzahl)

Wahrscheinliche AIH

10–15

12–17

Gesicherte AIH

>15

>17

AIH: Autoimmunhepatitis; AP: alkalische Phosphatase; ANA: antinukleäre Antikörper; ASMA: Antikörper gegen glatte Muskelzellen; LKM-1: Leber-Nieren-Mikrosomen-1; AMA: antimitochondriale Antikörper; HLA: humanes Leukozytenantigen

Da dieser AIH-Score primär für Forschungszwecke konzipiert wurde, ist er in der klinischen Anwendung meist relativ aufwendig. Vor diesem Hintergrund wurde kürzlich ein neuer, vereinfachter Score evaluiert [17] (Tab. 3). In einer retrospektiven Kohortenstudie mit 350 Autoimmunhepatitis-Patienten aus elf verschiedenen Zentren wurde ein Scoresystem vorgeschlagen, welches nur vier Parameter beinhaltet, die in das Punktesystem eingehen: (1) Der Nachweis spezifischer Autoantikörper; (2) die Erhöhung der Immunglobuline im Serum; (3) ein passender histologischer Befund sowie (4) das Fehlen einer viralen Hepatitis. Unter Verwendung zweier „Cut-off“-Punkte (6 und 7 Punkte) konnte eine Autoimmunhepatitis mit einer Sensitivität von 95% (vs. 100% beim AIH-Score von Alvarez ) und einer Spezifität von 90% (vs. 73% beim AIH-Score von Alvarez) nachgewiesen werden (Abb. 3).

Tab. 3: Vereinfachter AIH-Diagnosescore [adaptiert nach 17]

Parameter

Punktewert

Autoantikörper (max. 2 Punkte erreichbar)
ANA oder ASMA ≥1:40
ANA oder ASMA ≥1:80
oder LKM ≥1:40
oder SLA positiv


1
2
2
2

Immunglobuline, IgG
>oberer Normbereich
>1,1-fach oberer Normbereich
Normbereich


1
2
0

Histologie der Leberbiopsie
Mit AIH kompatibel (chron. Hepatitis, lymphozytäre Entzündung, ohne typische Zeichen)
Typisch für AIH (Grenzzonenhepatitits, periportal, lymphoplasmozytäre Entzündung)


1

2

Fehlen einer viralen Hepatitis

2

Gesamtpunktzahl

Wahrscheinliche AIH

≥6 Punkte

Gesicherte AIH

≥7 Punkte

AIH: Autoimmunhepatitis; ANA: antinukleäre Antikörper; ASMA: Antikörper gegen Aktin glatter Muskelzellen; LKM: Leber-Nieren-Mikrosomen; SLA: lösliches Leberprotein

Abb. 3. Diagnostische Aussagekraft von Scoringsystemen der Autoimmunhepatitis. Der für die klinische Anwendung vereinfachte, neue Score nach Czaja [17], welcher nur noch vier Parameter beinhaltet (Erhöhung spezifischer Autoantikörper, Erhöhung der Gammaglobuline, spezifische Histologie, Fehlen einer viralen Hepatitis), zeigt im Vergleich zum alten, durch Alvarez et al. etablierten Diagnosescore von 1999 [16] eine höhere Spezifität mit 90% versus 73% bei einer etwas reduzierten Sensitivität von 95% versus100%.

Therapieoptionen der Autoimmunhepatitis

Die beiden wichtigen therapeutischen Ziele in der Behandlung einer Autoimmunhepatitis sind das Erreichen einer Remission sowie die Verhinderung eines Rezidivs [14]. Dies kann bei den meisten Patienten durch eine immunsuppressive Therapie erreicht werden (Abb. 4).

Abb. 4. Remission unter immunsuppressiver Therapie [mod. nach 21]. Unter einer immunsuppressiven Therapie kommt es bei etwa 91% der AIH-Patienten zu einer kompletten Remission der Erkrankung. Rund 7% erreichen nur eine unvollständige Remission und etwa 2% der Patienten sprechen auf eine immunsuppressive Therapie nicht adäquat an.

Die „American Association for the Study of Liver Diseases“ (AASLD) hat Empfehlungen zur Einleitung einer immunsuppressiven Therapie bei Patienten mit einer Autoimmunhepatitis herausgegeben [18]. Demnach sollten behandelt werden:

  • Patienten mit einer Erhöhung der Transaminasenaktivität über das 10-fache des oberen Normbereichs
  • Patienten mit einer Erhöhung der Transaminasenaktivität über das 5-fache des oberen Normbereichs in Kombination mit einer Erhöhung der Immunglobuline um mindestens das 2-fache des oberen Normbereichs
  • Patienten mit histologischem Nachweis einer periportalen Hepatitis, Brücken- und Mottenfraßnekrosen
  • alle Kinder zum Zeitpunkt der Diagnosestellung, unabhängig von der Höhe der Transaminasen.

Bei Patienten, die diese Kriterien nicht erfüllen, sollte in Abhängigkeit von der Klinik und im Rahmen einer individuellen Entscheidungsfindung die Indikation zur Einleitung der immunsuppressiven Therapie evaluiert werden. Eine bereits bestehende Leberzirrhose stellt hierbei keine Kontraindikation gegen eine Therapie dar.

Therapeutische Strategien

Die Initialtherapie zur Induktion einer Remission kann entweder durch eine Prednisolon-Monotherapie (z.B. Decortin H) oder eine Kombinationstherapie mit Prednisolon und Azathioprin (Azathioprin: z.B. Imurek®) eingeleitet werden [19]. Im klinischen Alltag wird die Kombinationstherapie mit Prednisolon und Azathioprin bevorzugt, weil dadurch Glucocorticoide und damit glucocorticoidspezifische Nebenwirkungen reduziert werden können, und somit auch eine bessere Compliance der Patienten erreicht werden kann. Bei jungen Patientinnen mit Kinderwunsch sollte eher eine Prednisolon-Monotherapie erwogen werden, wobei bei gut auf Azathioprin eingestellten Patientinnen mit einer AIH keine erhöhte Rate an Schwangerschaftskomplikationen oder kindlichen Missbildungen beschrieben wurden [8]. Bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für glucocorticoidspezifische Nebenwirkungen (Osteoporose, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie) sollte die Kombinationstherapie in jedem Fall vorgezogen werden [18].

Bei der Monotherapie wird mit 40 bis 60 mg Prednisolon peroral täglich für zwei Wochen begonnen, gefolgt von einer Dosisreduktion um 10 mg pro Woche, bis zum Erreichen der Erhaltungsdosis von 5 bis 10 mg peroral täglich, sofern eine biochemische Remission erreicht wurde. Nach Erreichen der Remission kann als Erhaltungstherapie auch überlappend eine Azathioprin-Monotherapie mit 1 bis 2 mg/kg Körpergewicht/Tag eingeleitet werden [19].

Alternativ kann auch durch eine Kombinationstherapie mit Prednisolon und Azathioprin die Induktion der Remission angestrebt werden. Diese beginnt mit 40 bis 60 mg Prednisolon peroral täglich über zwei Wochen und schrittweiser, wöchentlicher Dosisreduktion bis zum Erreichen der Erhaltungsdosis von 2,5 bis 10 mg täglich. Azathioprin sollte 2(–4) Wochen nach Therapieeinleitung mit einer Dosis von 1 bis 2 mg/kg/Tag begonnen werden. Die Erhaltungstherapie dieser Kombinationstherapie erfolgt mit Azathioprin 1 mg/kg/Tag und 2,5 bis 10 mg Prednisolon peroral täglich. Eine Remission kann nach einjähriger Kombinationstherapie auch mit Azathioprin allein erhalten werden. So konnten über 80% der Patienten in einer Studie mit 2 mg/kg/Tag Azathioprin dauerhaft in Remission gehalten werden [20].

Ziel der Behandlung ist eine vollständige biochemische sowie histologische Remission der chronischen Hepatitis, die bei etwa 85 bis 90% der behandelten Patienten erreicht wird [21, 22]. Die Rezidivrate beträgt etwa sechs Monate nach Ausschleichen der Therapie allerdings 50% und nach drei Jahren bereits etwa 70%, weswegen häufig eine lebenslange Behandlung notwendig wird [22]. Wünschenswert wäre vor einer möglichen Beendigung der Therapie eine Leberpunktion, da eine vollständige histologische Remission mit einem geringeren Rezidivrisiko einhergeht.

Budesonid als alternative „First-Line“-Therapieoption zu Prednisolon

Zur potenziellen Reduktion glucocorticoidspezifischer Nebenwirkungen bei häufig langjähriger immunsuppressiver Therapie wurde das Glucocorticoid Budesonid (z.B. Budenofalk®) als mögliche Alternative zu Prednisolon untersucht. Budesonid besitzt im Vergleich zu Prednisolon einen deutlich höheren hepatischen „First-Pass-Effekt“, so dass es nach oraler Aufnahme zu etwa 90% bereits in der Leber metabolisiert wird und somit nur sehr wenig aktive Substanz in die systemische Zirkulation gelangt [23]. Unklar war jedoch, ob dadurch die Wirkung dieses Glucocorticoids in der Leber noch ausreichend sein würde. In einer kleinen Pilotstudie mit 12 Patienten mit der Erstdiagnose einer Autoimmunhepatitis konnte durch 3-mal 3 mg Budesonid täglich nach 12 Wochen bei über 80% der Patienten eine komplette oder zumindest teilweise Remission erreicht werden [24]. Aufgrund dieser ermutigenden Ergebnisse wurde dann eine europaweite, doppelblinde, randomisierte, kontrollierte Studie mit 203 AIH-Patienten im Alter von 10 bis 70 Jahren durchgeführt, um den Effekt und die Nebenwirkungen von Budesonid im Vergleich zu Prednisolon genauer zu untersuchen [25, 26]. Eingeschlossen wurden nur Patienten mit einer neu diagnostizierten Autoimmunhepatitis ohne Zeichen einer Leberzirrhose. Verglichen wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Budesonid (3-mal 3 mg/Tag) in Kombination mit Azathioprin (1–2 mg/kg/Tag) mit Prednisolon (40 mg/Tag), ebenfalls in Kombination mit Azathioprin. Die erste, doppelblinde, randomisierte Phase der Studie dauerte sechs Monate, gefolgt von einer optionalen offenen Phase, in der alle Patienten mit Budesonid behandelt werden konnten. In der Budesonid-Gruppe erhielten die Patienten 9 mg/Tag Budesonid bis zum Erreichen der biochemischen Remission, dann wurde auf 6 mg/Tag reduziert. In der Prednisolon-Gruppe wurde in den ersten vier Wochen mit 40 mg/Tag Prednisolon therapiert und anschließend eine langsame Dosisreduktion bis auf 10 mg/Tag vorgenommen. Bei früherem Erreichen der biochemischen Remission konnte bereits in der dritten Woche mit der Dosisreduktion begonnen werden.

Primärer Endpunkt war die biochemische Remission ohne eine der vordefinierten glucocorticoidspezifischen Nebenwirkungen (Mondgesicht, Akne, Stiernacken, Hirsutismus, Striae, Diabetes mellitus, Glaukom). Diesen Endpunkt erreichten 47% der Patienten in der Budesonid-Gruppe im Vergleich zu 18% in der Prednisolon-Gruppe, ein hochsignifikanter Unterschied [25]. Insgesamt zeigten in den ersten sechs Monaten 52% der mit Prednisolon, aber nur 28% der mit Budesonid behandelten Patienten glucocorticoidspezifische Nebenwirkungen. Eine vollständige Normalisierung der Transaminasen konnte im selben Zeitraum bei 60% in der Budesonid-Gruppe und 39% der Prednisolon-Gruppe erreicht werden, ebenfalls ein signifikanter Unterschied. Nach 12 Monaten befanden sich 96% der mit Budesonid und Azathioprin behandelten Patienten in einer Remission [26]. Somit scheint Budesonid eine alternative „First-Line“-Therapie der Autoimmunhepatitis mit weniger glucocorticoidspezifischen Nebenwirkungen bei besserer Wirksamkeit im Vergleich zu Prednisolon zu sein. Nach vollständiger Publikation der Studie ist daher mit einem Wechsel in den Therapieempfehlungen zu rechnen.

Therapierefraktäre Autoimmunhepatitis

Etwa 10 bis 15% der Patienten mit Autoimmunhepatitis sprechen auf die Standardbehandlung nicht oder nur unzureichend an. In solchen therapierefraktären Fällen können alternativ Immunsuppressiva aus der Transplantationsmedizin eingesetzt werden, die allerdings mit einem höheren Nebenwirkungsspektrum assoziiert sind. Hierzu zählen insbesondere Ciclosporin (z.B. Sandimmun®), Tacrolimus (z.B. Prograf®) und Mycophenolatmofetil (CellCept®) [27–30].

Bei Kindern mit einer therapierefraktären AIH stellt die Behandlung mit Ciclosporin eine mögliche therapeutische Option dar, wobei ein Zielspiegel von 200 bis 250 ng/ml erreicht werden sollte. In einer diesbezüglichen Studie wurden 32 Kinder mit beiden Subtypen einer Autoimmunhepatitis über 48 Monate behandelt, wobei eine signifikante histologische Remission unter Ciclosporin nachgewiesen werden konnte [31].

Basierend auf einer unzureichenden Datenlage und Studien mit nur geringen Fallzahlen sollte der Einsatz dieser Immunsuppressiva nur bei therapierefraktärer Autoimmunhepatitis in Erwägung gezogen werden, wobei insbesondere aufgrund der Nebenwirkungen stets eine individuelle Indikationsstellung erfolgen sollte.

Lebertransplantation

Die Hauptindikationen für eine Lebertransplantation stellen eine progrediente Leberinsuffizienz sowie die therapierefraktäre Autoimmunhepatitis dar. Aufgrund der guten Prognose der AIH bei rechtzeitiger Therapie macht sie nur einen Anteil von weniger als 5% aller Lebertransplantationen aus und ist durch eine 5-Jahres-Überlebensrate von über 90% gekennzeichnet [32–34]. Ein Rezidiv der Autoimmunhepatitis wird in etwa 10 bis 30% der Fälle beobachtet, wobei bei diesen Patienten eine erneute oder eine Dosiserhöhung der bestehenden Glucocorticoid-Therapie die Progression zu verzögern scheinen [35].

Autoimmune hepatitis

Autoimmune hepatitis (AIH) is an important differential diagnosis of chronic hepatitis and often associated with other autoimmune disorders. AIH predominantly affects women at any age. Typical laboratory findings include elevated transaminases and γ-globulins, mostly autoantibodies and interface hepatitis on histology. Immunosuppressive therapy is the treatment of choice and can achieve remissions in nearly 90% of patients without cirrhosis at diagnosis, which translates in an almost normal life expectancy. Budesonide is a new therapeutic option for autoimmune hepatitis in comparison to the standard therapy with prednisolone with less steroid-associated adverse effects and a better efficacy. Patients not responding to the standard medication can alternatively be treated on an individual basis with other immunosuppressants, e.g. ciclosporine, tacrolimus or mycophenolate mofetil.

Keywords: Autoantibodies, azathioprine, budesonide, prednisolone, survival

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Priv.-Doz. Dr. med. Christian Rust, Jawid Omary, Medizinische Klinik II – Großhadern, Klinikum der Universität München, Marchioninistr. 15, 81377 München, E-Mail: christian.rust@med.uni-muenchen.de


Autoimmune hepatitis

Autoimmune hepatitis (AIH) is an important differential diagnosis of chronic hepatitis and often associated with other autoimmune disorders. AIH predominantly affects women at any age. Typical laboratory findings include elevated transaminases and γ-globulins, mostly autoantibodies and interface hepatitis on histology. Immunosuppressive therapy is the treatment of choice and can achieve remissions in nearly 90% of patients without cirrhosis at diagnosis, which translates in an almost normal life expectancy. Budesonide is a new therapeutic option for autoimmune hepatitis in comparison to the standard therapy with prednisolone with less steroid-associated adverse effects and a better efficacy. Patients not responding to the standard medication can alternatively be treated on an individual basis with other immunosuppressants, e.g. ciclosporine, tacrolimus or mycophenolate mofetil.

Keywords: Autoantibodies, azathioprine, budesonide, prednisolone, survival

Arzneimitteltherapie 2009; 27(05)