Dr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg
Kardiovaskuläre Erkrankungen sind die häufigsten Ursachen für Morbidität und Mortalität von Diabetikern. Patienten mit einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) haben unabhängig vom Ausmaß ihrer Symptomatik ein erhöhtes Risiko für Myokardinfarkt und Schlaganfall.
Die hohe Evidenz für Plättchenfunktionshemmer (z. B. Acetylsalicylsäure, ASS) in der Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse legte die Vermutung nahe, dass dieses Wirkprinzip bei Patienten mit Diabetes mellitus und asymptomatischer pAVK auch primärpräventiv wirksam sein könnte. Entsprechend wird in zahlreichen Leitlinien der primärtherapeutische Einsatz von Plättchenfunktionshemmern wie ASS bei Diabetikern und Patienten mit asymptomatischer pAVK empfohlen, obwohl es inzwischen Studien gibt, die bei Patienten mit Diabetes mellitus keinen primärpräventiven Effekt der Plättchenaggregationshemmung nachweisen konnten.
Da außerdem gezeigt werden konnte, dass erhöhter oxidativer Stress bei Diabetikern und Patienten mit pAVK eine vermehrte Plättchenaggregation zur Folge hat, sollte in der POPADAD(prevention of progression of arterial disease and diabetes)-Studie der Effekt von ASS und/oder Antioxidanzien auf die Entstehung kardiovaskulärer Ereignisse und die damit verbundene Mortalität bei Patienten mit Diabetes mellitus und asymptomatischer pAVK untersucht werden.
Methodik
In die multizentrische, randomisierte, doppelblinde, 2x2-faktorielle, Plazebo-kontrollierte Studie waren 1276 Patienten im Alter von ≥40 Jahren mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes und asymptomatischer peripherer arterieller Verschlusskrankheit (Knöchel-Arm-Index ≤0,99) eingeschlossen. Sie erhielten täglich entweder 100 mg ASS plus Antioxidanzien (n=320), 100 mg ASS plus Plazebo (n=318), Plazebo plus Antioxidanzien (n=320) oder ausschließlich Plazebo (n=318). Follow-up-Untersuchungen fanden alle sechs Monate statt; die mittlere Beobachtungsdauer betrug 6,7 Jahre.
Es wurden zwei kombinierte primäre Endpunkte gewählt:
- Tod aufgrund koronarer Herzkrankheit oder Schlaganfall, nichttödlicher Myokardinfarkt oder Schlaganfall oder Amputation oberhalb des Fußknöchels bei peripherer Ischämie
- Tod aufgrund koronarer Herzerkrankung oder Schlaganfall
Ergebnisse
Zwischen ASS und Antioxidanzien konnten keine statistisch signifikanten Interaktionen nachgewiesen werden.
Bei 116 der 638 Patienten, die ASS erhielten (ASS + Antioxidanzien/Plazebo), wurde ein primärer Endpunkt registriert, bei den Patienten ohne ASS-Medikation (Plazebo + Antioxidanzien/Plazebo; n=638) traten 117 Ereignisse auf (18,2% vs. 18,3%; Hazard-Ratio [HR] 0,98; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,76–1,26). Unter ASS verstarben 43 Patienten infolge koronarer Herzkrankheit oder Schlaganfall, bei den Patienten ohne ASS waren es 35 Todesfälle (6,7% vs. 5,5%; HR 1,23; 95%-KI 0,79–1,93).
Bei 117 der 640 Patienten, die Antioxidanzien erhielten (Antioxidanzien + ASS/Plazebo), wurde ein primärer Endpunkt registriert, bei den Patienten, die keine Antioxidanzien einnahmen (Plazebo + ASS/Plazebo; n=636), traten 116 Ereignisse auf (18,3% vs. 18,2%; HR 1,03; 95%-KI 0,79–1,33). Unter Antioxidanzien-Einnahme gab es 42 Todesfälle infolge koronarer Herzkrankheit oder Schlaganfall, bei den Patienten, die keine Antioxidanzien einnahmen, waren es 36 Todesfälle (6,6% vs. 5,7%; HR 1,21; 95%-KI 0,78–1,89).
Fazit
Die Ergebnisse zeigen, dass ASS oder Antioxidanzien bei Patienten mit Diabetes mellitus und asymptomatischer pAVK in der Primärprävention weder das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse noch die dadurch bedingte Mortalität reduzieren können. Da die Einnahme von ASS zudem mit Nebenwirkungen wie einem erhöhten gastrointestinalen Blutungsrisiko verbunden ist, sind die Ergebnisse dieser Studie von großer Bedeutung.
In der Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse bei Diabetikern ist der Einsatz von ASS dagegen nach wie vor indiziert.
Quelle
Belch J, et al. The prevention of progression of arterial disease and diabetes (POPADAD) trial: factorial randomised placebo controlled trial of aspirin and antioxidants in patients with diabetes and asymptomatic peripheral arterial disease. BMJ 2008;337:1030–4.
Arzneimitteltherapie 2009; 27(07)