Gabriele Blaeser-Kiel, Hamburg
Hintergrund
An den Fortschritten in der Transplantationsmedizin haben die Calcineurin-Inhibitoren Ciclosporin (z.B. Sandimmun®) und Tacrolimus (z.B. Prograf®) einen nicht unerheblichen Anteil. Diesen akut so zuverlässig vor Abstoßungsreaktionen schützenden Substanzen haftet jedoch der Nachteil an, dass bei dauerhaftem Gebrauch Nebenwirkungen auftreten können, die sich ungünstig auf die Prognose der Patienten auswirken oder – im Fall der Nierentransplantation (NTX) – sogar die Funktionsfähigkeit des transplantierten Organs direkt (Nephrotoxizität) oder indirekt (Hypertonie und Diabetes mellitus) einschränken.
Als Alternative bietet sich Sirolimus (Rapamune®) an, das über einen abweichenden Wirkungsmechanismus – Inhibition des mammalian Target of Rapamycin (mTOR) – in das Immunsystem eingreift und damit über ein anderes Nutzen-Risiko-Profil verfügt. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand muss weder mit Nephrotoxizität noch mit Blutdruckanstieg gerechnet werden. Darüber hinaus gibt es übereinstimmende Hinweise aus klinischen Studien und Transplantationsregistern auf ein deutlich geringeres Risiko für die Entwicklung maligner Neoplasien.
Diffizil ist die Frage nach dem optimalen Zeitpunkt für den Beginn der Sirolimus-Therapie. Der Einsatz unmittelbar nach Nierentransplantation geht mit einer im Vergleich zu einer Therapie mit Calcineurin-Inhibitoren erhöhten Rate von Wundheilungsstörungen und Lymphozelen sowie einem schlechteren Gesamtergebnis einher [1, 4]. Versuche, diese Problematik durch niedrigere Serumspiegel zu umgehen, resultierten in inakzeptabel hohen Abstoßungsraten, einer schlechteren Nierenfunktion und einer hohen Rate an Therapieabbrüchen [1, 3]. In einem 2005 erarbeiteten Konsensuspapier wird für die Umstellung der Basisimmunsuppression eine Latenz von drei bis sechs Monaten empfohlen [2]. Weil sich dadurch aber möglicherweise die langfristige Prognose der Patienten verschlechtern kann, haben Transplantationsmediziner die SMART(Sirolimus and Mycophenolatmofetil [MMF] after renal transplantation)-Studie initiiert, um prospektiv Nutzen und Sicherheit einer Frühkonversion (2–3 Wochen nach Transplantation) auf eine Sirolimus/MMF-basierte immunsuppressive Therapie im Vergleich zu einem Calcineurin-Inhibitor-basierten Regime zu untersuchen.
Studiendesign
Eingeschlossen waren 141 Patienten aus sechs deutschen Transplantationszentren. Sie erhielten zunächst eine Induktionstherapie mit ATG-F (Antithymozyten-Globulin-Fresenius), Ciclosporin, MMF und Glucocorticoiden. Zehn bis einundzwanzig Tage nach Nierentransplantation (nach Abschluss der Wundheilung) erfolgte die Randomisierung. Die Studiengruppe wurde daraufhin auf Sirolimus (8–12 ng/ml), MMF (1,5 g/d) und Glucocorticoide umgestellt, die Kontrollgruppe erhielt weiterhin eine Ciclosporin-basierte immunsuppressive Therapie (Ciclosporin 150–200 ng/ml, MMF 2 g/dl und Glucocorticoide). Nach 3 Monaten wurde die Sirolimus-Dosis auf 6–10 ng/ml und die Ciclosporin-Dosis auf 100–150 ng/ml herabgesetzt.
Primärer Studienendpunkt war die glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) nach einem Jahr. Sekundäre Endpunkte waren das Patienten- und Transplantatüberleben und die Rate an Therapieversagern, akuten Abstoßungen und unerwünschten Arzneimittelwirkungen [1].
Ergebnisse
Bereits nach sieben Tagen zeichnete sich bezüglich der glomerulären Filtrationsrate ein signifikanter Vorteil für den Sirolimus-Arm ab. Nach zwölf Monaten lag der Unterschied zur Ciclosporin-basierten Immunsuppression bei durchschnittlich 12 ml/min (p<0,01).
Insgesamt gab es während der 1-jährigen Beobachtungszeit 3 Todesfälle: In der Ciclosporin-Gruppe verstarb ein Patient an einer Pneumonie, in der Sirolimus-Gruppe starb ein Patient an einer Lungenembolie, der dritte Todesfall (Sepsis) ereignete sich noch vor der Randomisierung. In der Ciclosporin-Gruppe gab es einen Transplantatverlust aufgrund eines Nierenzellkarzinoms (NCC).
Die Rate an mittels Biopsie gesicherten Banff-4-Abstoßungen (=akute/aktive zelluläre Rejektionen) unterschied sich in den beiden Untersuchungsgruppen ebenfalls nicht signifikant.
Nachdem die Konversion erst nach Abschluss der Wundheilung erfolgte, gab es zwischen den beiden Untersuchungsgruppen keinen Unterschied in der Rate an Wundheilungsstörungen (Abb. 1).

Abb. 1. Inzidenz der Nebenwirkungen in der SMART-Studie nach zwölfmonatiger Laufzeit [nach Jauch] CMV=Zytomegalievirus; MMF=Mycophenolatmofetil
Die niedrigere Inzidenz von Zytomegalievirus(CMV)-Infektionen unter der Sirolimus-basierten Therapie bestätigte den bereits in anderen Studien beobachteten antiviralen Effekt des mTor-Inhibitors (Abb. 1).
Die vergleichsweise hohe Zahl an Studienabbrüchen im Konversionsarm wird auf die in einigen Zentren noch geringe Erfahrung mit Sirolimus zurückgeführt. Sie kann möglicherweise durch eine optimierte Initialtherapie und einen etwas späteren Umstellungszeitpunkt noch reduziert werden [1].
Quellen
1. Prof. Dr. med. Christian Hugo, Erlangen, Prof. Dr. med. Karl-Walter Jauch, München, Priv.-Doz. Dr. med. Johann Pratschke, Berlin, Pressekonferenz „Die SMART-Studie – Möglichkeit einer frühen Therapie-Optimierung in der Nierentransplantation“, veranstaltet von Wyeth Pharma anlässlich der 17. Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft, Bochum, 20. November 2008.
2. Arns W, et al. Consensus statement: switching kidney transplantat patients to sirolimus and optimising sirolimus therapy – update. Nieren- und Hochdruckkrankheiten 2005;34:551–5.
3. Ekberg H, Tedesco-Silva H, Demirbas A, et al. Reduced exposure to calcineurin inhibitors in renal transplantation. N Engl J Med 2007;357:2562–75.
4. Srinivas TR, Schold JD, Guerra G, et al. Mycophenolate mofetil/sirolimus compared to other common immunosuppressive regimens in kidney transplantation. Am J Transplant 2007;7:586–94.
Arzneimitteltherapie 2009; 27(09)