Andrea Warpakowski, Itzstedt
Studiendesign
Die randomisierte, doppelblinde Intergroup Exemestan Study (IES) 031 ist die Sequenztherapie-Studie mit der bisher längsten Nachbeobachtungszeit. Insgesamt 4724 postmenopausale Frauen mit frühem, Hormonrezeptor-positivem oder -unbekanntem Mammakarzinom, die nach zwei bis drei Jahren Tamoxifen-Behandlung ohne Rezidiv waren, erhielten für den Rest der fünf Jahre dauernden adjuvanten endokrinen Therapie entweder täglich 25 mg Exemestan (Aromasin®; n=2372) oder nahmen weiterhin täglich 20 mg Tamoxifen (z.B. Nolvadex®; n=2352) ein.
Ergebnisse
Bereits nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 56 Monaten konnte ein verlängertes krankheitsfreies und Gesamtüberleben festgestellt werden, wenn die endokrine Therapie von Tamoxifen auf Exemestan umgestellt wurde.
Nach 91 Monaten war das krankheitsfreie Überleben, definiert als Lokal- oder Fernrezidiv, kontralaterales Mammakarzinom oder Tod jeglicher Ursache, in der Exemestan-Gruppe im Vergleich zur Tamoxifen-Gruppe signifikant verbessert (Hazard-Ratio [HR] 0,82; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,73–0,92; p=0,009). Das Gesamtüberleben war in der Switch-Gruppe ebenfalls signifikant verbessert (HR 0,86; 95%-KI 0,75–0,99; p=0,04). Für Exemestan zeigte sich ein deutlicher Carry-over-Effekt, das heißt, die positive Wirkung der Umstellung hielt auch nach Therapieende an: Betrug der absolute Unterschied im Gesamtüberleben nach fünf Jahren Nachbeobachtung 1,4%, waren es nach acht Jahren 2,4% (Abb. 1).

Abb. 1. Medianes Gesamtüberleben postmenopausaler Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem/ -unbekanntem Mammakarzinom (IES-031-Studie). *Zum Zeitpunkt der Präsentation noch nicht bestätigt
Im Verlauf der langen Beobachtungszeit wurden keine bisher nicht bekannten Nebenwirkungen festgestellt. Unter Tamoxifen traten mehr Thromboembolien (3,1% vs. 2,1%; p=0,02) und Endometriumveränderungen (3,9% vs. 1,5%; p<0,001) auf. Unter Exemestan entwickelten sich typischerweise in den ersten Wochen Muskel- und Gelenkschmerzen, die in den meisten Fällen mit Analgetika wie nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) gelindert werden konnten. Über die Ursache dieser Arthralgien kann bisher nur spekuliert werden – mögliche Erklärungen sind eine erhöhte Nozizeption aufgrund des Estrogenabbaus, ein Effekt inflammatorischer Zytokine oder ein direkter Effekt auf opioidsensible Nervenfasern des zentralen Nervensystems.
Unter Exemestan war die Frakturrate signifikant höher als in der Tamoxifen-Gruppe (10,7% vs. 8,1%; p=0,002). Der Knochendichteverlust der ersten sechs Monate unter Exemestan stabilisierte sich im weiteren Verlauf gegenüber Tamoxifen. Nach der Behandlung nahm die Knochendichte in der Exemestan-Gruppe zu, in der Tamoxifen-Gruppe dagegen weiterhin ab. Zwei Jahre nach Abschluss der Therapie konnte zwischen den beiden Gruppen kein signifikanter Unterschied mehr in der Knochendichte der Lendenwirbelsäule festgestellt werden; in der Gesamtfemurregion („total hip“) war die Knochendichte in der Exemestan-Gruppe zu diesem Zeitpunkt etwas höher als in der Tamoxifen-Gruppe (p=0,044; Abb. 2).

Abb. 2. Veränderung der Knochendichte der Lendenwirbelsäule und der Gesamtfemurregion („total hip“) bis zwei Jahre nach Beendigung der Therapie
Fazit
Aufgrund der im Vergleich zur kontinuierlichen Tamoxifen-Therapie besseren Ergebnisse für das krank- heitsfreie sowie das Gesamtüberleben ist eine sequenzielle Therapie über 5 Jahre mit Tamoxifen gefolgt von Exemestan zu empfehlen. Die Sequenztherapie wird entsprechend in den aktuellen Leitlinien der AGO (Arbeitssgemeinschaft gynäkologische Onkologie) berücksichtigt.
Quellen
Prof. Charles Coombes, London/UK; Prof. Robert Coleman, Sheffield/UK; Prof. Christos Markopoulos, Athen/Griechenland; Pressekonferenz „Switch strategy placed in current context of new 6 years follow-up data and clinical implications“, veranstaltet von Pfizer Pharma GmbH im Rahmen des ECCO/ESMO 2009, Berlin, 22. September 2009.
Coombes C, et al. Survival and safety of exemestane versus tamoxifen after 2–3 years’ tamoxifen treatment (Intergroup Exemestane Study): a randomised controlled trial. Lancet 2007;369:559–70.
Arzneimitteltherapie 2010; 28(03)