Lungenkarzinom

Am Gefäß angreifende Therapieansätze


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Als einziger Angiogenesehemmer ist derzeit Bevacizumab für die Therapie von Patienten mit nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) zugelassen. Mit den Vascular disrupting Agents (VDA) befindet sich eine neue Substanzgruppe in der Entwicklung, die bereits bestehende Gefäße zerstört.

Bevacizumab ist derzeit der einzige Angiogenesehemmer, der in der Erstlinientherapie in Kombination mit platinbasierter Chemotherapie bei Patienten mit metastasiertem oder fortgeschrittenem NSCLC eingesetzt werden kann. In einer ganzen Reihe von Studien wurde die zusätzliche Gabe verschiedener anderer Multikinasehemmer in der Erst-, Zweit-, und Drittlinientherapie bei Patienten mit NSCLC geprüft, so von Vandetanib, Sorafenib, Motesanib und Cedarinib. Hiermit ergaben sich aber keine entscheidenden Verbesserungen. In der Monotherapie verbesserten die neuen Angiogenesehemmer im Vergleich zu Best Supportive Care das progressionsfreie und das Gesamtüberleben. Möglicherweise gelingt es mit Hilfe von Biomarkern, Subgruppen zu identifizieren, die auf die eine oder andere Substanz gut ansprechen.

Ein anderes Konzept ist die Kombination von Bevacizumab mit dem Tyrosinkinasehemmer Erlotinib, der die Tumorzell-Synthese von angiogenen Faktoren hemmt (Abb. 1). In mehreren Phase-II/III-Studien konnten ein verbessertes progressionsfreies und zum Teil ein verbessertes Gesamtüberleben in der Zweitlinientherapie gesehen werden. Derzeit wird in der Studie Innovations bei 220 Patienten mit NSCLC im Stadium IIIB/IV die Wirksamkeit von Erlotinib plus Bevacizumab im Vergleich zu Cisplatin/Gemcitabin plus Bevacizumab untersucht.

Abb. 1. Das Konzept von Anti-EGFR und Anti- Angiogenese [nach Reinmuth]

VDA – Zerstörung von Gefäßen

Ein neuer Therapieansatz im Bereich der gefäßwirksamen Substanzen sind die Vascular disrupting Agents (VDA), die primär bereits existierende Blutgefäße zerstören (Tab. 1). Hier befindet sich eine ganze Reihe von Substanzen in der Entwicklung, beispielsweise ASA404 (Abb. 2), mit dem in einer Phase-II-Studie 73 Patienten in der Erstlinientherapie zusätzlich zu Carboplatin/Paclitaxel behandelt wurden. In der ASA404-Gruppe wurde das progressionsfreie Überleben um einen Monat von im Median 4,4 auf 5,4 Monate verlängert, das Gesamtüberleben stieg von 8,8 auf 14,0 Monate.

Tab. 1. Unterschiede zwischen Vascular disrupting Agents (VDA) und Anti-Angiogenese [nach Reinmuth]

VDA

Anti-Angiogenese

Primär: Zerstörung bereits existierender Blutgefäße

Primär: Verhinderung der Bildung neuer Blutgefäße

Induktion von Endothelzell-Apoptose und Gefäß-„Shut-down“

Inhibition von endothelialer Proliferation und Migration

Erhöhung der Permeabilität

Größter Effekt im Tumorzentrum

Größter Effekt in der Tumorperipherie

Abb. 2. Vadimezan (ASA404; Novartis), ein Vascular disrupting Agent

Ende März 2010 wurde allerdings die Phase-III-Studie ATTRACT-1 gestoppt, weil die Substanz keine Wirksamkeit zeigte.

Quelle

Reinmuth N. Anti-Angiogenese. 29. Deutscher Krebskongress, Berlin, 26. Februar 2010.

Arzneimitteltherapie 2010; 28(05)