Dr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg
Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und einer verschlechterten linksventrikulären Ejektionsfraktion sind trotz guter Behandlung in ihren täglichen Aktivitäten meist stark eingeschränkt. Vor allem Müdigkeit und Dyspnoe verschlechtern die Lebensqualität. Die mangelnde körperliche Leistungsfähigkeit ist unter anderem auch auf eine mangelnde Versorgung der Muskulatur mit Sauerstoff zurückzuführen. Eine zusätzliche Anämie kann die Belastungsintoleranz noch verstärken.
Vor allem Patienten mit einer schweren Herzinsuffizienz entwickeln in bis zu mehr als 40% der Fälle eine Anämie. Zur Entwicklung der Anämie können mehrere Faktoren wie Aktivierung neurohumoraler und entzündlicher Effekte infolge der mangelnden Herzleistung, Niereninsuffizienz und Medikamentenwirkungen beitragen. Auch ein Eisenmangel ist häufig Ursache für eine Anämie bei herzinsuffizienten Patienten, zum Beispiel infolge von Fehlernährung, schlechter gastrointestinaler Eisenresorption und der Langzeiteinnahme von Acetylsalicylsäure mit dem Risiko latenter gastrointestinaler Blutungen. Die Prävalenz eines Eisenmangels beträgt in dieser Patientengruppe 5 bis über 20%.
In kleineren Studien wurde gezeigt, dass sich der klinische Zustand von Herzinsuffizienz-Patienten durch eine intravenöse Eisenzufuhr besserte, teilweise auch unabhängig davon, ob die Patienten eine Anämie hatten oder nicht. In der multizentrischen, randomisierten, doppelblinden FAIR-HF-Studie (Ferinject assessment in patients with iron deficiency and chronic heart failure) sollte untersucht werden, ob durch intravenös applizierte Ferri-Carboxymaltose die klinischen Symptome der Patienten gebessert werden können.
Studiendesign
Einbezogen in die Studie waren 459 Patienten mit einer chronischen Herzinsuffizienz der NYHA(New York Heart Association)-Klassen II oder III mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion von ≤40% (bei Patienten mit NYHA-Klasse II) oder ≤45% (bei Patienten der NYHA-Klasse III), einem Eisenmangel (definiert als Ferritin-Spiegel <100 µg/l oder zwischen 100 und 299 µg/l, wenn die Transferrin-Sättigung weniger als 20% betrug) und einem Hämoglobinspiegel von 95 bis 135 g/l. In einer 2:1-Randomisierung erhielten die Patienten intravenös 200 mg Eisenäquivalent, appliziert als Ferri-Carboxymaltose (n=304), oder Plazebo (n=155). Die Behandlung wurde entsprechend dem berechneten Eisendefizit bis zur Normalisierung der Eisenspeicher einmal wöchentlich durchgeführt, die Erhaltungstherapie wurde dann alle vier Wochen gegeben. Falls Ferritinspiegel und Transferrin-Sättigung definierte Grenzen überschritten oder der Hämoglobinspiegel über 160 g/l stieg, wurde bis zur Normalisierung Plazebo anstelle von Ferri-Carboxymaltose verabreicht.
Primäre Endpunkte waren die globale Zustandsänderung gemäß Patientenurteil (unverändert, etwas besser/schlechter, mäßig besser/schlechter oder viel besser/schlechter) und Veränderungen in der NYHA-Einstufung in Woche 24. Sekundäre Studienendpunkte waren unter anderem die in sechs Minuten zu bewältigende Gehstrecke und die gesundheitsbezogene Lebensqualität.
Ergebnisse
Von den Patienten, die Ferri-Carboxymaltose erhielten, erfuhren 50% – also fast doppelt so viele Patienten wie unter Plazebo – nach eigenem Urteil eine gute oder mäßiggradige Verbesserung ihres Gesamtzustands (Tab. 1; Odds-Ratio [OR] für Verbesserung 2,51; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,75–3,61; p<0,001).
Bei Studienbeginn hatten über 80% der Patienten eine Herzinsuffizienz vom Schweregrad NYHA III. In Woche 24 wurden 47% der Patienten der Ferri-Carboxymaltose-Gruppe in NYHA-Klasse I oder II eingestuft; in der Plazebo-Gruppe waren es lediglich 30% (Tab. 1). Das Odds-Ratio für die Verbesserung um eine NYHA-Klasse betrug 2,40 (95%-KI 1,55–3,71; p<0,001).
Die Verbesserungen des Gesamtzustands und der NYHA-Klasse waren bereits in Woche 4 und Woche 12 vorhanden. Die Ergebnisse waren unabhängig davon, ob eine Anämie vorlag oder nicht. Weitere Subgruppenanalysen zum Beispiel für die Nierenfunktion (glomeruläre Filtrationsrate ≤60 ml/min/1,73 m2), die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (≤/>33%) oder das Geschlecht ergaben ebenfalls keinen Einfluss auf die primären Endpunkte.
Signifikante Verbesserungen ergaben sich für die Patienten der Verum-Gruppe auch bei der 6-Minuten-Gehstrecke und der Lebensqualität. Die Ferritin- und Hämoglobin-Spiegel stiegen unter Verum signifikant (Tab. 1).
In Bezug auf Mortalität und unerwünschte Wirkungen waren beide Behandlungsgruppen weitgehend vergleichbar (Tab. 2).
Tab. 1. Ergebnisse der FAIR-HF-Studie [Anker et al., 2009]
Parameter |
Ferri-Carboxymaltose |
Plazebo |
Zustandsänderung in Woche 24 gemäß Patientenurteil* –Viel besser –Mäßig besser –Etwas besser |
16% 34% 26% |
10% 17% 28% |
NYHA-Klasse in Woche 24* –I –II –III |
6% 41% 50% |
1% 29% 65% |
6-min-Gehstrecke –Bei Studienbeginn –Woche 24 |
274±6 m 313±7 m*** |
269±9 m 277±10 m |
EQ-5D-VAS-Score –Bei Studienbeginn –Woche 24 |
54±1 63±1*** |
54±1 57±2 |
Serum-Ferritin –Bei Studienbeginn –Woche 24 |
53 µg/l 312 µg/l*** |
60 µg/l 74 µg/l |
Hämoglobin –Bei Studienbeginn –Woche 24 |
119 g/l 130 g/l*** |
119 g/l 125 g/l |
*Primärer Endpunkt; ***p<0,001vs. Plazebo; EQ-5D VAS: European Quality of Life – 5 Dimensions Visual Analog Scale (visuelle Analogskala 0–100)
Tab. 2. Sicherheitsendpunkte und unerwünschte Wirkungen in der FAIR-HF-Studie [Anker et al., 2009]
Parameter |
Inzidenz |
|
Ferri-Carboxymaltose |
Plazebo |
|
Tod – aus kardiovaskulären Gründen – wegen Verschlimmerung der Herzinsuffizienz |
3,4 2,7 0 |
5,5 5,5 4,1 |
Erste Hospitalisierung – aus kardiovaskulären Gründen – wegen Verschlimmerung der Herzinsuffizienz |
17,7 10,4 4,1 |
24,8 20,0 9,7 |
Kardiale Störung |
27,6 |
50,2** |
Gastrointestinale Störung |
16,9 |
6,9 |
Schmerzen oder Verfärbung an der Injektionsstelle |
4,1 |
0 |
Infektion/Infestation |
37,0 |
35,8 |
Störung des Nervensystems |
15,6 |
20,3 |
**p=0,01 vs. Plazebo
In der Ferri-Carboxymaltose-Gruppe beendeten 5,3%, in der Plazebo-Gruppe 9,0% der Patienten die Behandlung vorzeitig. Es traten keine schweren allergischen Reaktionen auf. Bei vier Patienten, die die dunkelbraun gefärbte Ferri-Carboxymaltose-Injektion erhalten hatten, verfärbte sich die Injektionsstelle dunkel.
Diskussion
Die Behandlung von herzinsuffizienten Patienten mit i.v. Ferri-Carboxymaltose über 24 Wochen führte zu einer deutlichen Verbesserung der subjektiven Symptome, der NYHA-Klassifizierung und der krankheitsbezogenen Lebensqualität. Die Wirkung war überraschenderweise unabhängig davon, ob eine Anämie vorlag. Die Studienautoren empfehlen allerdings keine Eisensubstitution bei Hämoglobinwerten über 135 g/l.
Die Ferri-Carboxymaltose-Injektionen wurden gut vertragen; schwere Nebenwirkungen traten nicht häufiger auf als in der Plazebo-Gruppe.
Warum eine Eisensubstitution so deutlich die Symptome der herzkranken Patienten bessert, ist nicht geklärt. Noch unbeantwortet ist außerdem die Frage, ob auch eine orale Eisen-Substitution zu ähnlich guten Verbesserungen beim subjektiven Befinden von Herzinsuffizienz-Patienten führt.
Quellen
Anker SD, et al. Ferric carboxymaltose in patients with heart failure and iron deficiency. N Engl J Med 2009;361:2436–48.
Dec GW. Anemia and iron deficiency – new therapeutic targets in heart failure? N Engl J Med 2009;361:2475–7.
Arzneimitteltherapie 2010; 28(05)